Im Banishers: Ghosts of New Eden Test erleben wir ein Spiel, das seine Mechaniken sauber umsetzt, allerdings nur vereinzelt mit originellen Ideen punkten kann. Die Geschichte ist zum Teil toll inszeniert, doch die Entscheidungen, die wir im Verlauf der Story treffen müssen, lassen uns die meiste Zeit kalt.
Entwickler DON’T NOD ist vor allem für seine interaktiven Story-Spiele bekannt. Titel wie Life is Strange legen dabei den Fokus auf die Geschichte. Oft werden Spieler auch mit moralisch schwierigen Fragen konfrontiert, bei denen es nicht unbedingt eine richtige oder falsche Antwort gibt. Genau das macht für viele den Reiz dieser Spiele aus.
Mit Banishers: Ghosts of New Eden verlässt DON’T NOD nun in gewisser Weise seine Komfortzone. Denn im Gegensatz zu Titeln wie Life is Strange besitzt das Geisterjäger-Spiel eine prominente Kampf-Komponente. Das macht aus Banishers ein waschechtes Action-RPG.
Dass die französischen Entwickler spannende Geschichten erzählen können, haben sie bereits mehrfach bewiesen. Ob ihnen mit Banishers aber auch ein gutes Action-Spiel gelingt? Wir haben für Euch die Xbox-Version des Spiels auf der Series X getestet, um dieser Frage auf den Grund zu gehen.
Zwei Geisterjäger auf Reise
In Banishers: Ghosts of New Eden spielen wir als Red Macgrath und Antea Duarte. Die beiden sind Geisterjäger. Sie helfen Menschen, die von ungebetenen Gespenstern heimgesucht werden, und verbannen die Wesen in die Geisterwelt.
Nun wird das Paar um Hilfe gebeten und macht sich mit dem Schiff von Schottland aus auf den Weg über den Ozean nach New Eden Town an die Ostküste Amerikas. Als die beiden dort ankommen, wird eines schnell klar: New Eden und die Leute dort sind verflucht. Ein mächtiger und böser Geist – ein sogenannter Albtraum – ist dafür verantwortlich.
Beim Kampf mit diesem Geist wird Antea getötet. Red wird schwer verletzt und erwacht nach der Auseinandersetzung irgendwo in einer Höhle. Er tritt die Reise zurück nach New Eden Town an, um den Körper seiner Partnerin zu finden und sie zu begraben.
Doch plötzlich erscheint ihm Antea als Geist. Gemeinsam machen sich die beiden also auf, um den Albtraum zu besiegen.
Geschichten aus New Eden
Die Geschichte in Banishers: Ghosts of New Eden hat seine Höhen und Tiefen, kann aber leider nicht so begeistern wie in anderen Spiele von DON’T NOD. Vor allem die beiden Hauptcharaktere bleiben recht farblos. Besonders Antea wirkt durch ihre stoische und kühle, teils zynische Art sehr distanziert und kalt. Da fällt es schwer, sich mit ihr anzufreunden. Manchmal tut einem Red schon etwas Leid, weil er bei ihr gelandet ist. Er ist der Sympathischere der beiden, zeigt offen seine Schwächen und ist als Person zugänglicher.
Lasche Liebesbeziehung
Leider bleibt auch die angebliche Liebesbeziehung der beiden Geisterjäger während des Spiels sehr blass. Würden wir sie nicht ab und zu beim Schlafen nebeneinander liegen sehen, kämen wir kaum auf die Idee, dass die beiden ein Paar sind. Dazu trägt auch bei, dass sich Antea und Red während wir mit ihnen durch New Eden streifen, immer wieder Geschichten aus ihrem Leben erzählen, bei denen man eigentlich davon ausgehen sollte, dass zwei Liebenden diese Dinge schon voneinander wissen. Dabei geht es um Familie, die Heimat und gemachte Erfahrungen. Man bekommt dadurch manchmal das Gefühl, die beiden wären Fremde und würden sich gerade erst kennenlernen.
Von Rache bis zu Mitleid
Ganz anders bei den Bewohnern von New Eden. Von denen hat jeder sein oder ihr ganz eigenes interessantes Schicksal. Davon erfahren wir, weil wir als Geisterjäger gebeten werden, mit sogenannten Spukermittlungen zu helfen. Denn die meisten der armen Siedler werden von verstorbenen Verwandten heimgesucht.
So stellt sich zum Beispiel heraus, dass eine Frau ihren Mann, der sie misshandelte, umgebracht hat, um mit ihrem Liebhaber ein neues Leben anzufangen. Oder wir erfahren, dass die Anführerin einer Siedlergruppe wissentlich einen Teil ihrer Leute in den Tod geschickt hat, um die andere Hälfte ihrer Gruppe zu retten. Das regt zum Nachdenken über Richtig und Falsch an, denn nichts ist schwarz-weiß, niemand nur gut oder nur böse. Hier kann das Spiel wirklich begeistern. Die Charaktere wirken lebendig und ihre Geschichten glaubwürdig. Wir fühlen uns deshalb den oft völlig Fremden in Banishers näher als unseren beiden Helden.
