Dead Space Extraction REVIEW

    Dead Space Extraction REVIEW (PS3-Fassung)

    Tot Raum Beseitigung in HD?

    Wer die aktuelle HD-Konsole von Sony sein Eigen nennt und (falls nicht schon geschehen) mit dem Kauf von Dead Space 2 liebäugelt, wird wie so oft auf eine sogenannte „Limited Edition“ stoßen. Nun ist es meist leider so, dass die Bonusinhalte der limited editions eher ein müdes Gähnen als euphorische Jubelstürme auslösen.

    Für die LE von Dead Space 2 hat sich Visceral jedoch etwas ganz Besonderes ausgedacht und das HD-Remake des Wii-Shooters „Dead Space extraction“ mit auf die Blaustrahlscheibe gepackt. Alternativ kann der Move-Shooter auch im PSN separat erworben werden.

    Doch lohnt sich die Anschaffung? Handelt es sich hierbei um einen lieblosen Port oder eine aufgehübschte HD-Fassung mit Move-exklusiven Features?


    Dead Space zero?

    Dead Space Extraction spielt vor den Ereignissen von Dead Space 1, erzählt also sozusagen die Vorgeschichte, die den beiden hervorragenden Teilen zugrunde liegt. Die Story beginnt mit der Bergung des sogenannten „Markers“, der zunächst für ein außerirdisches Artefakt gehalten wird. Man schlüpft dabei unvermittelt in die Haut eines Ingenieurs (nein, nicht Isaac Clark) und lernt in den ersten Minuten des Spiels in Form eines interaktiven Tutorials die grundlegenden Funktionen des Spiels.

    Außen Pfui, innen hui?

    Ohne an dieser Stelle auf die Wii-Version eingehen zu wollen, fallen sofort zwei Dinge auf: Der Sound und die Storyführung sind hervorragend! Sämtliche Dialoge und Texte sind perfekt in englischer Sprache vertont und mit atmosphärisch dichten Soundeffekten untermalt. Auch die Musik ist stimmig und erschafft ein unheimlich spannendes Ambiente. Hier kommt gleich von der ersten Minute an Stimmung auf!

    Zweitens: Die Optik ist, gelinde gesagt, unterdurchschnittlich. Zwar wurde die Auflösung auf HD-Niveau angehoben, man sieht dem Spiel allerdings an jeder Ecke seine Wii-Wurzeln an – und das ist wortwörtlich gemeint. Grob modellierte Objekte, eckige und kantige Landschaften und Umgebungen, Charaktermodelle auf PS2-Niveau, die zwar ansprechend animiert, von Dead Space 2 aber Lichtjahre entfernt sind. Auch die Texturen, die wohl laut Aussage des Entwicklerteams nochmal ordentlich überarbeitet wurden, lassen zu wünschen übrig. Da matscht und pixelt es an allen Enden – HD sieht jedenfalls anders aus.

    Doch wie spielt sich dieser schizophrene Mix aus erstklassigem Sound und drittklassiger Optik? Können Story und Gameplay den wichtigen ersten Eindruck auf Blockbuster-Nivau hieven?

    I like to move it, move it!

    Dead Space Extraction ist ein reinrassiger Rail-Shooter, der vollständig über Playstation Move gespielt wird. Wer sich den Navigationcontroller für die linke Hand bereits gekauft hat, darf sich freuen – dieser wird voll unterstützt und erleichtert das Spiel ungemein. Auch super: Ein gut funktionierendes „drop-in-drop-out“ System ermöglicht es einem zweiten Spieler jederzeit, dem Spiel beizutreten oder dieses auch wieder zu verlassen, ohne das Spiel dafür beenden zu müssen. Leider nur lokal, eine Onlinefunktion sucht man vergebens. Die Handhabung der Movesteuerung geht dabei prinzipiell in Ordnung und manche Features sind sogar beinahe genial. So lässt sich das Fadenkreuz des Plasmacutters drehen, indem man einfach den Move-Controller um 90° dreht. An manchen Stellen ist der Einsatz von „Glühwürmchen“, auch als „Schüttel-Licht“ bekannt, möglich. Hier schüttelt man ersatzweise den Controller und sorgt damit für Licht im Dunkel. Auch der clevere Einsatz des Move-Controllers bei diversen Minispielchen überzeugt: Hier müssen mit ruhiger Hand inmitten des tobenden Chaos ein Schweißbrenner geführt und elektrische Knotenpunkte verbunden werden, um beispielsweise defekte Türen oder Schließmechanismen zu überbrücken. Toll!

    Wackel doch nicht so!

    Aber wo Licht ist, sind eben auch Schatten. So sensibel und lagfrei die Move-Steuerung auch reagiert, die Kalibrierung ist eine mittelschwere Katastrophe. Während man beispielsweise bei Killzone 3 zunächst die Leuchtkugel auf die Kamera richtet und dann in zwei Bildschirmecken zielen muss, um der Kamera auch einen Tiefeneindruck zu vermitteln, begnügt sich Dead Space Extraction damit, den Spieler lediglich einmal auf die Kamera zielen zu lassen. Damit ist der Kalibrierungsvorgang abgeschlossen! Dass das nicht funktionieren KANN, weil eben nicht jeder Spieler exakt denselben Fernseher in derselben Größe bei der selben Sitzentfernung hat, dürfte jedem halbwegs technisch versierten Spieler klar sein. Genauso spielt sich das Ganze dann leider auch – von „Zielen“ kann hier keine Rede sein… man benutzt letztlich den Move-Controller nur zum „Verschieben“ des Fadenkreuzes auf dem Screen aber ein Anvisieren, wie es in anderen Move-Shootern möglich ist, fällt hier flach. Zu allem Ãœberfluß neigt der Cursor vor allem nach Zwischensequenzen dazu, „abzuschmieren“ und langsam aus dem Bild zu wandern. Selbst wenn man den Controller still vor sich auf den Tisch legt, beeindruckt das den Cursor wenig. Hier hilft nur eine Rekalibrierung, die leider in manchen Momenten völlig den Dienst versagt.

