13 Jahre nachdem der erste Teil Avatar – Aufbruch nach Pandora (2009) in die Kino kam, startete am 14. Dezember 2022 der langersehnte zweite Teil Avatar 2 – The Way of Water in den Kinos. Ursprünglich sollte der Film um 2015 auf die Leinwand zurückkehren.
Der erste Teil hat noch heute einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen, und ich habe mich sehr darüber gefreut, dass es endlich konkrete Starttermine des Films gab. Die Trailer waren allesamt vielversprechend, weshalb ich es kaum erwarten konnte, selbst ins Kino zu gehen und das Meisterwerk zu sehen.
Dieses Review ist nicht spoilerfrei!
Darum geht es in Avatar – The Way of Water
Avatar 2 – The Way of Water spielt mehr als zehn Jahre nach dem ersten Teil. Jake Sully (Sam Worthington) und Neytiri (Zoe Saldana) haben eine kleine Familie gegründet. Sie haben drei gemeinsame Kinder: Neteyam (Jamie Flatters), Lo’ak (Britain Dalton) und Tukirey (Trinity Bliss). Zudem haben sie Kiri (Sigourney Weaver) und den menschlichen Teenager Spider (Jack Champion) adoptiert.
Alles wird fast idyllisch. Nur ist ihre Heimat weit davon entfernt, sicher zu sein. Die Himmelsmenschen kehren zurück. Die Resources Developement Administration (RDA) landet auf Pandora – mit noch mehr Militär und alten Bekannten. Pandora soll zum neuen Lebensraum der Menschen gemacht werden.
Bald schon sehen sich Jake und Neytiri, zusammen mit ihrer Familie, dazu gezwungen, die Welt der Omaticaya – den Urwald – zu verlassen. Sie finden Zuflucht bei dem Na’vi-Stamm der Metkayina – einem Wasserstamm.
Aber sicher ist die kleine Familie auch dort nicht.
Review zum Film
Kino und Filme generell ist dazu gedacht, den Zuschauer für eine Weile aus der traurigen, tristen, anstrengenden und allzu mondänen Welt zu entführen. Nicht umsonst wurde es schon damals, zu Anfangszeiten, als Traumfabrik beschrieben.
Mit Avatar 2 – The Way of Water schafft James Cameron genau das: Er nimmt den Zuschauenden an die Hand und entführt sie oder ihn in eine faszinierende, andere Welt, die so weit weg von der unseren ist, wie es nur denkbar möglich ist.
Zwischen Avatar – Aufbruch nach Pandora und Avatar 2 – The Way of Water liegen etwa fünfzehn Jahre.
Während wir in die Story einsteigen, erzählt Jake Sully von den vergangenen Jahren. Von den Geburten seiner Kinder, von Kiri. Bildgewaltig werden diese Erzählungen untermauert und man bekommt fast das Gefühl, dass es nichts gibt, das diese heile Welt zerstören kann.
Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Himmelsmenschen zurückkehren.
Jake, Neytiri und mit ihnen ihre Kinder und ihr gesamter Stamm ziehen in den erbitterten Kampf gegen die Menschen. Mit Waffen und Technik, die sie den Menschen abnehmen. Denn was ist schon ein Sperr und ein Pfeil gegen Kugeln und Granaten?
Jake gelingt es, mit seiner Armee und der Hilfe von Eywa, die Feinde in Schach zu halten. Vor erst. Denn die neue Generalin Ardmore (gespielt von Edie Falco) hat eine Waffe in der Hinterhand, mit der niemand rechnet.
Inzwischen wurden Soldaten als Na’vi geklont, um den Kampf auf Pandora zu Gunsten der Menschen zu drehen. Unter ihnen ist auch ein totgeglaubter Feind aus dem ersten Teil: Oberst Quaritch (gespielt von Stephan Lang). Das Problem an der Sache: Eywa erkennt die geklonten Na’vo-Soldaten nicht als Feind, was ihnen leider einen enormen Vorteil verschafft.
Jake erkennt, dass unter diesen Umständen ein Weiterkämpfen nicht sinnvoll erscheint. Schließlich ist er allein das Ziel dieser Klon-Soldaten. Er und seine Familie verlässt den Stamm der Omaticaya und damit den Urwald.