Geisterjäger sind Detektive
Spukermittlungen sind als Geisterjäger unser täglich Brot in Banishers: Ghosts of New Eden. Mit ihnen verbringen wir die meiste Zeit im Spiel. Es geht immer darum, eine Person, die von einem Toten heimgesucht wird, von dem Geist zu befreien. Dazu müssen wir die dahinterliegenden Geschichten rekonstruieren, indem wir Hinweise sammeln und mit den Beteiligten sprechen.
Im Prinzip ist das Detektivarbeit. Leider verpasst es das Spiel an dieser Stelle, die Aktivität wirklich interessant zu gestalten. Denn alle Hinweise finden sich recht schnell. Versteckt ist hier nichts. Ein simples Anklicken genügt und unsere Notizen zur Spukermittlung werden automatisch mit Schlussfolgerungen und weiteren Hinweisen ergänzt. Selber kombinieren oder gar Rätsel lösen müssen wir nicht.
Das Interessanteste dabei ist, dass wir beim Suchen der Hinweise und beim Erkunden der Welt jederzeit zwischen von Red zu Antea wechseln können. Übernehmen wir die Kontrolle über unsere tote Heldin ist es uns möglich Dinge aus der Geisterwelt zu sehen. Damit finden wir verborgene Hinweise, Kisten und andere Gegenstände, die uns sonst verborgen geblieben wären. Ein netter Detektivmodus, der gut in die Handlung des Spiels integriert ist, den wir aber aus etlichen älteren Titeln, wie denen der Batman: Arkham-Reihe oder der Hitman-Serie schon kennen.
Leben lassen oder töten?
Sind letztlich alle Hinweise eingesammelt und die Ereignisse, die zu dem Spuk geführt haben, vollständig rekonstruiert, müssen wir noch eine Entscheidung treffen. Wer hat Schuld an der Misere? Das ist die Frage, die wir am Ende einer jeden Spukermittlung beantworten sollen. Und nicht nur das. Wir sollen außerdem entscheiden, ob wir in der Folge den Geist verbannen beziehungsweise aufsteigen lassen, oder ob wir die lebende Person töten.
Wenn euch das jetzt etwas unvorbereitet trifft, können wir das gut verstehen. Wir waren durch ein vorheriges Ereignis im Spiel allerdings vorgewarnt. Denn gleich, nachdem wir Anteas Geist treffen, wird uns mitgeteilt, dass wir sie unter bestimmten Umständen wiederbeleben können. Und zwar dann, wenn wir genug Energie sammeln. Die können wir aber nur von den Lebenden erhalten. Lange Rede, kurzer Sinn: Um die Liebe unseres Lebens wieder lebendig zu machen, müssen wir reihenweise Menschen umbringen.
Damit will uns das Spiel vor schwierige moralische Entscheidungen stellen. Sollen wir Menschen umbringen – unschuldig oder nicht – um unsere Gefährtin wieder zum Leben zu erwecken oder sollen wir darauf verzichten, mit der Konsequenz, sie nie wieder in unsere Arme schließen zu können?
Schwere Entscheidung? Schwere Enttäuschung!
Leider misslingt der Versuch, uns damit in die Bredouille zu bringen, auf spektakuläre Weise. Zum einen, weil wir weder eine besondere Verbindung zu unseren beiden Helden aufbauen und die Liebesbeziehung zwischen Red und Antea kaum dargestellt wird. Und zum anderen, weil die Frage, ob wir aus einem völlig egoistischen Grund dutzende Menschen umbringen wollen, für die wenigsten sonderlich schwierig zu beantworten sein sollte.
Uns mit moralisch schwierigen Entscheidungen zu konfrontieren, machen Spiele wie Detroit Become: Human oder Disco Elysium deutlich besser.
Schöne aber leere Welt
Was in unserem Banishers: Ghosts of New Eden Test aber beeindruckt, ist die Stimmung, die das Spiel erzeugt. Von kargen Küsten über dichte Wälder bis hin zu modrigen Sümpfen sind die Gebiete, durch die unser Weg führt, außerdem recht abwechslungsreich und auch grafisch sehr hübsch. Leider ist die Welt abgesehen von dem ein oder anderen Geist und Wolf, den es zu bekämpfen gilt, herzlich leer. Es gibt weder Tiere noch Menschen, die die Gebiete außerhalb von Dörfern und Lagern bevölkern.
Gleichzeitig führt aber gerade das zu der unglaublich bedrohlichen und ungemütlichen Atmosphäre, die uns das gesamte Spiel begleitet. Man kann den Fluch, der auf dem Land lastet, förmlich spüren.
Wohin auch immer wir wollen
Technisch gesehen besitzt das Spiel eine Open World, die sich ohne Ladebildschirme nahtlos durchstreifen lässt. Doch durch das schlauchartige Design der einzelnen Level und die recht lineare Geschichte fühlt es sich nie so an, als wären wir frei in unserer Entscheidung, an welchen Ort wir als nächstens gehen.
