Über fünf Jahre – so lange hat es gedauert, bis Rainbow Skies nun endlich in den (digitalen) Regalen steht. Aber hat sich das Warten auf den Nachfolger des beliebten Taktik-RPGs Rainbow Moon gelohnt? Wir haben den Titel aus dem Hause SideQuest Studios für euch ganz genau unter die Lupe genommen.
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Story – Gut Ding will Weile haben
In Rainbow Skies schlüpft man unter anderem in die die Rolle von Damion, der kurz vor seiner letzten Prüfung als Monsterzähmer steht. Diese geht allerdings gehörig schief und schnell überschlagen sich die Ereignisse. Wir möchten nicht allzu viel spoilern, aber durch ein Missgeschick, das von der Idee etwas an Trine erinnert, bindet er sich mehr oder weniger freiwillig auf Lebenszeit an seinen alten „Freund“ Layne und die abenteuerlustige Ashly. Die Story nimmt eher langsam Fahrt auf und wird an vielen Stellen durch andere Quests unterbrochen, sodass erst nach einigen Stunden wirklich ein roter Faden zu erkennen ist. Das tut dem Unterhaltungswert zum Glück keinen Abbruch. Denn SideQuest Studios machen ihrem Namen alle Ehre und wissen, den Spieler auch anderweitig zu unterhalten.
Das wahre Herzstück des Spiels sind unsere drei Helden. Damion, Layne und Ashly haben zumindest mich, klischeehaft wie das Trio auch sein mag, wirklich mitfiebern lassen. Klar, ein hitzköpfiger aber sympathischer Schwertkämpfer, ein trickreicher Bogenschütze und eine gut bestückte und naive Magierin – das klingt erstmal alles andere als einfallsreich. Aber die Chemie zwischen den drei liebenswerten Chaoten, die genialen und humorvollen Dialoge und die sich langsam entwickelnde Freundschaft belehren einen schnell eines Besseren.
Die Story an sich steht zwar alle paar Spielstunden wieder im Vordergrund, wirklich punkten kann Rainbow Skies aber vor allem mit anderen Werten: Den Charakteren, dem Humor, der lustigen und lebendigen Spielwelt und dem liebevoll gestalteten Gameplay, auf das ich im Folgenden näher eingehen werde.
Gameplay – Geduld zahlt sich aus
Mehr als 5 Jahre hatten die Entwickler Zeit – da sind die Erwartungen der Fans natürlich hoch. Eine besonders zentrale Rolle spielt dabei das Kampfsystem: In Rainbow Skies werden die rundenbasierten Kämpfe auf einem rasterförmigen Schlachtfeld ausgetragen. Dabei stellen sich dem eigenen Team meist ganze Gegnerherden gegenüber, die üblicherweise aus mehreren verschiedenen Monsterarten bestehen.
Der Geschwindigkeits-Wert entscheidet nicht nur darüber, wer zuerst laufen und angreifen darf, sondern auch wie oft, und welche Fähigkeiten wann eingesetzt werden können. Stärkere Angriffe benötigen mehrere Züge, während Laufen und einfaches Angreifen immer möglich sind. Das alles läuft absolut rund und fehlerfrei. Die Kämpfe an sich machen wirklich Spaß, was vor allem dem anpassbarem Schwierigkeitsgrad, den zahlreichen Strategien, Fähigkeiten und Gegnertypen zu verdanken ist. Die farbenfrohen Animationen bringen immer wieder Schwung und manchmal auch – wie bei einem Angriff, in dem mit frischem Obst geworfen wird – Humor ins Spiel. Leider verliert das allerdings nach dem zwanzigsten Mal Sehen seinen Überraschungseffekt. Irgendwann im Laufe des Spiels wünscht man sich die Option, die teilweise sehr langen Animationen deaktivieren zu können; auch einige Shortcuts wären an dieser Stelle angebracht gewesen. Insgesamt laufen die Kämpfe eher langsam ab. Für Actionfans ist das eher nichts, wer allerdings eher auf taktisches Vorgehen und gut koordinierte Angriffe steht, der wird an dem Kampfsystem trotzdem gefallen finden.
