„… und ich sah einen fahlen Reiter auf einem fahlen Pferd. Und der Name des Pferdes war Pestilenz und der Name des Reiters war Tod …“
Danke THQ, dass du dich dem 6. Kapitel der biblischen Offenbarung des Johannes angenommen und den zugegeben faszinierenden Boten der Apokalypse eine Spielreihe spendiert hast, dies jedoch mit viel Mut zur künstlerischen Freiheit getan hast. Nachdem Reiter Nummer Eins, seines Zeichens Krieg, für verherende Verwüstungen gesorgt hat, kann nun Tod seinen Auftrag annehmen und ausführen. Aber halt! Wie war das doch gleich mit Murphys Gesetz? Irgendwie kommt alles anders als man denkt …
Krähenväter, der Baum des Lebens und die Mächte der Nephilim
Tod und seine Brüder (Krieg, Hunger, Pestilenz), auch als die apokalyptischen Reiter bekannt, galten einst als die mächtigsten Wesen des Universums. Das heißt aber nicht, dass sie tun und lassen konnten was sie wollten. Auch die Unheilsbringer sind an Regeln gebunden, vor allem aber unterliegen sie dem uralten Gesetz des Gleichgewichts. Das Gute braucht das Böse, der Himmel braucht die Hölle, usw.. Das es wie fast immer anders kam als vorgesehen, haben sich die Nephilim selbst zuzuschreiben. Als die Menschen Eden erhalten haben, waren die Nephilim ein wenig angesäuert und wollten Eden zurück haben. Himmel und Hölle wurden gleichzeitig angegriffen und wie es das schicksalhafte Gleichgewicht so wollte: Das Vorhaben ging gründlich schief. Strafe muss bekanntlich sein, und so wurden, anders als die restlichen Nephilim, die apokalyptischen Reiter verschont – den Preis, den vor allem jedoch Tod dafür bezahlen musste, war extrem hoch. Und dem noch nicht genug, stellte sich zudem heraus, dass die Fäden hinter all diesen Geschehnissen von welchen gehalten und gezogen worden sind, die weder Tod noch seine Brüder oder gar ihr auf der Rechnung habt. Einzig Tods Gespür, da er von der Ahnung erfüllt, dass seinem Bruder Krieg übel mitgespielt wurde. Auch wenn der Tod von Hinterlist getrieben kein Geselle ist, dem man trauen sollte, für seine Brüder würde er durch die Hölle reiten, um sie zu retten. Tod wird das untrügliche Gefühl nicht los, dass insbesondere Krieg seine Hilfe braucht. So schnell kann das Armageddon unwichtig werden …
Viele offene Fragen, keine Antworten und ihr in der Rolle des Todes mittendrin, ohne eigentlich genau zu wissen was los ist. Keine Sorge, der Schleier der Unwissenheit wird sich Stück für Stück heben, auch wenn ihr dabei so manches Mal noch auf weitere ungelöste Rätsel der Natur stoßen werdet. Die Apokalypse und das Armageddon und die Reiter dazu, zusammen mit den teilweise sehr durchtriebenen Gesellen wie der feurige Rat oder Lilith sowie die Erschaffer sind nicht immer das, was sie vorgeben zu sein. Vertraut euch Tod an, lasst euch von ihm und seinem Gespür leiten, nutzt seine Kraft, folgt eurem treuen Gefährten Asche und versucht der Wahrheit auf die Spur zu kommen.
