Forspoken – Test

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    Forspoken ist wohl das zweit-meist diskutierte Videospiel derzeit. Nachdem uns die Demo dann doch recht gut gefallen hat, waren wir auf die finale Version gespannt. Und siehe da: Forspoken wird wohl die Gemüter spalten. Alles Weitere erfahrt ihr hier im Test!

     

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    Für diese Rezension spielten wir Forspoken auf Playstation 5

     

    Mühsamer Einstieg

    Als Freund klarer Worte drücke ich es mal so aus: Wenn ihr die ersten ein bis zwei Stunden Forspoken überstanden habt, dann geht die Spaßkurve deutlich bergauf. Der Einstand in diese phantastische Spielwelt ist so ziemlich der merkwürdigste, den ich die letzten Jahre erlebt habe. Dabei geht es mir gar nicht um das Gameplay, die Story oder technische Unzulänglichkeiten. Nein, es sind die Entscheidungen der Macherinnen und Macher, die mich und wahrscheinlich auch viele weitere vor ihren Bildschirmen haben den Kopf schütteln lassen. Deutlich zu oft wohlgemerkt.

    Der mühsame Einstieg bezieht sich auf die beiden Faktoren Tutorial und Dialoge. Beide sind so dermaßen hanebüchen umgesetzt, dass man nicht weiß, ob es sich hier um einen schlechten Scherz oder echte Boshaftigkeit handelt.

     

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    Nervige Frey

    Fangen wir mal bei den Dialogen der Hauptfigur Alfre Holland, kurz Frey, an. Als Teenager in New York widerfährt ihr zu ziemlich alles, was man sich in jungen Jahren nicht wünscht. Sie ist der klassische Sonderling, die Außenseiterin. So ziemlich ohne jede Vorwarnung wird sie durch ein Portal in die Fantasiewelt Athia katapultiert und wittert hier ihre einmalige Chance. Athia wird von der finsteren Macht Der Bruch ins Unheil gestürzt, aber schnell wird klar, dass Frey gegen die Mächte der dunklen Magierinnen immun ist. Obendrein hat sie seit dem Portalsprung auch noch magische Fähigkeiten erhalten, die passenderweise wie dafür geschaffen sind, um sich dem Bruch zu stellen.

    Das Setting rund um Frey ist die typische coming of age Geschichte mit einer Protagonistin, die in der realen Welt ungewollt ist, in dieser neuen Zauberwelt allerdings die scheinbar einzige Rettung darstellt. Und mit dieser krassen 180 Grad Wende scheint Frey nicht überfordert zu sein, sie genießt es förmlich mit jeder Faser. Zumindest lässt sie an jeder erdenklichen Stelle den Spieler wissen, wie cool sie doch jetzt ist. Anfangs mag man das der heranreifenden Teenagerin noch verzeihen, nur leider erstreckt sich der Mix aus Selbstüberschätzung und Erhabenheit über die gesamte Spieldistanz. Und irgendwann fängt dieses Übermaß an Coolness einfach nur noch an zu nerven. Dazu gesellt sich ein Repertoire an Schimpfwörtern, an dem jedes Kind aus der Gosse vor Neid erblassen würde.

    Eine Hauptfigur also, die viel zu hohe Stücke auf sich hält gepaart mit Sch*ße und F*ck Drops in Dauerschleife… da gab es schon nette Figuren, die wir steuern durften. Oder, um es deutlich zu sagen: Frey ist so ziemlich die unsympathischste Hauptfigur der letzten Jahre.

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    Stillstand beim Tutorial

    Beim Tutorial kann man etwas nachsichtiger sein, denn es entlässt Spielerinnen und Spieler nach einigen Erklärungen ja schließlich ins Spiel. Eine Einsteigshilfe macht in Forspoken auch wirklich Sinn, es werden etliche Mechaniken zur Fortbewegung, dem Kampfsystem, den zahlreichen Zaubern und allen anderen Kniffen erklärt. Gegen das Tutorial an sich haben wir auch gar nichts einzuwenden, sondern ausschließlich an der Art und Weise, wie man die besagten ersten 2 Stunden mit den Erklärungen erlebt. Erleben ist in diesem Kontext wahrlich der falsche Begriff, die Einführung gleicht einer langweiligen Vorlesung im Unterricht.