    Catch me if you can!

    Das Alles wäre noch halbwegs erträglich, wenn zumindest ein ruhiges Zielen möglich wäre! Leider ist das Spiel von Anfang bis Ende mit einer völlig übertriebenen Wackelkamera ausgestattet, die eher an Blair-Witch-Project als an übliche Railshooter erinnert. So passiert es leider viel zu oft, dass man seine kostbare Munition wirkungslos in die Wände dübelt, weil es der Kamera kurz vor dem Abdrücken einfällt, einen hysterischen Schluckauf zu entwickeln. Was soll das? Auch das Einsammeln umherliegender Ausrüstungsgegenstände wie Munition oder Healtpacks wird so zum Glücksspiel. Zwar wurden wie auch in Dead Space 1 & 2 die beiden Fähigkeiten „Stase“ und „Kinese“ auch in Extraction integriert, leider ist zumindest die Kinesefähigkeit völlig für die Katz, da aufgrund der wackeligen Kamera das Greifen selbst großer Kontainer beinahe unmöglich wird.

    Im Endeffekt ballert man also wild drauf los, in der Hoffnung, „irgendwas“ zu erwischen. Bei einem Shooter, der von Munitionsknappheit und dem taktischen Verstümmeln der Gegner durch präzise Schüsse lebt, ist das aber ein absolutes No-Go. Ja, es gibt Momente in denen man in Ruhe zielen oder sogar gezielt mehrere Objekte per Kinese einsammeln kann. Diese wechseln sich dann aber wieder mit derart hektischen Kameraschwenks ab, dass man irgendwann nur noch genervt versucht, im Hauptmenü den Quit-Button zu treffen.

    Jetzt haltet doch alle mal endlich die Schnauze!

    So packend die Story an sich auch inszeniert ist, so hervorragend die Synchronsprecher ihre Arbeit verrichten und so genial die Idee sein mag, das Spiel episodenweise zu erzählen (nach jeder Episode wechselt der Protagonist, bis irgendwann alle Handlungsstränge in einem spannenden Finale zusammenlaufen), so nervig sind auch die interaktiven Zwischensequenzen. Erstens treten diese viel zu häufig auf – in manchen Kapiteln hat man beinahe das Gefühl, als unbeteiligter Statist dabei zu sein, der ab und zu mal an einem Nekromorph vorbeischießen darf. Zweitens sind die Sequenzen viel zu lang. Minutenlange Gespräche, zähe Ãœberleitungen in Form von Gewaltmärschen durch bereits bekannte Gebiete, in denen man nichts weiter tun darf, als ab und zu mal auf gut Glück ein Healthpack aus einer Mülltonne zu fischen (wtf….?!) und stundenlanges Geplärre, Gezeter und Gejammer lassen die einzelnen Kapitel oft zur Geduldsprobe werden. Drittens können diese Sequenzen auch bei wiederholtem Spielen der selben Kapitel nicht abgebrochen oder abgekürzt werden. Das nervt! Und zwar tierisch!


    I need a challenge!

    Neben der Kampagne gibt es auch noch einen sogenannten Challenge-Modus, bei dem es nicht auf Story sondern auf schnelles Reaktionsvermögen ankommt. Hier gilt es, immer stärker werdender Gegnerwellen Herr zu werden und sich bis zum Ende der Challenge durchzuschlagen. Und dieser Modus macht seinem Namen alle Ehre. Wer hier nicht präzise mit jedem Schuß einen Treffer landet, wer seine insgesamt 10 möglichen Waffen (von denen man maximal 4 gleichzeitig mit sich führen kann) nicht aufgerüstet und verinnerlicht hat und wer nicht jede, aber auch wirklich jede Feuerpause dazu nutzt, möglichst viele Waffen nachzuladen, findet sich schnell mit dem Gesicht nach unten auf der matschigen Bodentextur wieder. Dieser Modus macht eigentlich sogar recht viel Spaß, so lange die Kalibrierung der Movesteuerung nicht das Zeitliche segnet. Hier kommt dann stellenweise sogar regelrechtes old-school-Spielhallenfeeling auf, vor allem wenn man mit einem ebenso flinken Partner im Coop spielt.

    Leider rettet der Coop-Modus das Spiel nicht aus der Mittelmäßgkeit. Eine bessere Kalibrierung, optional abkürzbare Zwischensequenzen und eine zumindest justierbare Wackelkamera hätten dem Spiel mehr als gut getan – es wäre dringend nötig gewesen.

    So ist Dead Space Extraction eine nette Beigabe zur limited edition von Dead Space 2, einen Kauf der PSN-Version würde ich jedoch nur absoluten Dead Space Fanatikern empfehlen.

    Wer sich selbst ein Bild machen möchte, kann übrigens das erste Level kostenlos aus dem PSN beziehen.

    Wertung: 55 %