Mass Effect Infiltrator für iOS im Test / Review

Vor allen in diesen Tagen weiß wohl jeder, der schon mal einen Controller in den Händen gehalten hat, wer Commander Shepard und was die Normandy ist. Das allseits hochgelobte Space-Epos, dass EA und Bioware da vor 5 Jahren mit „Mass Effect“ auf die Heimkonsolen gezaubert hatten, findet nämlich in diesen Tagen mit dem dritten Teil hoffentlich ein würdiges Ende und entführt den geneigten Weltraum-Bummler ein weiteres Mal in fremde Galaxien, um die Invasion der Erde durch die sogenannten Reaper ein für alle Mal zu verhindern. Quasi gemeinsam mit dem großen Konsolen-Bruder ist auch der Ableger „Mass Effect Infiltrator“ für Apple’s mobile Geräte erschienen und kommt, was große Versprechen angeht, nicht gerade zimperlich daher. Eine neue Dimension des iOS-Spielens soll es geben, dank wunderschöner Grafik und einer frei erkundbaren Spielwelt – so verspricht es zumindest die Spielebeschreibung. Gelingt dem spacigen Shooter mit Rollenspiel-Elementen der Sprung auf die zugegebenermaßen kleine Smartphone-Leinwand, oder handelt es sich hierbei lediglich um einen kostspieligen Marketing-Gag? Findet’s heraus in unserem Test.

In „Mass Effect Infiltrator“ spielt ihr Randall Ezno, einen Agenten der Cerberus-Organisation. Nachdem Ezno von den finsteren Plänen seines Arbeitgebers erfährt, wendet er sich kurzerhand gegen ihn und macht sich außerdem auf, um seine Freundin Inari und andere Gefangen aus der Cerberus-Basis zu retten. Mehr gibt es zur Story nicht zu sagen, denn abgesehen von ein paar nichts aussagenden Konversationen über Funk zwischen den Kämpfen gibt es nichts, was diese in irgendeiner Art und Weise vorantreibt, geschweige denn zu einer Art finalem Höhepunkt kommen lässt. Gelingt euch die Rettung, dann hat das positiven Einfluss auf den sogenannten „Galactic-Readiness-Wert in „Mass Effect 3“, was das Freischalten exklusiver Waffen zur Folge hat. Das ist ganz nett, wer aber nicht vorhat, sich den dritten Teil der Saga zuzulegen, dem kann das völlig egal sein.

Mit Rollenspiel-Gameplay á la „Mass Effect“ hat „Infiltrator“ nichts mehr zu tun. Interaktion mit anderen Spielfiguren – Pustekuchen. Freies Erkunden und Entdecken der Spielwelt – nix da. Zwar könnt ihr euch in den einzelnen Arealen frei bewegen, am Ende führt jedoch nur ein Weg zum Ziel. Schlauchartiges Leveldesign sei als Stichwort genannt und gerade durch das Gegenteil zeichnen sich die Konsolenableger aus. Kurzum: „Infiltrator“ ist ein ziemlich reiner Shooter. Aber ok, das führt noch nicht zu Punktabzügen, schließlich ist der Titel auch als Third-Person-Shooter angekündigt worden. Ihr betretet ein neues Areal, Gegner spawnen, Deckung suchen, Feuern, eine biotische Kraft einsetzen, Waffe wechseln, feuern, fertig. Nach jedem Gefecht gibt es eine Kampf-Analyse, in der ihr nach Style, Zeit und Gesundheit bewertet werdet. Style-Punkte bekommt ihr durch den besonders vielfältigen Einsatz eurer Waffen und Fähigkeiten. Beispiel: Ihr zerstört durch einen Nahkampf-Angriff den Schutzschild eines Gegners, wechselt dann zur Schrotflinte und verpasst ihm den Rest, um gleich danach einen weiter entfernt stehenden Bösewicht mit der biotischen Fähigkeit „Ziehen“ in eure Richtung zu zerren und erschießt, während sich der arme Alien noch am Boden windet, einen Dritten.

