Bedrückend und doch einfühlsam wird erzählt, wie Dounia als Kind die Schrecken des Zweiten Weltkrieges erlebt
Alles scheint wie immer, die Veränderungen kommen schleichend, kaum bemerkbar. Doch dann ändert sich der Alltag des Mädchens Dounia abrupt und radikal, als ihre Eltern ihr einen gelben „Sheriffstern“ auf den Mantel nähen. Erst am nächsten Tag in der Schule wird ihr bewusst, dass die scheinbare Auszeichnung sie für alle sichtbar als Jüdin brandmarkt – ihre Mitschüler wenden sich von ihr ab, die Lehrer ignorieren sie. Doch das ist erst der Anfang. Mit Das versteckte Kind von Marc Lizano und Loïc Dauvillier veröffentlicht Panini Comics eine eindringliche und gleichzeitig mit so viel Gefühl erzählte Graphic Novel, dass sich die Geschichte bestens eignet, auch von Kindern gelesen und verstanden zu werden. Mit einem Vorwort von Stephan J. Kramer, dem Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland.
„Das versteckte Kind kann eine Brücke zwischen dem Schicksal der Heldin dieser Graphic Novel und der heutigen Jugend schlagen“, schreibt Stephan J. Kramer in seinem Vorwort. Das Ziel ist es, gegen das Vergessen anzugehen. Und gerade in der Umsetzung als Graphic Novel offenbaren sich völlig andere Möglichkeiten, mit den Schrecken des Zweiten Weltkrieges umzugehen und den Stoff auch in der heutigen Gegenwart begreifbar zu machen, speziell für die junge Generation.
Als Dounia die Ereignisse aus ihrer Jugend in einer schlaflosen Nacht ihrer Enkelin Elsa erzählt, ist diese gerade so alt wie sie damals war, als ihre Eltern ihr den gelben Stern anhefteten, den sie ihr zu Beginn noch als Sheriffstern zu verkaufen versuchten. Die Wahrheit zeigt sich schnell, als Dounia auf dem Schulhof, gemeinsam mit den anderen jüdischen Kindern, zunehmend isoliert wird und sich das Verhalten der Lehrer ihnen gegenüber ändert. Beschimpfungen werden zur Normalität und ihr Vater verliert seine Arbeit, aber die Familie hält eng zusammen. Doch eines Abends pocht es an der Wohnungstür und Dounias Eltern können sie gerade noch im Kleiderschrank in einem Koffer verstecken, ehe sie deportiert werden. Stunden später nimmt sich eine Nachbarin des verstörten Mädchens an. Es ist das Ende einer bis dato unbeschwerten Kindheit. Fortan muss sich Dounia an ein neues Leben gewöhnen, ein Leben auf der Flucht, voller Angst und banger Ungewissheit. Das Leben eines versteckten Kindes.
Bereits im Jahr 1940 veranlasste die französische Regierung in Vichy unter der Führung von Philippe Pétain eine Ausgrenzung der Juden und verbot ihnen fast jegliche berufliche Tätigkeit. Jüdische Kinder und ihre Eltern dürften nicht mehr in öffentliche Parks, in Schwimmbäder, ins Kino, nicht einmal das Recht, sich ein Haustier zu halten, hatten sie noch. Im Sommer 1942 kam es schließlich zu einer Massenfestnahme von Juden (bekannt als Rafle du Vel‘ d’Hiv). Nur Dank der Solidarität einiger Mitmenschen mit viel Zivilcourage – Verwandte, Widerstandskämpfer oder Freunde –, die sich um Kinder wie Dounia kümmerten, konnten viele Mädchen und Jungen gerettet werden.
Zeichner Marc Lizano und Autor Loïc Dauvillier haben Das versteckte Kind – exemplarisch für viele Kinderschicksale aus dieser Zeit – aus Elementen verschiedener überlieferter Geschichten zusammengesetzt. Dabei entstand eine Graphic Novel, die durch ihre einfühlsame Erzählweise und die Zeichnungen bestens geeignet ist, auch von Kindern als Lektüre gegen das Vergessen gelesen zu werden.
Der französische Zeichner Marc Lizano ist Gast beim diesjährigen Comic-Salon in Erlangen (19.-22. Juni) und signiert auch am Panini-Stand. Seinem Schaffen wird beim Salon eine eigene Ausstellung gewidmet sein.
Quelle: PM