Ihr werdet Returnal lieben, weil das Spiel so unfassbar in seinen Bann zieht. Und: Ihr werdet Returnal hassen, weil es euch regelmäßig in den Wahnsinn treiben wird. Was es genau mit dieser Hass-Liebe auf sich hat, das erklären wir euch hier im Test!
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Für diesen Test spielten wir Returnal auf Playstation 5. Das Spiel ist seit 30. April exklsuiv für PS5 erhältlich.
Kennt ihr den Film Live Die Repeat alias Edge of Tomorrow mit Tom Cruise? Falls ja, dann habt ihr sehr schnell eine Vorstellung davon, was euch im Videospiel Returnal von Housemarque erwartet. In diesem Rogue-Like-Bullet-Hell-Shooter sterbt ihr mitunter so schnell und so oft, dass ihr schon sehr früh aufhören werdet, eure virtuellen Tode zu zählen. Vergebens sind sie aber alle nicht, denn es geht immer ein kleines Stückchen weiter vorwärts im Gesamtkontext.
Aber…
… von vorne
Der Start von Returnal wirkt ziemlich überrumpelnd. Große Erklärung gibt es fürs Erste nicht. Wir schlüpfen in die Rolle der Weltraumpilotin Selene und erleben ihren Absturz über dem Planeten Atropos. Nach dem Crash wachen wir auf dem mysteriösen Planeten auf und stellen schnell fest, dass wir in einer Zeitschleife gefangen sind. Nach jedem virtuellen Tod folgt die kurze Sequenz des Absturzes und des Aufwachens, bevor wir uns wieder an der Absturzstelle wiederfinden.
So richtig schlau wird man anfangs aus all dem nicht wirklich, aber schon bald findet man alte Logbücher, die ein klein wenig Licht ins Dunkel bringen. Garniert wird diese fragmentierte Erzählweise durch kleine Rendersequenzen, die den Spielfluss erfrischend auflockern. Was es mit all dem auf sich hat, spoilern wir an dieser Stelle natürlich nicht. Nur so viel sei verraten: Hinter Selene, dem Planeten und der Zeitschleife steckt mehr, als es im ersten Moment den Anschein hat. Fans der Genre Sci-Fi und Mystery kommen dabei voll auf ihre Kosten.
Mit jedem neuen Start ändert sich die Spielwelt. Die Abschnitte des Planeten sind auf der Minimap durch Tore markiert, durch die ihr hindurch tretet. Manche stehe vom Start weg offen, andere beherbergen wertvolle Ressource, und wieder andere sind vorerst verschlossen. Die Welt wird dabei nicht komplett prozedural generiert, sondern mit jedem neuen Anlauf ändert sich eher die Anordnung der Areale. Je nachdem, wie oft man also bereits das Zeitliche gesegnet hat, stellt sich ein Wiedererkennungswert ein.
Die Progression seit dem letzten Anlauf ist also nicht vollends flöten. Dies gilt auch für etwaige Items innerhalb des Spiels. Das Meiste verliert ihr, aber eben nicht alles. Mal schaltet ihr ein neues Artefakt frei, das dann im nächsten Versuch von einem Gegner droppen kann oder es ist gleich eine ganz neue Waffe, die ihr mitnehmen dürft. Grundsätzlich hegt es Returnal aber, wie es sich für ein Rogue-Like gehört: Sterbt ihr, ist beim Neustart eben fast alles wieder auf 0 gedreht.
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Shoot & Dash
Dazu zählt auch, dass ihr im Verlauf ganz neue Manöver und Angriffsarten kennenlernt. Etwa der Dash, der euch während des Ausweichens unverwundbar gegenüber feindlichen Projektilen macht. Mit dem Schwert, das ihr bereits im ersten Biom (= Spielwelt) ergattert, könnt ihr diese sogar unschädlich machen. Alle Angriffe und Skills müsst ihr in perfekter Weise beherrschen, denn Returnal ist unverzeihlich. Housemarque wusste schon in der Vergangenheit, wie man Spieler:innen ins Schwitzen bekommt und das hier ist mitnichten eine Ausnahme. Die Kämpfe in den einzelnen Abschnitten sind Bullet-Hell in bester Art und fordern gerade anfangs extrem viel Geschick ab. Das Gute daran ist, dass ihr mit jedem neuen Anlauf sicherer und mutiger werdet. Versucht man erst, sich hinter Bäumen oder sonstigen Umgebungsobjekten in Sicherheit zu bringen, lauft ihr einige Zeit später todesmutig durch das nächste Tor und nehmt es direkt mit mehreren Gegnern gleichzeitig auf, während ihr munter durch die Gegend springt und boostet.
