Loop Hero hat aus dem Nichts eingeschlagen wie eine Bombe. Schon kurz nach Release verkaufte sich der von Devolver Digital gepublishte Indie-Hit des Entwicklerstudios Four Quarters für Windows, MacOS und Linux auf Steam, GOG, Humble und bei Epic wie geschnitten Brot. Mittlerweile sollen über 500.000 Kopien über die virtuellen Ladentische gegangen sein, die Bewertungen der User:innen überschlugen sich, die „nur noch eine Runde“-Spirale bis in die frühen Morgenstunden, wie man es etwa von der Civilization-Reihe kennt, sorgte bei vielen für etliche Stunden auf dem Spielzeitticker. Von einem Suchtfaktor „wie bei Crack“ war schon zu lesen.
Aber: Loop Hero hat ein Problem.
Doch dazu später mehr.
Worum geht es bei Loop Hero überhaupt?
Loop Hero ist eine (mehr oder weniger bunte) Mischung aus verschiedenen Zutaten: eine Portion Idle-Game (wer übrigens mal die Mutter aller Idle-Games begutachten möchte, sollte unbedingt mal beim satirischen Klassiker Progress Quest einen Blick riskieren), ein Schuss Rogue-lite-Rollenspiel, ein wenig Spielkartenstrategie mit selbst zusammen gestellten Decks. Optik und Musik sind ein Kind der Liebe zwischen Ultima V und Ghosts ’n Goblins aus den 1980ern: Pixelig, düster und stimmungsvoll. Das Ganze garniert mit einem (abschaltbaren) grafischen CRT-Filter.
Was gibt’s zu tun?
Auf den ersten Blick nicht viel: Der einfarbige Helden-Avatar läuft, gerade mal ein paar Pixel hoch, ausgehend von einem Lagerfeuer, auf einer Straße im schwarzen Nichts im Kreis. Selbst steuern kann man ihn, das ist zunächst ungewohnt, nicht. Auf dem Weg begegnet ihm der erste Gegner: ein Schleim. Das Kampffenster ploppt auf, hier sehen wir im JRPG-Stil unsere Heldenfigur links, den oder die Gegner rechts. Auch hier können wir nicht eingreifen, der Kampf läuft automatisch ab. Ist der Gegner verdroschen, schließt sich das Fenster und unser Pixelfigürchen setzt den Weg unbeirrt fort, bis es wieder am Lagerfeuer ankommt, man stirbt oder beschließt, die Runde zu beenden und sich bis zur nächsten Runde in sein Lager zurückzuziehen.
Während die Figur läuft, vergeht anhand eines Balkens dargestellte Zeit. Ist der Balkon voll, beginnt ein neuer Tag und neue Gegner spawnen. Ist eine Runde (ein „Loop“) beendet, werden die Gegner stärker.
Und das soll Spaß machen? Ja, tut es!
Denn die Gegner lassen nach ihrem Ableben Loot fallen. Das sind dann entweder Ausrüstungsgegenstände, Ressourcen, mit denen wir später unser Lager aufrüsten können oder Landschafts-Tiles in Form von Spielkarten. Und hier wird es spannend: Mit den Spielkarten baut man die Spielwelt in das die Straße umgebende schwarze Nichts: Landschaft wie Berge, Wiesen, Wälder sowie Dinge, die uns auf dem Weg begegnen sollen: Friedhöfe, Sümpfe, Vampirvillen, Laternen und so weiter. All diese Karten haben Effekte: platziert man eine Wiesen-Kachel, bekommt dafür am Beginn jeden Tages um zwei Hitpoints Heilung geheilt. Für jede Fels- oder Bergkachel erhält man ein Prozent mehr Hitpoints.
Manche Karten haben Synergie-Effekte: Platziert man eine Wiesenkachel neben einem beliebigen anderen Landschaftskarte, erblühen Blumen auf der Wiese und man erhält nun drei statt nur zwei Hitpoints am Tagesbeginn.
