Defense Grid, Savage Moon, Sol Survivor, Plants vs. Zombies, Anomaly – was haben diese Titel gemein? Sie alle gehören zur Gattung der sogenannten Tower Defense Spiele, in der es grunsätzlich darum geht, die eigene „Basis“ bzw. Seite durch den Bau von Verteidigungsanlagen vor anrückenden feindlichen Truppen zu schützen. Im Prinzip ähneln sich die meisten TD-Games daher sehr und wirkliche Innovationen sucht man meist vergebens. Trotzdem machen viele Vertreter dieses Genres dem eingefleischten Fan zumindest kurzzeitig Spaß, manche laden sogar zu hitzigen Multiplayergefechten oder Endlos-Modi ein und können auf lange Frist motivieren.
Das eben erschienene Defenders of Ardania aus dem Hause Most Wanted Entertainment macht da prinzipiell keine Ausnahme – bis auf die Tatsache, dass es schon nach dem Tutorial keinerlei Spaß mehr macht. Nein, selbst mit viel Liebe zum Genre und mit viel gutem Willen kann man bei DoA nur mit dem Kopf schütteln. Wie man bei so viel guten Vorlagen und einem grunsätzlich so einfachen Spielprinzip so viel falsch machen kann, ist uns ein absolutes Rätsel.
Aber fangen wir mal vorne an…
Tower Defense mal anders…
Startet man das Spiel zum ersten Mal, ist man durchaus positiv überrascht. Die Grafik wirkt hübsch, die Musik klingt stimmungsvoll und auch die gute englische Sprachausgabe weiß zu gefallen. Im Prinzip geht es um eine etwas abgedroschene Fantasystory: Untote treiben in Ardania ihr Unwesen – und ihr müsst sie aufhalten. Auf dem Weg durch die Kampagne erhält man im Lauf der Zeit Unterstützung von anderen Rassen – was im Prinzip sehr vielversprechend klingt und viel Abwechslungspotenzial bieten könnte…. welches aber leider zu 100% verschwendet wird. Denn DoA ist langweilig. Todlangweilig. Von Anfang bis zum Ende.
Per Tutorial wird man in die Steuerung und die Menüführung eingewiesen und stutzt hier vermutlich bereits zum ersten von vielen Malen… denn trotz vermeintlich einfacher Aktionen gelingt es viel zu selten, im richtigen Moment den richtigen Knopf zu erwischen. Zu umständlich sind die Buttons, die man in Reihenfolge drücken muss, um auch nur eine Einheit zu produzieren bzw. auf den Weg zur gegnerischen Basis zu schicken. Die Menüs scheinen willkürlich zusammengesetzt und ebenso willkürlich sind die Befehle darin versteckt. Hier wäre eine Art Aktionsrad sehr nützlich gewesen anstelle vieler einzelner Menüs.
Das alles wäre aber noch zu verschmerzen – würde das Spiel an sich überzeugen.
Von verschenktem Potenzial und Designpatzern
Die einzelnen Missionen sind sehr ähnlich aufgebaut. Zu Beginn erhält man einen kurzen Story-Fetzen, der mit guter Sprachausgabe begleitet und oft auch humorvoll vermittelt wird. Spätestens beim ersten Neustart wird man aber schon dadurch ernüchtert, dass man eben diesen Vorspann (der teilweise mehrere Minuten geht und dann nahtlos ins Spiel überleitet) nicht überspringen oder abbrechen kann. Nein, man muss sich die Erklärungen jedes Mal erneut anhören – einfach den Controller wegzulegen und nebenher die Küche zu putzen ist leider aber auch nicht drin, da das Spiel eigentlich bereits läuft und unmittelbar nach dem Vorspann beginnt. Nervig!
Die Karten sind an sich wiederum recht schön gezeichnet – wenn auch nichts Besonderes. Es gibt zwei Zoomstufen – die „weite“ Ansicht ist jedoch nicht weit genug, um wirklich die ganze Karte zu überblicken, die „nahe“ Ansicht hingegen so dermaßen nah am Geschehen, dass man damit überhaupt nicht spielen kann.