Besonders schön ist an dieser Stelle allerdings die Handhabung der Spielschwierigkeit. Neben einer anfänglichen Option, die es dem Spieler erlaubt, kleine Hilfestellungen in Form von Items zu aktivieren, startet man automatisch auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad. Dieser lässt sich im Laufe des Spiels nach einer bestimmten Anzahl gewonnener Kämpfe graduell anheben – oder eben auch nicht. So fallen die Kämpfe entweder richtig knackig oder ziemlich einfach aus. Die Idee dahinter ist, dass Spieler, die nur „schnell“ und ohne viel Grinding die Story durchspielen wollen, genauso auf ihre Kosten kommen wie echte RPG-Veteranen, die jede Sidequest zu 100% abschließen möchten. Das ist meiner Meinung nach besonders gut gelungen, da Rainbow Skies somit viele verschiedene Spielertypen bedient. Wer sich einmal verwählt hat, kann die Schwierigkeit außerdem jederzeit wieder senken.
Dieses individuell anpassbare Spielerlebnis findet man auch bei der Initiierung der Kämpfe wieder. Sind Gegner in der Nähe, blinkt unten am Bildschirmrand eine Warnung auf und der Spieler kann selbst entscheiden, ob er sich in eine Auseinandersetzung verwickeln lassen möchte. Das erspart einem die Flucht aus unerwünschten Kämpfen und macht das Spiel deutlich angenehmer als viele andere seiner Art. Nur einige Gegner stehen direkt auf der Map und müssen zum Weiterkommen einmal besiegt werden. Insgesamt sind sehr viele Dinge in Rainbow Skies optional – wer allerdings nur die Story spielt, verpasst wirklich etwas!
Zum einen steckt die riesige, offene Spielwelt voller Geheimnisse, die es zu entdecken gilt: Schatztruhen, Dungeons, Items und Bossgegner sind nur einige Beispiele. Die drei Helden können Angeln, ihre Rüstung verbessern, Monster züchten und zahlreiche Nebenquests absolvieren. Dafür werden sie oftmals reichlich belohnt, zum einen im materiellen Sinn, zum anderen mit lustigen Dialogen und einzigartigen Charakteren. Was einige Reviewer als kindisch abtun, empfinde ich als wirklich genialen Humor, der mir regelmäßig ein Lachen aufs Gesicht zauberte. Ja, zum Glück ist Humor subjektiv, denn ich finde: Allein für die Dialoge lohnt es sich manchmal, eine Quest zu Ende zu bringen oder in der Hauptstory voranzuschreiten. Auch wenn die ein oder andere Quest mal etwas länger dauert, bleibt die Motivation in den meisten Fällen erhalten.
Weiterhin sind auch RPG-Neulinge trotz der unglaublichen Fülle an Möglichkeiten in Rainbow Skies an der richtigen Adresse. In sehr nett gestalteten Text-Tutorien erklären unsere Helden fast alle Funktionen auf sympathische Weise und durchbrechen hin und wieder einmal auch die vierte Wand. Und selbst für Spieler, die bereits Rollenspiel-Erfahrung mitbringen, lohnen sich vor allem die Erklärungen zum Kampfsystem und den Fähigkeiten und Stats der Protagonisten. Wie schon erwähnt, gibt es hunderte von Fähigkeiten, die man nach und nach mithilfe von Zauberbüchern und Leveln freischalten kann, Statuswerte, die aufgewertet werden sollten, verbesserungsfähige Rüstung, Essen, Zaubertränke, Kampftaktiken und vieles mehr. Und das gilt nicht nur für die drei Hauptcharaktere, sondern auch für die zähmbaren Monster!