    Ihr werdet also nicht diese wundervolle Welt erkunden können, auf etwas stoßen und nach ein wenig Ausprobieren eine Hilfestellung bekommen. Statt dessen bleibt Frey an jeder noch so kleinen Erklärungseskapade stehen und wir lassen die Erklärung über uns ergehen. Man mag bei ersten Mal noch locker darüber hinweg schmunzeln, aber wenn man nach fünf, zehn oder fünfzehn Mal immer die gleichen drögen Texteinblendungen gezeigt bekommt, sich Zeile für Zeile durchkämpft und dabei einfach gar nichts machen darf außer stehen zu bleiben, dann ist das wirklich altbacken hoch Zehn!

    Zumal das Gameplay in Forspoken auch eine völlig andere Herangehensweise zulassen würde, nur bleibt uns diese Option schlicht versperrt. Den großen Abenteuerspielplatz zu  erkunden und einfach ein paar Dinge selbst herausfinden zu dürfen, wäre wirklich großartig gewesen. Zumal Frey ihr Tagebuch vorbildlich pflegt und wir jederzeit darin die Tipps und Anleitungen nachschlagen können. Es wäre also möglich gewesen, die Leine schon sehr früh im Spiel loszulassen und eine herrliche Entdeckertour erleben zu können. Nicht aber mit Forspoken, was wirklich schade ist. Gerade der Start sollte doch dazu dienen, Spielerinnen und Spieler förmlich ins Game reinzuziehen.

    Zwei wirkliche Knackpunkte, die gerade anfangs schon sehr an der weiteren Motivation knabbern. Das Gute ist: Hat man diese beiden Baustellen hinter sich gelassen und man darf endlich frei nach Gusto in die Spielwelt eintauchen, dann kann man hier ein phantastisches Feuerwerk erleben!

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    Nach dem Schatten folgt das Licht

    Potential wurde als bereits genug verschenkt, kommen wir nun also endlich zu den Lichtblicken in Forspoken und davon gibt es zum Glück eine ganze Reihe. Der große Star des Spiels ist das Kampfsystem, direkt gefolgt vom flotten Parcouring. Die flotte Fortbewegung lässt sich irgendwo zwischen Assassin’s Creed und Spiderman ansiedeln, wobei gerade die diversen Assassinen in puncto Geschwindigkeit mit den Ohren schlackern dürften. Seid ihr anfangs noch zu Fuß unterwegs, schaltet ihr im Verlauf der Story immer neue Gadgets frei, die euch noch schneller und stylisher von A nach B bringen. Beispielsweise nutzt Frey einen Wurfhaken, um sich an entsprechenden Oberflächen flink entlang zu hangeln. Selbst in Natura, also ohne jedwede Hilfsmittel, ist Frey dank flinker Moves und Dashes äußerst schnell unterwegs.

    Besonders viele Buttons benötigt man dabei nicht, was noch mehr flow aufkommen lässt. Trifft Frey auf ein überwindbares Hindernis, sorgt sie im Alleingang dafür, dass es bald schon hinter ihr liegt. All zu unvorsichtig solltet ihr jedoch nicht durch die Spielwelt zischen, denn selbst einem Jungspund wie Frey geht auch irgendwann einmal die Puste aus. Und die Ausdauer ist wichtig, denn sonst habt ihr bei den zahlreichen Kämpfen gegen obskure Feinde und Monster einen echten Nachteil.

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    Magie in Hülle und Fülle

    Bei den Kämpfen kann sich Frey auf ihren magischen Armreifen Reif verlassen. Magie spielt überhaupt die tragende Rolle bei jedweden Fights, egal, ob ihr Nah- oder Fernkampf bevorzugt. Nach und nach schaltet ihr mit Reif vier Elementarmagien frei. Per Radmenü könnt ihr jederzeit die Elemente wechseln. Das geht fix von der Hand und macht bei diesem hohen Spieltempo auch extrem Sinn, denn nur mit der passenden Magie könnt ihr die Schwachstellen der Feinde vollkommen ausnutzen. Umgekehrt richtet ihr vergleichsweise wenig Schaden an, wenn ihr mit der falschen Magie rumfeuert.

    Innerhalb der Auseinandersetzungen solltet ihr weiterhin auf Freys Parcours-Stärken setzen. In dem ihr ständig um eure Feinde herumwuselt, nutzt ihr die schwache Deckung ihrer Rücken oder greift auch aus der Höhe an, um Bonus-Dmg zu erzielen. Mit den beiden Triggern des Controllers habt ihr immer einen offensiven und einen unterstützenden Zauber zur Hand, beide im Verbund harmonieren immer am besten. In kurzen Verschnaufpausen könnt ihr die Zauber auch aufladen, in dem ihr den Trigger gedrückt haltet, um ihn anschließend in seiner mächtigsten Variante auf die Gegner loszulassen.