Sobald ihr im Spiel angekommen seid, werdet ihr schon einmal, sicher sehr erfreut, feststellen, dass ihr, anders als seinerzeit noch mit Krieg, recht bald einen bereitbaren Untersatz zur Verfügung habt. Heißt das treue Tier in der biblischen Darstellung Pestilenz, trägt es in der nun virtuellen Form den Namen Verzweiflung und ihr könnt auch im Kampf auf all seine Fähigkeiten zurückgreifen. Einzige Ausnahme: Seid ihr in bestimmten Levels oder in Katakomben unterwegs, dann muss das Pferd leider draußen bleiben – in bzw. auf der Oberwelt jedoch könnt ihr Verzweiflung jederzeit rufen. Wie erwähnt, gesellt sich auch Asche an eure Seite, ein Art Vogel, nicht tot, aber auch nicht lebendig und doch verlässlich und immer gut euch den Weg zu weisen. Somit lasst ihr euch am Anfang vom ihm am besten auf direktestem Weg zum Krähenvater führen. Stellt euch jedoch darauf ein, dass die Geschichte, die euch der Krähenvater zu berichten hat, alles andere als erfreuen wird. Als Bewahrer alter Geheimnisse und Träger eines der für Tods wichtigsten Amulette ist der Krähenvater wegweisend für euch. Doch was müsst ihr mit Tod ertragen und erleben? Noch bevor der Krähenvater stirbt und ihr gegen Krieg die Sense ziehen müsst, hört ihr noch den wichtigen Hinweis über den ‚Baum des Lebens‘…
Wer schon immer einmal „Tod“ sein wollte …
Der Tod, seid euch gewiss, hat einiges mit euch vor. Es gibt so viele unbeantwortete Fragen, jede Menge Geheimnisse zu entdecken, Rätsel (Schalterrätsel, Puzzleaufgaben, usw.) zu lösen und so ganz nebenbei brüderliche Hilfe zu leisten. Wer braucht da schon eine Apokalypse, wenn der Bruder in der Klemme steckt? Genau, Blut ist dicker als Wasser und euer Auftrag mit Tod hat einen sehr persönlichen Touch. Lasst euch gefangen nehmen von dem Ambiente, den Umgebungen und vor allem der sehr atmosphärischen Musik, die das ihre leistet, so dass ihr gefühlt sofort mitten im Geschehen seid. THQs Entwickler-Team Vigil Games hat es geschafft eine bestechende Symbiose aus Optik, charismatischen Figuren, spannender Geschichte sowie stimmiger Musik zu schaffen, die euch so schnell nicht mehr los lassen wird. Wer sich schon immer mal gefragt hat wie es ist „Tod“ zu sein, jetzt gibt es die Antwort.
Auf den ersten als auch den zweiten sowie dritten Blick werdet ihr immer wieder optisch gefangen genommen werden. So kantig die Umgebungen auch an manchen Stellen wirken mögen, bisweilen sogar von Treppchen-Effekten, Clipping-Fehlern, Textur-Problemen, Pop-Ups und Framrate-Einbrüchen getrübt scheinen, es ändert nichts daran, dass die Welt eine Schau ist. Die abwechslungsreichen Landstriche, die sich erst wunderschön, bunt, blühend – ja sogar einladend präsentieren, zeugen im nächsten Moment von Leid, Trauer und Zerstörung. Wunderschöne Waldabschnitte wechseln sich mit Lava brodelnden Unterwelten ab, Höhlen wollen erforscht, und Katakomben müssen durchwandert werden, gleichwohl sie den Charme einer Londoner Hintergasse haben, in der man nicht einmal „Tod über’m Zaun hängen mag“. Detailreich ist nicht der Begriff, den man für die Szenarien verwenden kann – vielmehr sind diese stoisch, brachial, gewaltig, sowas wie unbeugsam und damit dem Thema angemessen. Eine oftmals in diesen Fällen attestierte Schwäche hat sich ins Gegenteil verkehrt und beweist sich als treffsichere Stärke und unterstreicht das Geschehen! Vor allem überzeugen die Welten, die Levels, die Umgebungen in denen ihr euch mit Tod bewegt durch Größe sowie Weite. Gleichwohl gescriptete Ereignisse natürlich eine Rolle spielen und maßgeblich sind, es wirkt jedoch irgendwie zufällig, da die Scripte großzügig und sehr gut eingearbeitete/platziert worden sind. Zudem wurden die Welten so geschaffen, dass ihr – soweit wir das ausprobiert haben – an keine virtuellen Enden stoßt und viel Platz als auch Zeit habt euch umzusehen, zu erkunden, zu suchen – versteckte ‚legendäre Gegenstände‘ & Co. werden es euch danken.
Anders die Charaktere, die Figuren, die Gegner, die Verbündeten, welche vor allem mit viel Liebe zum Detail bestechen. Egal ob der tote König, die Erschaffer oder eben Tod selbst. Nicht nur, dass die verschiedenen Charaktere, egal ob sie eine zentrale oder nur eine ergänzende Rolle spielen, mit Abwechslung und Eigenleben bestechen, Vigil Games hat sich bei der einen oder anderen Figur offenbar von Filmen inspirieren lassen. So gibt es Kandidaten die ihr trefft, die aussehen wie eine Mischung aus dem ‚Felsenbeißer‘ (Die Unendliche Geschichte) und den ‚Element-Wächtern‘ (Das 5. Element). Andere Charaktere wiederum sehen aus wie aus einer anderen Welt – aber egal wie sie wirken, sie sind vor allem eines: Kreativ gestaltet und abwechslungsreich.
Vor allem aber weiß Tod in so gut wieder jeder Hinsicht zu überzeugen. Angefangen bei seinem Äußeren, dass sich, je nach Rüstung die er trägt, verändert als auch seinem Bewegungsrepertoire, dass zwar gesamt ein wenig an eine Kombination aus „Prince of Persia trifft Lara Croft“ erinnert, aber das steht dem guten Tod bestens zu Gesicht. Tod ist einfach schnell, agil, wendig und gleichzeitig gefährlich, stark und treffsicher. Okay, manches Mal ist der Tod auch bockig und bleibt mal an Kanten hängen, verhakt sich in Böschungen und bewegt sich anschließend nur noch im Kreis oder er tut gar nichts, weil die Steuerungsbefehle etwas übertrieben wurden. Lassen wir dies außer Acht, ist Tod jedoch ein sehr gelehriger Geselle, mit dem es Spaß macht sich durch die Gegend zu prügeln und der zudem viele Optionen mitbringt, die gepflegt, ausgebaut als auch genutzt werden wollen.
Loot, Vergeltung, Sense, Skill & Co.
Abgesehen von den spielerischen Aufgaben, die euch Vigil Games optisch überzeugend verpackt haben, könnt ihr auch eine Menge für den Tod und damit für euch selbst tun! Die Entwickler haben sich – nicht nur bei der Figuren-Bewegungsvielfalt – an bekannten Vertreter der Gattung Action-Adventure orientiert. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass Darksiders 2 eine Art „MMO trifft Lara of Persia“ geworden ist. Dabei hat Vigil Games zweifelsfrei die besten Eigenschaften dieser Spiele bzw. Genre verknüpft und gekonnt um den Tod gespannt.
Tod ist, anders als noch sein Bruder Krieg (ihr erinnert euch?), sehr wendig. Er ist mit Fähigkeiten ausgestattet, die es ihm erlauben nicht nur zu sprinten, zu reiten oder banal Steilwände zu erklimmen, mit Tod könnt ihr auch vertikal / horizontal sowie etappenweise an den Wänden lang laufen, dazu kommen Wandsprünge als auch Balkenläufe sowie Säulenklettern bzw. Springen. Auf diese Weise seid ihr in der Lage, sehr oft die Umgebung einzubinden. Das ist ideal u.a. bei Kämpfen, da ihr dem Widersacher, bzw. den Widersachern ein Schnippchen schlagen könnt oder aber, wenn ihr eurer Sammelleidenschaft frönt, auch entlegenste Fleckechen erreicht, die garantiert ein ‚legendäres Item‘ ausspucken. Sollte das einmal nicht der Fall sein, dann lassen sich an solchen Orten wenigstens Kisten finden, die – wie erledigte Gegner auch – wertvolles Loot ausspucken. Loot bessert dabei euer Inventar in Form von Waffen, Rüstungen, Amuletten oder andere Ver- bzw. Gebrauchsgegenstände auf. Das Loot selbst ist in Gruppen unterteilt, kategorisiert nach Seltenheitsstufen. Daraus folgt, je seltener ein Loot, desto mächtiger ist das damit verbundene Objekt. Loot wird zufallsgeneriert ausgegeben und richtet sich auch nach eurem Spielstil, den damit verbundenen Umständen und ob ihr Loot häufiger behaltet oder eher beim Händler für andere Gegenstände eintauscht. Beim Händler könnt ihr auch immer wieder, nötiges Kleingeld im Klingelbeutel vorausgesetzt, neue Waffen und Items kaufen.
Apropos Gegenstände … bzw. Waffen: Ja, der Tod kann gut mit Waffen umgehen. Wählen könnt ihr zwischen Primär- und Sekundärwaffen sowie leichten und schweren Waffen. Standesgemäß zieht ihr mit Tod und seiner Doppelsense los und diese beweist, auch bei fortgeschrittenem Spielstand, ihre Effektivität. Gleiches gilt auch für die Schusswaffe Vergeltung (auch Erlösung genannt) – jedoch hat diese einen bitteren, fragenden Beigeschmack, denn es ist die Waffe von Tods Bruder Streit und es darf eigentlich nicht sein, dass Tod über sie verfügen kann. Aber doch ist Vergeltung vorhanden – bleibt die Frage: Warum? Ergänzt werden diese beiden Hauptwaffen durch verschiedene Zweitwaffen, zwischen denen ihr – je nach Bedarf – wechseln könnt. Egal ob ihr einfach nur auf schlagende Weise den Tod bringen wollt (Tonfas, Faustschilde, usw.) oder lieber zu mächtig schwingenden Argumenten wie z.B. riesigen Hämmern, Äxten oder Glefen greift. Das bleibt ganz euch überlassen. Effektiv sind sie alle, es hängt am Ende mehr davon ab, wie ihr sie im Kampf einsetzen wollt.
Einfach mal in den Ring gehen, Gegner verprügeln und weiter geht es, ist zu einfach – oder meint ihr nicht? Vor allem dann, wenn ihr euch vergegenwärtigt, wie man Kampf-Equipment mit Tods Fähigkeiten, die er im Laufe des Spiels erlernt, kombinieren kann. Dazu gehört u.a. das Annehmen der Reaper-Gestalt, welche ihr kurzfristig mit Tod nutzen könnt. Wichtig zu wissen ist, dass mit der Reaper-Gestalt beispielsweise auch große, scheinbar unverrückbare Gegenstände und Kugeln bewegt werden können. Auch der Todesgriff sowie der Seelenteiler oder das Leereläufer-Attribut (damit können Portale geschaffen werden) sind wichtige Hilfen auf eurem langen, beschwerlichen Weg. Natürlich dürfen auch jede Menge Zauber-Optionen nicht fehlen, welche in einem Skill-Baum darauf warten von euch entdeckt, gekauft und gelernt zu werden. Die Skills, die ihr mit Tod erlernen könnt, teilen sich in Nekromanten- sowie Todesboten-Fähigkeiten (Magie und Kampf-Fähigkeiten). Um die Skills zu bekommen bzw. nutzen zu können, bedarf es dem Erreichen bestimmter Levelstufen, an welche die Fertigkeiten geknüpft sind. Außerdem heißt es Erfahrungspunkte sammeln, die ihr in die Skillungen stecken könnt. Habt ihr eine übergeordnete Skilling durch das Level als auch die nötigen Erfahrungspunkte erreicht, könnt ihr dazu gehörige Unterkategorien erlangen, welche natürlich auf die gleiche Weise erspielt werden wollen.
Knoten in den Fingern und rauschende Ohren
Es ist schon sagenhaft, was ihr mit Tod alles anstellen könnt. Allein seine Grundausstattung, die dazu kommenden Bewegungsmuster als auch die vielen Skills … aber ja, genau da liegt der Hund begraben. Beschränkt ihr euch auf Wesentliches, sozusagen übliches Kampfgefahren ohne große Verwendung von Skills, dann ist die Steuerung euer bester Freund. Wollt ihr aber alles nutzen, Magie regnen lassen, besondere extra Kampfkunst-Aktionen fahren und all diese Dinge, dann macht euch darauf gefasst, dass die Steuerung nicht immer tut was sie soll. Viele Fähigkeiten, viele Möglichkeiten in allen Ehren, aber hier scheint es Vigil Games einfach etwas übertrieben zu haben. Ein Joypad ist, anders als eine Tastatur („hallo MMO“) nicht unendlich belegbar – jedenfalls gefühlt. So kann es dann und wann schon passieren, dass ihr ungewollt ablebt, obwohl ihr den richtigen Befehl via Tastenkombination gedrückt habt. Die Steuerung ist einfach überladen und gesamt auch überfordert. Macht euch das bewusst und spielt entsprechend – dann sollte es auch mit dem Options-Overflow klappen. Ganz nebenbei erwähnt: Sollte es zum Ableben des Todes kommen, vernünftig arrangierte Checkpoints gestalten den Widereintritt denkbar einfach.
Auch der wahrlich wieder opulente Soundtrack – an der Stelle vielen Dank wieder einmal an den Komponisten Jesper Kyd – dringt euch in die Gehörgänge und verschwindet so schnell nicht mehr. Kreative Arrangements gefüllt mit satten, gefährlich anmutenden, sowie treibenden Rhythmen wechseln sich mit sanften, beinahe schon hypnotischen Melodien ab. Verschiedene, sowas wie weltliche Stile (japanisch, indianisch, etc.) verbinden sich mit Elementen der Klassik als auch einer Art Pop. Zusammen sind auf diese Weise diabolische, melancholische … gesamt einfach nur tolle Sounds entstanden. Kyd versteht sein Handwerk auf jeden Fall und unterstreicht mit dem Soundtrack zu Darksiders 2 einmal mehr, dass ein Spiel nochmal so viel lebt und super faszinierend auf euch wirken kann, wenn das Lied zur Optik als auch zur – in dem Fall – sehr wichtigen Geschichte passt. Ganz nebenbei sei noch erwähnt, dass sich die Synchronsprecher, egal ob Deutsch oder Englisch, gescheit Mühe gegeben und den Figuren überzeugend die Worte in den Mund gelegt haben. Die Dialoge sind sinnig, offenbaren zig Geheimnisse, die es natürlich gilt für euch zu lösen und tragen somit nachhaltig die Ereignisse in Darksiders 2 gekonnt von Anfang bis Ende.
Wir bedanken uns bei unseren Kollegen von Insidegames.ch