Wechselwirkungen
Ein schönes Beispiel für Synergien sind die bereits erwähnten Vampirvillen. Diese werden am Straßenrand platziert und sorgen bei einem Kampf auf umliegenden Straßenfeldern dafür, dass den dort herum wuselnden Gegnern ein Vampir zur Seite steht. Es geht allerdings noch weiter: Auf der Straße kann ich eine Dorfkarte ablegen, die ein paar Lebenspunkte heilt, wenn man sie passiert. Baut man vor und hinter das Dorf noch Weizenfelder, erhöht das den Effekt. Sollte ich allerdings auf die Idee kommen, direkt neben am Straßenrand neben dem Dorf Graf Dracula einziehen zu lassen, verwandelt das Dorf sich in eine Brutstätte für Ghoule und sorgt unter Umständen bei der nächsten Runde für blutige Nasen, aber auch für Loot und Erfahrungspunkte.
Viele Karten haben auch von Haus aus positive und negative Effekte gleichermaßen, da heißt es abwägen. Die erwähnten Dörfer und Weizenfelder heilen nicht nur, sie drücken einem auch lästige zu erledigende Minibosse aufs Auge, und in den Weizenfeldern spawnen garstige Vogelscheuchen. Es soll ja nicht zu gemütlich werden…
Aufhören, wenn es am Schönsten ist
Die Runde beginnt und endet am Lagerfeuer, dort kann man auch den strategischen Schluss fassen, den Durchlauf mit allen eingesackten Bau-Ressourcen fürs heimische Lager zu beenden oder noch eine weitere, mit jedem Loop schwerere Runde um den Block zu machen. Sollte man unterwegs in Gras beißen oder vorsichtshalber die Reißleine ziehen, verliert man einen großen Teil des gesammelten Krams, aber völlig umsonst war es immerhin nicht.
Und hier kommt dann auch der Rogue-Lite-Aspekt ins Spiel, denn mit den gesammelten Ressourcen verbessert man im Metaspiel sein Camp und damit die Chancen für den nächsten Durchgang. Man erbaut damit Gebäude, die einem beispielsweise neue Klassen und Spielkarten für das Deck freischalten.
Wenig Überraschungen
Das motiviert, allerdings hat es auch einen Haken: Mittelfristig läuft das Spiel auf recht stumpfes Ressourcen grinden heraus, und dabei hantiert man zu lange mit denselben Karten. Bis man dann endlich ein paar Neue im Deck verwenden kann, vergeht eine ganze Weile, in der schnell Routine aufkommt. Denn manche Gebäude kann man auch erst mit Ressourcen bauen, die einem anfangs noch nicht zur Verfügung stehen, erst dann, wenn man es geschafft hat, den ersten Boss zu besiegen und ein Kapitel weiter zu kommen.
Kapitel? Ja, das Spiel hat auch eine Story. Das hält einen zwar bei der Stange, aber bedeutet eben auch: In absehbarer Zeit hat man alles gesehen. Und bisher scheint der Wiederspielwert eher nicht allzu groß zu sein, denn auch die erwähnten Synergien zwischen den verschiedenen Karten sind nicht in allzu vielen Kombinationen vorhanden.
Rettet Loop Hero! Was das Entwicklerstudio jetzt tun muss
Und genau das ist der Punkt: Loop Hero ist ein tolles Spiel, aber wenn es nicht zur Eintagsfliege werden will, muss in Bälde mehr Inhalt her. Mehr Karten, mehr Decks, mehr Variation, mehr Entscheidungen. Und vielleicht einfach noch mehr Zufall im Spielablauf. Loop Hero hat das Potential zum Klassiker, aber um über Jahre nicht an Reiz zu verlieren, ist das Gameplay zu vorhersehbar und streckenweise im Midgame zu langatmig. Dass man mit minimaler Präsentation und einer einfachen, aber genialen Spielidee Spiele für die Ewigkeit erschaffen kann, haben beispielsweise Faster Than Light, Into the Breach und der Klassiker Nethack schon gezeigt.
–> Könnte euch auch interessieren: 20 Jahre Gothic – Geburtstagsangebot von GOG
Die Chancen stehen allerdings gut, dass uns der Spaß an Loop Hero noch lange erhalten bleibt: Das Entwicklerstudio hat verlauten lassen, zunächst ein paar Bugs zu fixen und sich anschließend um neue Inhalte zu kümmern.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.