    Zur Aufwertung aller Magien bedient sich Forspoken des typischen Talentbaumes. Neben den üblichen Statistiken werden hier eure Zauber mit dem Einsatz der Punkte immer stärker. Zusätzlich kann Frey dank Schmuckstücken und Klamotten in ihren Fähigkeiten gestärkt werden. Ziemlich cool hat Square Enix die passiven Aufwertungen gelöst, denn passenderweise ändern wir diese mit den unterschiedlichen Farben des Nagellacks von Frey.

     

    Spielwelt

    Bei genauerem Betrachten der offenen Welt in Forspoken stellt man fest, dass diese der Protagonistin unterliegt. Sie ist überaus funktional entworfen, einfach deshalb, damit das Parcouring mit Frey so herausragend gut funktioniert. Im Gegenzug kostet das ein paar Punkte bei der Ästhetik, denn, wenn man ehrlich ist, hat man schon deutlich schönere und lebhaftere Biome entdeckt.

    Unterwegs vom Startpunkt bis zum Ziel der Haupt- oder Nebenmission, trefft ihr immer wieder auf Gegnertruppen, die euch ans Leder wollen. Außerdem entdeckt ihr neue Schnellreisepunkte, findet Truhen und auch hier und da mal eine optionale Herausforderung. Diese lohnen sich mal mehr und mal weniger, oft jedoch sind die Aufgaben etwas skurril. Je nach Spielfortschritt stehen bestimmte Seitenquest(folgen) erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung. Nicht immer ist sofort ersichtlich, wann dieser Moment dann auch letztlich getriggert wird, daher solltet ihr immer ein Auge auf die Minimap haben.

    Insgesamt wirkt alles eine Spur zu einseitig und trist. Areale sind zu klar voneinander getrennt, als dass man hier eine wirklich geschlossene und in sich stimmige Spielwelt erkennen könnte. Daran ändern auch die vielen Aufgaben und auflockernden Rätsel nicht viel. Mitunter wirkt es sogar so, als hätten die Entwickler im Nachgang noch hier und da etwas hinzugefügt. Und so wirklich kennen lernen wir die Welt auch nie, Frey hat einfach Besseres zu tun, als sich mit ihrem neuen Abenteuerspielplatz intensiv beschäftigen zu wollen.

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    Grafisch ziemlich auf der Höhe der Zeit

    Auf der Playstation 5 hinterlässt Forspoken bei uns in puncto Grafik einen ziemlich guten Eindruck. Auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt, aber das Spiel entpuppt sich als ein rundes Erlebnis für die Augen.

    Zwischen drei Grafikmodi (Performance, Quality, Raytracing) könnt ihr wählen. Die Auflösung ist durchgehend dynamisch, jedoch merkt ihr die üblichen Verschiebungen zwischen Bildrate und Qualität. Und diese sind mitunter ziemlich deutlich! Im Performance-Modus läuft zwar alles super flüssig, aber ihr erkennt sichtlich den Grafikeinbußen im Vergleich zum Qualitäts-Modus. Hier jedoch kommt die PS5 in besonders Grafikintensiven Szenen schon mal an ihre Grenzen, ohne allerdings zu ruckeln. Die Verbesserungen zwischen Quality und Raytracing sind so marginal, dass man sie kaum bis gar nicht bemerkt. Wollt ihr ein paar mehr Frames, dann lasst das Raytracing also einfach weg.

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    Fazit

    Die Vorschusslorbeeren waren groß, schlussendlich kann Forspoken seinem eigenen Anspruch aber leider nicht gerecht werden. Eigentlich steht alles parat, was man für eine spannende und neue IP benötigt: interessante Spielfigur, eine erlebnisreiche Magiewelt und ein wirklich cooles Kampfsystem. Aus all dem macht Luminous allerdings viel zu wenig!

    Das ist verdammt schade, denn Forspoken hätte ein echter Hit werden können. Das abwechslungsreiche Magiesystem macht richtig viel Spaß und gepaart mit dem flinken Parcouring eine echte Wonne. Dem entgegen steht eine absolut überzeichnete Hauptfigur, mit der man bis zum Schluss kaum warm wird. Die Story hat ebenfalls viel Potential, wird allerdings kaum ausgeschmückt und obendrein auch noch statisch erzählt. Apropos statisch: Gleiches gilt auch für die offene Spielwelt Athia, die kaum Flair aufkommen lässt und zu gekünzelt, im Grunde einfach nur zweckmäßig aufgebaut ist.

    Wartet auf einen Sale und schlagt dann zu, für den derzeitigen Vollpreis von rund 80€ kann man Forspoken nicht empfehlen!

    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur