Blutige Rache
Es ist schon schlimm genug, dass Ryan nach Hause geladen wird, weil sein Vater an einem Herzinfarkt verstorben ist. Als dann aber noch der Gangster Tony die Situation ausnutzt, um mit Gewalt das Familienunternehmen zu übernehmen, läuft das emotionale Faß endgültig über: Es folgt ein Rachefeldzug, der einem klassischen Hollywood-Actionfilm in nichts nachsteht.
Blood and Truth entstand aufgrund der positiven Reaktion auf „The London Heist“, einem kurzen Spiel aus VR Worlds. Ob die Inspiration auch zu einem guten Spiel geführt hat, möchten wir in diesem Test betrachten.
Family versus Gang
Die Geschichte ist eine wundervolle Hommage an die klassischen Actionfilme Hollywoods. Die Rahmenhandlung bildet eine Vernehmung, in welcher Ryan erklärt, was denn alles vorgefallen ist; die Rückblenden dürfen wir dann als Missionen spielen. Diese führen uns zum Beispiel in ein Casino, das wir mit geschickt angebrachten Sprengsätzen demolieren dürfen, oder lassen uns in eine Kunstgallerie einbrechen, in welcher Tony seine Exponate ausstellt. Die Umgebungen sind abwechslungsreich und bedienen alle Klischees auf die wirklich beste Art und Weise, genau so wie die Geschichte selbst. Diese findet ihr Ende nach einem Crescendo, das wir gerne und ohne Hohn als episch bezeichne.
Ein Soldatenleben
Auf seinem Rachefeldzug setzt Ryan alle Fähigkeiten ein, die er als Soldat der Special Forces erworben hat: Er knackt Schlösser per Dietrich, bringt Sprengsätze an, manipuliert Schaltkreise, schleicht sich durch Lüftungsschächte und lässt, natürlich, seine Waffen für sich sprechen. Dabei ist alles dabei, was man sich als Actionfan wünscht: Pistolen, Revolver, Schrotflinten und diverse Gewehre helfen als Argumentationsverstärker, und sogar ein Granatwerfer gibt sich die Ehre. Dabei fühlt sich alles einfach richtig an, und mit zwei Move-Controllern geht alles leicht von der Hand.
Gesichert und geladen
Die Steuerung fühlt sich nach sehr kurzer Eingewöhnung absolut natürlich an: Unten abdrücken, oben laufen. Da es sich bei Blood and Truth um eine Abwandlung eines Railshooters handelt, sind die Wegpunkte vorgegeben, scheinen aber immer sinnvoll. Bewegung nach hinten ist leider nicht möglich – wenn wir etwas übersehen haben, haben wir Pech gehabt. Bewegung zur Seite ist über zwei der Knöpfe möglich, ein dritter lässt uns verschiedene Gesten mit der Hand ausführen – nicht unbedingt nötig, aber es ist äusserst befriedigend, einem Gegner den Mittelfinger zu zeigen.
Alles andere funktioniert über Gesten: Pistolen ziehen wir direkt aus dem Hüftholster, Langwaffen vom Rücken. Alle Objekte werden direkt manipuliert: Türen öffnen wir zum Beispiel einfach, indem man die Klinke herunterdrückt. Zum Nachladen greifen wir uns einfach ein neues Magazin direkt von der Munitionshalterung an unserer Brust. Die Schrotflinte pumpen wir stilgerecht nach jedem Schuss. Auch zwei Pistolen gleichzeitig zu ziehen ist kein Problem, so weit wir über die entsprechende Geschicklichkeit verfügen – John Woo lässt grüßen. Schon nach sehr kurzer Eingewöhnung geht ein Feuergefecht leicht von der Hand, Waffen werden flüssig gewechselt und Granaten aufgefangen und direkt an den Absender zurückbefördert. Einzig und allein zweihändige Waffen waren uns etwas suspekt: Es ist nicht gerade simpel, zwei Hände durchgehend gleich weit voneinander entfernt zu halten. Das lässt sich aber umgehen, indem wir einfach entspannt einhändig aus der Hüfte schießen.
Hasta La Vista
Dabei erinnert uns alles, was wir tun, daran, dass wir einen klassischen Actionhelden spielen. Das Hantieren mit den verschiedenen Werkzeugen, wenn Schaltkreise manipuliert werden müssen, bringt das Gefühl eines meisterhaften Einbrechers mit sich, die dramatisch-übertriebenen Flugbahnen, wenn Gegner den Explosionen zu Nahe kommen, präsentieren sich in bester Manier der Actionfilme der 90er. Übertrieben wird es mit einer Hand am Mischpult, einer Hand an der Waffe, während um uns herum das Gebäude einstürzt. Ganz stilecht dürfen wir auch diverse Pistolen, SMGs und sogar Schrotflinten um den Zeigefinger rotieren – nur eine Taste für geschmacklose Oneliner gibt es nicht.
London After Midnight
Die Orte, die wir dabei besuchen, sind beeindruckend modelliert und bringen VR an die Grenzen: Vom Protz des Casinos zur industriell-sterilen Lagerhalle finden wir uns in immer passend aussehenden Schauplätzen. Beleuchtung und Farbgebung sind an die Umgebung angepasst und lassen bei einem nächtlichen Einbruch ein viel gedämpfteres Gefühl entstehen, als beim lockeren Zusammensein mit der Familie. Auch die Waffen und Charakter sind für VR erstaunlich detailreich. Besonders beeindruckt sind wir von der Schärfe der Grafik: Blood and Truth ist das erste und bisher einzige VR-Spiel, in dem wir wirklich alle Schriftstücke im Spiel lesen konnte, ohne raten zu müssen.
Fazit
Blood and Truth ist mit etwa 6 Stunden Spielzeit für 39€ ein Pflichttitel. Bei mir teilt es sich Platz 1 der besten VR-Spiele mit Resident Evil 7. Alles an dem Spiel ist darauf ausgelegt, den Spieler zu einem Actionhelden werden zu lassen, und es funktioniert hervorragend. Auch Wiederspielwert wird geboten – so gibt es Collectables zu sammeln und Herausforderungen zu meistern, welche auch noch versprechen, weiter ausgebaut zu werden. In der Zukunft kommen ausserdem noch Neues Spiel+, ein schwieriger Modus, Ranglisten und noch vieles mehr auf uns zu. London Studio zeigt hier, dass sie auch ohne Probleme mit bekannten Entwicklern mithalten können. Der einzige Grund, von einem Kauf abzusehen, ist eine generelle Abneigung gegen Actiontitel. Für alle anderen kann ich guten Gewissens eine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.