Lagerfeuer, die wir in der Welt von Banishers immer wieder finden, dienen als Schnellreisepunkte zwischen den Arealen. Außerdem bieten sie die Gelegenheit, um unsere Ausrüstung aufzuleveln und die Gesundheit von Antea und Red wieder komplett herzustellen. Dadurch tauchen auch alle vormals besiegten Gegner wieder auf, wie man es aus Soulslike-Spielen kennt.
Wir hätten es lieber gesehen, wenn die Entwickler statt Zeit in die Open World zu investieren, mehr Arbeit in die Geschichte der beiden Hauptcharaktere und das Kampfsystem von Banishers: Ghosts of New Eden gesteckt hätten. Denn auch letzteres kann nicht vollends überzeugen.
Immer gleiche Kämpfe
In unserem Banishers: Ghosts of New Eden Test erleben wir ein grundsolides Kampfsystem. Wir haben leichte und schwere Angriffe sowie einige Spezialattacken zur Verfügung. Außerdem können wir Angriffen ausweichen oder sie blocken. Stehen wir Geistern gegenüber, ist Red mit seinem Säbel und später auch mit dem Gewehr effektiver als Antea. Haben wir es aber mit Wölfen und anderen lebenden Feinden zu tun, sind Anteas Spektralattacken wirkungsvoller.
Erst ich, dann du
Das interessanteste Feature sind aber die Synergieeffekte zwischen Antea und Red. Denn wie bei dem Suchen nach Hinweisen, können wir auch im Kampf nahtlos zwischen den beiden hin und her wechseln. Tun wir das zum richtigen Zeitpunkt, werden automatische Spezialangriffe ausgeführt. Landen wir zum Beispiel vier leichte Treffer mit Red und wechseln danach direkt zu Antea, führt sie einen kräftigen Schlag aus, der alle Widerstände der Gegner ignoriert.
Je nachdem, auf welchem der Schwierigkeitsgrade man das Spiel spielt, sind diese Kombinationen extrem wichtig. Denn sie richten deutlich höheren Schaden an als normale Angriffe. Welche Kombinationsangriffe uns dabei genau zur Verfügung stehen, hängt von unseren ausgerüsteten Fähigkeiten ab.
Experimentieren erlaubt
Die können wir mit Punkten freischalten, die wir durch Levelaufstiege verdienen. Angenehm dabei ist, dass wir uns zwar immer für eine von zwei Fähigkeiten entscheiden müssen, das Spiel es uns aber erlaubt, unsere Auswahl jederzeit wieder zu ändern. Das gefällt uns während unserem Banishers: Ghosts of New Eden Test sehr gut. Das Spiel lässt uns hier frei experimentieren und unterschiedliche Fähigkeiten ausprobieren. Die Anzahl ist allerdings überschaubar.
Trotz der Kombo-Attacken und verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten zwischen Antea und Red werden die Kämpfe leider recht schnell eintönig. Hier fehlt es an einem wirklich guten Trefferfeedback und präzisen Animationen. Auch die etwas nervige Kameraführung und das hakelige Anvisieren der Bösewichte minderte den Spaß hin und wieder. Nicht zuletzt durch die geringe Anzahl an verschiedenen Gegnern sind die Kämpfe schnell eher Pflicht als Kür. Daran können auch unsere wenigen Begegnungen mit Bossen nichts ändern.
Verfügbare Waffenupgrades, die wir mit gesammelten Ressourcen freischalten, machen unsere Ausrüstung zwar stärker, verändern aber weder Funktionsweise noch das Gefühl beim Zuschlagen oder Abdrücken.
Fazit
Insgesamt ist Banishers: Ghosts of New Eden ein grundsolides Action-RPG, das jedoch einiges an Potenzial verschenkt.
Das Spiel punktet mit schöner Grafik und dichter Atmosphäre. Die Geschichte um die beiden Hauptdarsteller – und besonders ihre Liebesbeziehung – bleibt aber leider etwas flach. Die Schicksale der Bewohner von New Eden werden dafür umso spannender erzählt und regen zum Nachdenken über Richtig und Falsch an.
Die Kämpfe, die für uns zu Beginn unseres Tests das größte Fragezeichen darstellten, sind solide, werden aber leider schon nach ein paar Spielstunden eintönig. Das liegt auch an der geringen Gegnervielfalt.
Banishers setzt seine Mechaniken sauber um, doch viel von dem, was der Titel zu bieten hat, haben wir schon in anderen Spielen gesehen. Wer aber Spiele wie die Tomb-Raider-Serie von Crystal Dynamics mag, kann hier ohne Bedenken zugreifen. Wer gerne knallharte und knackige Kämpfe führt oder Spaß daran hat, an komplexen Charakterbuilds herumzutüfteln, sollte sich dagegen lieber woanders umsehen.