Optional lässt sich eine Art quadratisches Raster einblenden, das zum einen die begehbaren Wege der Einheiten zeigt, zum anderen auch anzeigt, wo man selbst Türme errichten darf. Und hier schlägt bereits wieder der Designteufel zu: Erstens ist das Einheitenlimit an Türmen strikt begerenzt (man kann in der Regel bereits in den ersten ein, zwei Minuten alle Türme bauen – danach geht nichts mehr), zweitens sind die Plätze, an denen ein Turm stehen kann, nicht nur unlogisch verteilt sondern ebenso limitiert und drittens kann man eigene Türme nicht von feindlichen Türmen unterscheiden! Nein, feindliche Türme stehen ebenso auf „grünen“ Feldern wie die eigenen. Lediglich das Hin- und Herschalten zwischen der eigenen Lebensenergie und dem Zuschalten (!) der feindlichen Anzeigen, zeigt einem, wo sich ein feindlicher Turm in den eigenen Reihen befindet. Was soll das denn bitteschön? Hätte dieser nicht wenigstens auf einem roten Rahmen stehen, eine andere Farbe haben oder zumindest eine andere FAHNE auf dem Dach haben können (XBox360)? Das nenne ich eine mächtig falsche Designentscheidung.
Inkonsequenzen am laufenden Bande
Diese Inkonsequenz zieht sich durch das gesamte Spiel und verschont nicht einen Bereich. Es reicht beispielsweise völlig aus, vollkommen unmotiviert immer und immer dieselben Einheiten auszusenden. Diese laufen von ganz alleine zur gegnerischen Burg – sofern sie diese erreichen – und werden dabei höchstens von feindlichen Einheiten oder Türmen aufgerieben. Nicht immer – denn oft laufen eigene Einheiten und Feinde einfach aneinander vorbei. Auf derselben Straße wohlgemerkt! Erst viel später merkt man, dass eine Einheit das Attribut „Angriffseinheit“ besitzen muss, damit sie auch wirklich kämpfen kann und nicht nur dazu dient, dem feindlichen Schloß ein paar Prozent Energie zu stehlen. Erklärt wird dieser Aspekt aber nirgends. Auch später, wenn es Flugeinheiten gibt und solche, die sogar Türme angreifen können, zuckt man lediglich mit den Schultern, denn zu diesem Zeitpunkt weiß man bereits, dass auch das keine Änderung im Gameplay mit sich bringen wird.
Und so spammt man Trupp für Trupp – und irgendwann ist das Spiel in der Regel gewonnen. Ausnahmen gibt es nur wenige. Mal muss ein bestimmter Charakter fallen (dann muss man ihn lediglich mit einem Kopfgeld markieren und Kampfeinheiten aussenden), mal müssen bestimmte Wegpunkte besucht werden (auch das geht per Knopfdruck).
Dabei gibt es eigentlich viel Potenzial! Wieso kann ich beispielsweise Soldaten, Krieger, Priester, Schurken, Zwerge etc. produzieren – wenn sich die Einheiten nicht gegenseitig unterstützen oder sich nennenswert voneinander in ihren Fähigkeiten unterscheiden? Man merkt irgendwann sehr schnell, dass man eigentlich nur „Priester“ produzieren muss. Diese sind zwar langsam, dafür aber stark, haben viel Energie, können sich und andere heilen und hauen ordentlich drauf. Alles in einer Einheit? Prima. Da muss man weniger denken, weniger tun….
Gleiches gilt für die Türme. Bogenschützen, Flächenangriff, Verlangsamungstürme… und keine einzige Innovation, keine neuen Ideen. Auch hier reicht es vollkommen aus, die Türme möglichst nahe an die Marschrouten des Feindes zu stellen – denn dieser ändert nicht einmal die Route, selbst wenn es einen freien, alternativen Weg gibt.
Letztlich kann man sich auch die spärlichen Aufrüstungsmöglichkeiten der Türme und Einheiten sparen, denn auch hier gibt es nichts zu knobeln oder zu feilen. Produziert man beispielsweise immer dieselben Einheiten, steigen diese automatisch irgendwann auf. Ab Level3 bekommt man als Belohnung für die Monotonie auch noch einen Helden, der beinahe alles zerlegen kann. Stirbt dieser, produziert man kurz darauf einfach einen neuen.