Die Gegnertypen in diesem Playstation Exklusivtitel ähneln einen Mix aus Matrix und Alien. Neben den typischen Standardfeinden kommen später schon deutlich stärkere Baumwesen, die sich über Distanzen teleportieren können und enorm viel Schaden austeilen. Geschütztürme sind oftmals mit einem Energiefeld geschützt und sofern ihr keine Nahkampfwaffe besitzt, könnt ihr nichts anderes machen, als ihren Energiegeschossen auszuweichen. Hier und da lauern Zwischenbossen und am Ende jedes der insgesamt 6 Biome ein Endboss. Und hier muss man ganz genau abwägen, wie man diesen extrem starken Gegnern entgegentritt.
Verantwortlich dafür ist der Adrenalin-Level. Besiegt ihr Feinde, steigt dieser in mehreren Stufen an. Mit jeder neuen Stufe schaltet ihr dann neue Features der Waffe frei, die ihr mit euch führt. So gibt es bei Stufe 1 beispielsweise für die Standardpistole eine zielsuchende Rakete, ab Stufe 2 erkennt ihr Feinde schon aus großer Distanz usw. Der Clou dabei ist, dass der Adrenalin-Level mit einem Treffer sofort wieder auf 0 sinkt. Was das heißt, könnt ihr euch in etwa ausmalen. Purer Stress, ohnehin wenige Hitpoints und dann reicht eine kleine Unaufmerksamkeit, um bis hierhin erzielte Adrenalin-Fortschritte wieder zu resetten. Kurzum: Jeder Treffer tut höllisch weh!
Jeder Fehltritt tut spürbar weh
Und genau das meinen wir mit dem oben erwähnten Abwägen. Erreicht man den Endboss und stirbt, dann gibt es im Spiel Abkürzungen durch Portale, so dass man mitunter nur wenige Spielminuten benötigt, um wieder vor dem Endfight zu stehen. Das hat allerdings die Konsequenz, dass wir keinerlei Goodies und Upgrades für die Waffe mit in den Kampf nehmen können. Und mehr als ein Mal mussten wir feststellen, dass eine Standardwaffe ohne Upgrades völlig undienlich ist bei den Endkämpfen.
Apropos Waffe, ihr könnt immer nur eine Waffe mit euch führen. Hier und da findet man Kisten, die neue Ballermänner freilegen und dann muss man weise wählen, welche Wumme man mit sich führen will. Eine Anzeige offenbart, welche Boni mit steigendem Adrenalin-Level auf euch warten. Unser Favorit war stets die Waffe, die zielsuchende Geschosse mit sich bringt. So kann man selbst in hektischen Situationen einfach mal auf gut Glück in die nähe des Gegners zielen und man landet einen Hit. Dazu gesellt sich ein Powerschuss, der allerdings einige Zeit benötigt, um sich erneut aufzuladen. Mit dem sekundären Feuermodus entfesselt man ein bildschirmfüllendes Gewitter todbringender Geschosse, die oft ganze Horden an Gegnern auslöschen können. Extrem wertvoll wird der 2te Feuermodus dann bei Zwischen- oder Endbossen. Weniger oft nutzten wir die Schrotflinten, weil man mit diesen schon wirklich nahe an Feinde heran muss, um wirkungsvolle Treffer zu erzielen. So oder so: Jede Waffe hat ein Magazin und sobald alle Kugeln verballert sind, muss man kurz warten, bis dieses automatisch nachgeladen ist. Wer zu viel und zu schnell den Trigger benutzt, der riskiert eine Fehlfunktion.