Ein emotionaler Moment, der auch zu Tränen rührt.
Weltenbau in Avatar 2 – The Way of Water
Einmal mehr beweist Cameron, dass dieser Art von Film sein Fachgebiet ist. Mit Avatar 2 erschließt sich uns ein komplett neuer Teil der Welt von Pandora.
Wir lernen die Metkayina kennen – einem Wasservolk der Na’vi. Im Gegensatz zu den Omaticaya ist ihre Haut nicht tiefblau, sondern helltürkis. Ihre Unterarme sind stärker, ihre Augen besitzen eine andere Art von Lid, die es ihnen erlaubt, ohne Probleme unter Wasser zu sehen. Auch ihr Schwanz gleicht mehr einer Fischflosse. Die erwachsenen Jäger des Clans schmücken ihre Körper mit Tätowierungen. Muscheln und andere Elemente des Wassers sind fest in die Kleidung eingebunden.
Das Reich der Metkayina befindet sich an einem Mangrovenwald. Sie schlafen in zeltartigen Unterkümpften – den Marui.
Sie sprechen einen anderen Dialekt oder Akzent. Ihre Verhaltensweise unterscheidet sich stark von denen der Omaticaya. Jakes Familie versucht, sich so gut es geht in die neue Umgebung umzuleben, aber es ist schnell klar, dass es ihnen nicht so leicht fällig, sich an die Änderungen anzupassen. Ihnen fehlt es in gewissen Lebenslagen an der Erfahrung. Dennoch schaffen sie es, sich mit der neuen Umgebung anzufreunden und sich ein Leben dort aufzubauen.
Camerons Leidenschaft der (Tief-)See gegenüber wird in diesem Teil greifbar. Die Liebe zum Detail, die Ausarbeitung und die Schönheit dieser Welt wird mit jeder Sekunde, die wir mit den Na’vi unter Wasser verbringen, deutlicher. Cameron versteht es, mit den Eindrücken zu spielen. Schillernd, verzaubernd, schön – aber auf der anderen Seite auch unberechenbar, grausam und tödlich. An einigen Stellen wirken die Szenen fotorealistisch. Wüsste man nicht genau, dass es sich bei Avatar 2 um eine digital erschaffene Welt handelt, könnte man sich fast dazu hinreißen lassen, zu glauben, es sei echt.
Zwischen all den Fischen, den kleinen bunten als auch solchen, die die Na’vi lieber fressen würden, existieren walartige Geschöpfe – Tulkum. Sie sind hoch intelligent und emotional. Sie bauen eine besondere Bindung zu den Metkayina auf und werden so zu ihren Seelenschwestern oder -brüdern.
Die Darstellung dieser besonderen Verbindung zwischen Tulkun und Na’vi hat schon nahezu etwas Magisches, stellt aber einmal mehr die tiefe Verbundenheit der Völker mit der Natur dar.
Charakterentwicklung
Was mich an diesem Teil vor allem begeistert hat, ist die Art und Weise, die die Charaktere aufgebaut sind.
Jake, dem er schon im ersten Teil leicht fiel, sich an die Gepflogenheiten des Omaticaya-Volkes anzupassen, schafft es auch hier mit spielender Leichtigkeit, sich anzupassen. Er lernt bspw. in kürzester Zeit das Reittier der Metkayina zu reiten: Dem Tsurak. Ein geflügelter Fisch, der kurze Distanzen fliegen kann, sonst aber über die Oberfläche reitet und auch untertaucht, um Geschwindigkeit zu sammeln. Der Tsurak gilt als Reittier der Krieger.
Seiner Rolle als Vater wird er nicht immer gerecht. Viel zu oft fällt er mit seinen Söhnen in eine distanzierte Beziehung. Sie nenne ihn Sir und nur selten Dad (meistens nur untereinander).
Neytiri auf der anderen Seite sträubt sich sichtlich und ist unübersehbar unzufrieden mit der Situation. Diejenige, die im ersten Teil die Unfähigkeit der Menschen kommentierte, sich anzupassen und sich zu fügen, hat Probleme, dasselbe zu tun. Mit dem Unterschied, dass man sie hier auch verstehen kann. Sie hat ihre Heimat verloren und alles zurückgelassen, was ihr wichtig war, was sie ausgemacht hat. Sie war, mit Jake zusammen, das Clan-Oberhaupt in ihrer Heimat. Mit den Metkayina muss sie von vorn anfangen.