Kurzum: Bis kurz vor Ende der Kampagne wird man kaum gefordert. Es kann passieren, dass man verliert, weil man einen feindlichen Helden übersehen hat, der unbeschadet ins eigene Schloß spaziert ist. Aber verlieren, weil die KI clever spielt? Oder weil man selbst nicht clever genug war? Kommt nicht vor. Wie auch? Es läuft ja alles fast wie von alleine – während man selbst die gelangweilte Zuschauerrolle einnimmt.
Auch die wenigen strategischen Punkte wie Aussichtspunkte und Ressourcen sind vollkommen überflüssig – weil man diese ohne jegliche Probleme einnehmen kann und der Gegner nichts dagegen unternimmt oder gar die eigenen Stellungen gezielt angreift. Hier wirkt alles sehr willkürlich und zufallsbasiert.
Dabei klingt das alles gar nicht so schlecht! Aussichtspunkte? In der Praxis erweitern diese lediglich die Reichweite eines einzigen Turms. Ressourcen? Spülen einfach etwas mehr Gold auf´s Konto. Und das war´s auch schon. Rohstoffe abbauen? Nach Hause transportieren? Oder gar Verhütten und verarbeiten? Rüstungen und Schwerter bauen? Dörfer bauen, um neue Rekruten zu erhalten? Alles Fehlanzeige. Einmal durch´s komplizierte Menü geklickt und schon stapfen bis zu fünf neue Einheiten aus dem Burgtor. Instant. Natürlich – wir reden hier von Tower Defense und keinem Realtime Strategy á la Starcraft. Aber auch andere Vertreter des Genres schaffen es, zumindest Ressourcen spannend zu gestalten und zu lohnenswerten Zielen zu machen. In DoA ist es hingegen ziemlich egal, ob man nun 100 oder 120 Gold pro Zeiteinheit aufs Konto bekommt – man ist eh meist am Maximum.
Endlos-Modi und Multiplayer heben das Niveau – ein wenig.
Die Kampagne selbst wäre demnach allein eine Katastrophe. Immerhin bietet DoA noch zwei weitere Spielmodi – einen Endlosmodus und einen Onlinemultiplayer.
Um es kurz und schmerzlos zu machen: Der Endlosmodus wäre eine gute Idee gewesen, leider gibt es auch hier das dämliche Einheitenlimit an Türmen und so scheitert man zwangsläufig irgendwann, weil die Zahl der Türme nicht ausreicht. Hätte sich das Entwicklerstudio die Mühe gemacht, sich einmal den Endlosmodus von beispielsweise Savage Moon anzusehen (hier kann bei cleverer Spielweise irgendwann die gesamte Karte bebaut und Einheiten logisch aufeinander abgestimmt werden), hätte man hier schnell gemerkt, wo der Hase im Pfeffer liegt. Somit scheidet auch dieser Modus schnell aus – mehr als ein oder zwei Versuche wird niemand unternehmen.
Bleibt der Online-Modus, in dem gegen andere Spieler angetreten werden darf! Das klingt doch spannend! Ist es leider nur bedingt, da das Spiel so wenig strategischen Gehalt besitzt, dass man als erfahrenerer Spieler nur deshalb gegen Neulinge gewinnt, weil diese das Gameplay an sich noch nicht verinnerlicht haben. Hat man es hingegen mit einem Gegner zu tun, der bereits weiß, wann er welche Tasten zu drücken hat, wird die Partie früher oder später wohl unentschieden enden, weil es einfach zu keiner Entscheidung kommt. So senden beide Parteien endlose Wellen an Einheiten aus, die sich entweder gegenseitig ignorieren oder aufreiben – man baut seine 10, 15 Türmchen und hofft darauf, dass der Gegner in Wirklichkeit ein Schimpanse ist.
Nein…. auch der Multiplayermodus ist öde, da er keinerlei Neuerungen gegenüber dem Solo-Modus bietet. Immerhin reagiert der menschliche Widersacher darauf, wenn man ihm Türme zerstört oder Ressourcen wegnimmt… was zumindest ein wenig mehr Anspruch bietet.