Und auch diese sind nicht ohne und der nächste Stein, den euch Returnal vor die Füße wirft. Im Spiel versteckte Kisten können nicht nur Waffen, sondern auch Artefakte bieten, die grundsätzlich euren Raumanzug aufwerten. So wird beispielsweise bei niedrigen Hitpoints immer ein klein wenig HP zurückgewonnen. Allerdings besteht euch die Möglichkeit einer Fehlfunktion, die nicht nur extrem nervig ist, sondern die auch noch stapelbar sind. So etwa, dass die Waffe nur noch 30% des eigentlichen Schadens macht. Abhilfe schafft hier das Reinigen solcher Artefakte oder das Erfüllen kleinerer Nebenaufträge (z.B. erledige 20 Feinde). begebt euch niemals mit einer Fehlfunktion in den Raum eines Bosses, ihr werdet es bitter bereuen!
Endlich Next-Gen
Mit Returnal scheint man nun auch vollends da angekommen zu sein, wo man mit der Playstation 5 hin möchte. Die grafische Gestaltung aller Biome mit all ihren Eigenarten, Gegnertypen und Bewucherungen ist eine einzige Wucht. Die Licht-, Schatten- und Nebeleffekte sorgen für anhaltende Gänsehaut und kokettieren mit den Gefühlen der Spieler:innen. Raytracing wird bei jeder einzelnen Energiekugel groß geschrieben, wenn sich Spiegelungen an den Wasseroberflächen tummeln und die Augen groß werden lassen. Und die Anzahl an Partikeln ist so extrem hoch, dass man gar nicht mehr wegsehen kann. Bei all dem Effekt-Gewitter bleibt die Framerate immer konstant bei 60 Bildern pro Sekunde, völlig egal, ob ihr in 1080p oder 4K spielt.
Gleichwohl wurden die neuen Funktionen des DualSense-Controllers nahtlos mit ins Spielgeschehen geflochten. Gelegentliche Sounds, etwa bei aufgeladenem Special der Waffe, ertönen aus den kleinen Lautsprechern und liefern wichtige Zusatzinfos. Bei jeder Bewegung von Selene spürt man förmlich den Untergrund, mal Pfützen, mal dichter Waldboden, mal harter Stein. Bei normalem Abfeuern der Waffe könnt ihr L2 halb drücken, um mit der Waffe leichter zu zielen. Der Trigger sperrt hierbei und ihr müsst ihn feste drücken, um den alternativen Feuermodus zu aktivieren. Eine Funktion, die anfangs ungewohnt, aber dann sehr schnell in Fleisch und Finger überging und schlussendlich verdammt gut gelöst ist.
Nicht ganz perfekt
Trotz aller berechtigter Lobhudelei gibt es in Returnal auch Dinge, die nicht ganz stimmig sind. So bemerkt man ab einem Dutzend Re-Runs dann doch, dass die prozedurale Welt in Wahrheit keine ist, sondern sich die Räume eher aneinanderreihen. Ein Wiederholungseffekt tritt hier deutlich schneller ein, als bei ähnlichen Rogue-Likes. Außerdem sind wir nicht vollends vom System der Fehlfunktionen überzeugt. Der ohnehin knackige Schweregrad wird hierbei nochmals deutlich erhöht und oft sind die zu erledigenden Aufgaben zum Abschütteln der Fehlfunktion einfach zu schwer.
Was aber wirklich nervt ist die fehlende Speicherfunktion. Im Grunde bedeutet dies, dass ihr den Run komplett spielen müsst, sofern ihr keinen Fortschritt verlieren möchtet. Muss es doch mal eine Spielunterbrechung sein, dann hilft nur der Ruhemodus der Konsole. Natürlich kann man hier argumentieren: Hey, das ist schließlich ein Rogue-Like! Ja klar kann man das, aber nicht jede:r von uns hat mal eben so mehrere Stunden am Stück Zeit für ein Videospiel. Und es ist wirklich verdammt ärgerlich, wenn man mühsam alle möglichen Upgrades eingesammelt hat und dann den Run beenden muss. Der Ruhezustand funktioniert, aber wirklich innovativ ist das nicht.
Fazit
Returnal ist einfach großartig! Wir waren ab der ersten Sekunde gefesselt und etliche Stunden später noch immer im Bann der Zeitschleife gefangen. Mit der Zeit lernt man die Eigenarten des Spiels kennen und zu schätzen. Läuft man zu Beginn noch orientierungslos umher, tanzt man später wie selbstverständlich durch den feindlichen Kugelhagel. Die bombastische Optik umarmt das flüssige Gameplay und lässt Returnal zu einer artistischen Choreografie harmonieren.