Inner Ashes – Test

Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung fiel uns das narrative Adventure Inner Ashes insbesondere durch die wunderschöne Gestaltung der Spielwelt auf. Dabei verfolgt das Spiel eine sehr ernsthafte Thematik. Entwickler Calathea Game Studio möchte mit ihren Titeln einen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Wir haben uns Inner Ashes einmal genau angeschaut.

Inner Ashes

Alzheimer ist für Betroffene und Angehörige eine niederschmetternde Diagnose. Während der Erkrankte sich immer weiter von seinem Leben und Umfeld entfernt, verstehen es Familienmitglieder und Freunde nur bedingt, was im Verstand des Betroffenen wirklich vorgeht. Depressionen, Erinnerungslücken und insbesondere Wutausbrüche des Patienten sorgen letztlich dafür, dass Freunde und Verwandte immer weiter auf Abstand gehen.

Hauptfigur in Inner Ashes ist der Waldhüter Henry, bei dem Alzheimer im Frühstadium diagnostiziert wurde. Im Spiel schlüpft der Spieler in seine Figur und ergründen die Vergangenheit, an die sich Henry teilweise nur verschwommen erinnert. Die Reise führt uns vom tristen Alltag fort und durch ein Skizzenbuch hin zu den einzigartigen und traumähnlichen Szenarien der Erinnerung.  Verschlungen und verworren präsentieren sich die Erinnerungsfetzen, die langsam aber stetig die bewegende Vater-Tochter-Geschichte offenbaren.

Gameplay

Die Entwickler setzen hierbei auf Spielmechanik-Elemente, die auch Alzheimer-Patienten helfen, ihre Symptome zu lindern. Der Spieler findet in Henrys Wohnung Post-It-Zettelchen, die Objekte identifizieren oder kleine Hinweise geben. Immer wieder begegnen einem Schlüsselgegenstände, die Erinnerungsfetzen zurückbringen.

Richtig hilfreich bei der Entschlüsselung der Vergangenheit ist ein Skizzenbuch mit dessen Hilfe Henry in eine Traumwelt gelangt. Düster verhangen, fröhlich belebt, einsam und karg, aber auch lustig vergnügt offenbaren sich die verschiedenen Szenarien. Henry ist immer auf der Suche nach Dingen, die ihn wieder zu seiner Tochter Enid zurückbringen sollen.

Die Traumwelten sind zunehmend verworrener. Manchmal weiß man gar nicht genau, aus welchem Grund man einen bestimmten Gegenstand finden muss. Lediglich ein kleiner Hinweis im rechten Eck des Bildschirms verrät, was wir suchen. Das führt oftmals dazu, dass man etwas hilflos durch die Wohnung oder die Traumwelten irrt. Geht es einem an Alzheimer Erkrankten ebenso? Erschreckender Gedanke…

Aufblitzende Erinnerungen in Form von Gesprächsfetzen und Kinderzeichnungen bringen die Geschichte voran. Immer wieder führen uns diese Hinweise zum Gedankentempel. Hier gilt es ein Tangram zu lösen um dann in der Story voranzuschreiten.

Mit einer ungefähren Gesamtspieldauer von 3 Stunden ist Inner Ashes ein nur kurzes Abenteuer. Wobei „Abenteuer“ es nicht ganz trifft. Wir nehmen Anteil am Leben und den Erinnerungen eines Erkranken, der sich nicht in seiner Gedankenwelt und den Anschluss an seine Familie verlieren darf.

Steuerung

Die Steuerung ist sehr intuitiv. Es gibt keine komplizierten Abläufe. Das Spiel ist eigentlich mehr eine interaktive Erzählung. Die Spielelemente dienen eher der Visualisierung der durch die Krankheit verursachten Beeinträchtigungen. So sind die Traumwelten schwerfällig und der Spieler kommt nur langsam voran. Sobald man mit einem Objekt interagieren kann, erhält man den entsprechenden Hinweis.

Die Tangrams sind kleine Legepuzzle, deren Schwierigkeitsgrad zwar mit der Zeit ansteigt, aber eigentlich kaum eine Herausforderung für einen gesunden Menschen darstellt. Allerdings setzen Therapeuten bei Erkrankten diese Art Legepuzzles ein, um das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit bei betroffenen Patienten zu verlangsamen.

Die gewisse Schwerfälligkeit, mit der wir Henry durch die Spielwelt führen, ist größtenteils gewollt. Keine Gegner, die einen anspringen oder schier unlösbare Dungeon-Rätsel, die einem ferner das Leben schwer machen. Es ist die Krankheit, die alles schwieriger macht und unaufhaltsam voranschreitet. Beklemmend, wenn man sich hineinversetzt und außerdem erschreckend für jeden Betroffenen, der sich der Tragweite der Krankheit bewusst ist.

Bild und Ton

Die Umsetzung auf der Nintendo Switch lief komplett ohne technische Probleme. Einzig die etwas langen Ladezeiten fielen negativ auf. Die Bilddarstellung führt den Spieler durch eine 3D-konzipierte Spielwelt in der Ego-Perspektive. Grundsätzlich ist die Gestaltung hübsch und ansehnlich, nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Eine Detailverliebtheit kann den Machern allerdings nicht unterstellt werden. Die Traumsequenzen heben sich außerdem hinsichtlich der Gestaltung erfreulich ab.

Untermalung erfährt die narrative Story durch passend sanfte und ruhige Musik. Beinahe unauffällig, aber dennoch jederzeit präsent, trägt sie die emotionelle Geschichte auf ihren Schultern.

Fazit

Inner Ashes gewährt vermutlich nur kleinen Einblick in die Gefühls- und Erlebenswelt eines an Alzheimer Erkranken. Dennoch ist es gerade dieser Einblick, der für Respekt und Aufmerksamkeit seitens Freunden und Familienangehörigen sorgen kann. Die Wahl der Erzählform, die Ich-Perspektive, macht nachdenklich. Die gewollte Schwerfälligkeit, die künstlerische Darstellung, die bewegende Story und außerdem die tragende Musik fügen sich zu einem großen Gesamtbild zusammen.

Der kleine Indie-Titel macht aufmerksam und betroffen. Hier muss niemand von „Spielspaß“ oder „Unterhaltung“ reden. Inner Ashes zielt auf komplett andere Werte, die es zu verdeutlichen versucht und dies zumindest im Ansatz auch schafft. Inner Ashes macht nachdenklich und ist letztlich nur mit dem Adjektiv „ungewöhnlich“ zu beschreiben. Kein Spiel im herkömmlichen Sinn, vielmehr eine bewegende Story auf besondere Art erzählt.

Der ungewöhnliche Indie-Titel ist für 14,99 Euro (UVP) auf PC via Steam sowie für PS4, PS5, Xbox und Nintendo Switch erhältlich.

Mehr Informationen zum Titel findet Ihr auf der offiziellen Homepage.

Wir bedanken uns beim Publisher für die kostenlose Bereitstellung eines Keys. Eine Einflussnahme auf unseren Test erfolgte zu keiner Zeit.