Zur Auswahl habt ihr 4 Waffen: Das Sturmgewehr, die Schrotflinte, ein Scharfschützengewehr und eine Art Laserstrahl. Ergänzt wird dieses Repertoir durch eure biotischen Fähigkeiten, vergleichbar etwa mit der „Macht“ aus Star Wars: Gegner heranziehen, umherschleudern, einen tödlichen Wirbel erzeugen und mehrere zielsuchende Geschosse abfeuern. Die meisten dieser Features und Waffen müsst ihr nach und nach im Shop von den Credits kaufen, die ihr bei jeder Kampf-Analyse gutgeschrieben bekommt. Dieses System funktioniert ganz gut und hat uns gefallen, bleibt aber, was das Spielkonzept angeht, der einzige Lichtblick, denn ansonsten kommt einem der Weltraum-Shooter-Wulst vor wie Fließbandarbeit: Laufen, in Deckung gehen, schießen, laufen… usw. Auch der obligatorische Tarnmantel kann nicht über die Eintönigkeit hinwegtäuschen.

Kann das Spiel denn zumindest das visuelle Versprechen einhalten? Zur Erinnerung: „Infiltrator“ soll eine wahre iOS-Grafik-Offenbarung sein. Und tatsächlich ist es ein wirklich gut aussehendes Spiel. Vergleichbares hat man zuletzt z.B. in „Infinity Blade II“ gesehen, was dem Spiel einerseits natürlich hoch anzurechnen ist, andererseits aber auch beweist: Neu ist das nicht. Das sollte aber keineswegs als Kritik aufgefasst werden – es ist nur eine Feststellung. Abseits davon sehen Explosionen und Treffer an Gegnern nämlich super aus, die Bewegungen des Protagonisten sind lebensecht animiert und die Texturen sind ein Augenschmaus. Lediglich die Framerate könnte an manchen Stellen etwas höher sein und das Spiel ein bisschen flüssiger laufen lassen, deshalb gibt’s von uns eine 1 ohne Sternchen.

Der Sound konnte uns genauso überzeugen. Wer die Konsolenversionen mal angezockt hat, der kam in den Genuss eines tollen Soundtracks, der eine wesentliche Stütze des atmosphärisch dichten Weltraum-Abenteuers darstellt. Die Musik in „Infiltrator“ ist da nicht anders. Je nachdem, ob ihr euch gerade im Gefecht befindet, oder mehr oder weniger entspannt in der Gegend umherlauft, variiert der Soundtrack zwischen reißerischem Action-Getöse und entspannenden Sphären-Klängen ganz so, wie man es von „Mass Effect“ kennt. Die Soundeffekte tun ihr übriges. Lediglich die Synchronisation kommt einer Top-Bewertung zuweilen ein bisschen in die Quere, wenn Randall‘s Sprecher mal wieder ein bisschen zu emotions- und antriebslos in euer Ohr grummelt.

Nach toller Grafik- und Soundwertung kommt es, wie es kommen muss: Die Steuerung ist alles andere als top. Grundsätzlich hätte das alles eigentlich ganz gut funktionieren können. Durch Fingerbewegungen auf der linken Bildschirmseite lasst ihr Mr. Ezno in alle Himmelsrichtungen laufen und durch Wischen auf der rechten Hälfte schaut ihr euch um. Befindet ihr euch an einer Wand etc. geht ihr durch einen Fingerslide nach oben in Deckung. Diese kann der Held durch Wischen in die entsprechende Richtung dann verlassen, wechseln oder überspringen. In den Ecken befinden sich Icons, bei deren Berührung ihr durch eure Waffenauswahl, Biotics und Fähigkeiten scrollen könnt. Gegner visiert ihr mit einem Tip an, das genaue Anvisieren erfolgt dann im Zoom durch Wischbewegungen. So weit, so gut. Leider reagierte die Steuerung während unseres Tests unzählige Male sehr ungenau und hakelig; Randall hechtete wieder und wieder unkontrollierbar aus der Deckung und starb nach wenigen Treffern im Kreuzfeuer der Gegner. Außerdem klappte das Anvisieren der Gegner leider auch nicht immer so, wie wir es wollten. Dynamisches Kämpfen wird so mehr oder weniger zum Glücksspiel. Außerdem verdecken die Finger oft das halbe Spielgeschehen und versperren so den Blick auf die hübsche Grafik. All das wird schnell frustrierend und hat uns den Home-Button öfter betätigen lassen, als wir uns gewünscht hätten. Schade.