Bei diesem zentralen Feature muss man sich besonders gedulden. Denn nachdem wir gleich zu Beginn unsere Prüfung als Monsterzähmer einigermaßen versemmeln, dauert es einige Spielstunden, bis wir endlich unser erstes Monsterei in den Händen halten. Eier findet man wiederum in Form von Drops in und nach Kämpfen – allerdings für meinen Geschmack etwas zu selten. So kann es durchaus Stunden dauern, bis man das Monster seiner Träume in sein Team aufnehmen kann. Wenn es dann aber endlich so weit ist, will man sie nicht mehr missen. Nachdem die Funktion freigeschalten ist, kann der Spieler sein Team mit einer Vielzahl an kleinen und großen Biestern ergänzen, sie trainieren und ausrüsten. Sie können sogar die Teamleitung übernehmen.
Bei so vielen Features stellt sich natürlich immer die Frage, ob es den Entwicklern gelingt, das Ganze übersichtlich im Menu unterzubringen. Nicht selten enden RPGs genau deswegen in unverständlichem Chaos. In Rainbow Skies ist die Menuführung glücklicherweise ziemlich gut gelungen, das Charaktermenu und auch die Sortierung der Items gefallen, während die Übersicht über die Missionen und die Map manchmal etwas unübersichtlich sind. Auch die Steuerung geht gut von der Hand.
Insgesamt muss man als Spieler in Rainbow Skies auch aufgrund des riesigen Umfangs an vielen Stellen geduldig sein – das Warten zahlt sich allerdings aus! Von der ersten Minute an ist nicht zu übersehen, wie viel Liebe zum Detail die Entwickler in den letzten Jahren in das Spiel gesteckt haben, um jedem Spieler gerecht zu werden.
Grafik
Grafisch ist das Spiel, wie auf den Screenshots zu sehen, eher simpel gehalten. Wir schauen von oben auf unsere Helden, die sich durch die große, isometrische Spielwelt bewegen. Nichtsdestotrotz haben die Entwickler nicht an kleinen Details gespart, die die unterschiedlichen Städte und Terrains schmücken. Die kleinen Zwischensequenzen der Mainstory können sich ebenfalls sehen lassen.
Eine besondere Erwähnung verdienen meiner Meinung nach auch die Ausrüstungsgegenstände, die auch tatsächlich an den Charakteren dargestellt werden. Ein nettes Detail, das sofort positiv ins Auge fällt und dazu motiviert, neue Rüstungen und Waffen zu finden.
Sound
Der Sound dient an vielen Stellen einfach als Hintergrundgeräusch, da man sich nicht selten für sehr lange Zeit im selben Gebiet aufhält. Mir ist er zumindest einmal nicht negativ aufgefallen und auch die Soundeffekte sind passend, aber nicht überladen. Somit kann Rainbow Skies zwar nicht ganz mit einigen anderen Indie-RPGs mithalten, die oftmals durch wunderschöne Hintergrundmelodien überzeugen, es gibt aber auch nicht wirklich etwas zu bemängeln, außer der (hin und wieder) fehlenden musikalischen Abwechslung.
Preis / Leistung
Zum Preis von 26,99€ liefert Rainbow Skies mehr als so mancher Vollpreis-Titel. Über hundert Spielstunden sind hier locker drin, wenn man die ein oder andere Nebenquest mitnimmt, ein paar Monster ausbrütet und den Schwierigkeitsgrad etwas anhebt. Jeder, der RPGs mag, sollte hier absolut auf seine Kosten kommen. Übrigens: Es gibt auch eine deutsche Sprachausgabe!
Fazit
Rainbow Skies hat natürlich wie alle Titel seine Stärken und Schwächen. Spieler müssen Geduld mitbringen, denn die Story stockt immer wieder etwas und Kämpfe dauern oftmals länger als sie müssten. Doch wer sich die Zeit nimmt, den erwartet mit dem Titel ein wirklich großartiges RPG. Kaum ein anderer aktueller Rollenspiel-Titel kann Rainbow Skies in Umfang, liebevollen Details und genialem Humor übertrumpfen. Deswegen spreche ich eine klare Empfehlung für den Titel aus und summiere: Die fünf Jahre Wartezeit haben sich gelohnt!