Neteyam und Lo’ak geraten mit dem ältesten Sohn des Chiefs der Metkayina aneinander. Mehr als nur einmal und nicht immer nur mit Worten.
Kiri, die ihrer Mutter so unglaublich ähnlich ist, ist schnell von der neuen Welt und ihren tausend Wundern begeistert. Ihr fällt es, augenscheinlich, am leichtesten, sich mit der neuen Situation abzufinden.
Tuk, das jüngste Kind der Sullys, ist genauso fasziniert wie Kiri und nimmt die neuen Eindrücke mit offenen Armen auf.
Tsireya, die Tochter des Chiefs, trägt Sorge dafür, dass es neuen Neulingen an nichts fehlt. Ihre sanfte Art lässt sie vom ersten Moment an sympathisch wirken. Sie wird den Sullys eine gute Freundin und Lehrerin.
Ao’nung, ihr Bruder hingegen, macht es sich zur Aufgabe, mit den Sully-Jungs aneinanderzuecken. Er ist das krasse Gegenteil zu seiner Schwester, wenngleich eine Besserung zum Ende hin erkennbar wird.
Begeistert hat mich auch Ronal – die Tsahik des Volkes und die Frau des Chiefs. Sie ist distanziert, wenn nicht manchmal sogar aggressiv und ablehnen den neuen gegenüber. Verständlich, denn auch sie will nur die Sicherheit ihrer Familie gewähren.
Unübersehbare Kritik an der Menschheit in Avatar 2 – The Way of Water
Schon beim ersten Teil wurde klar, dass Cameron auf Probleme hinweisen möchte. Menschen dringen in Welten ein, die ihnen nicht gehören. Sie zerstören, reißen alles an sich – und weshalb? Des Profits wegen.
Respektlosigkeit der Menschheit
In Avatar – Aufbruch nach Pandora gibt es gegen Ende des Films diese eine Szene, in der Jake das Band zu dem Baum der Seelen sucht und Eywa um Hilfe im Kampf gegen die Himmelsmenschen bittet. Er bittet Eywa, in Grace Augustines Gedanken und Erinnerungen an die Welt zu suchen, aus der er ursprünglich auch stammt. Die Erde sei eine kahle, leblose Welt geworden.
Avatar spielt weit in der Zukunft, betrachtet man aber die aktuellen Geschehnisse und die rücksichtslose Verhaltensweise der Menschen im Umgang mit unserem Planeten, wird in dieser Szene sehr klar deutlich, wo der Ton dieser Filme auch liegt. Nicht nur in dieser schönen Darstellung von fremden Welten und die Vorstellung von Alienrassen. Es ist auch ein Weckruf.
In Avatar 2 wird dieser noch einmal mehr deutlich. Und zwar in den Momenten, in denen die Menschen zurück kommen. Sie landen mit ihren Raumschiffen, vernichten dadurch alles, wo sie auf den Boden aufkommen und verbrennen Wälder und Lebewesen gleichzeitig. Mit schwerem Gerät reißen sie erneut Wunden auf Pandora, die in der vergleichbar kurzen Zeit nicht haben heilen können.
Es geht den Menschen ums eigene Überleben, denn die Erde stirbt. Die Mission, die die Himmelsmenschen dieses Mal nach Pandora treibt, ist nicht bloß der Profit, sondern die Aussicht, den Planeten nach den Vorstellungen so zu gestalten, damit die Menschen dort leben können.
Umgang mit indigenen Völkern
Im weiteren Verlauf des Film bedient sich Cameron an anderen, bekannten Problemen. Beispielsweise die brutale Handhabe der Menschen – oder Klon-Soldaten – gegenüber den Na’vi. Sie handeln brutal und respektlos. Sie trampeln auf Bräuchen und Heiligtümern herum und denken nicht einmal mehr nach, bevor sie wild drauflosballern.
Der Walfang
Walfang. Das ist ein Thema, das mich in diesem Film besonders berührt hat. Ähnlich wie in unserer Realität, werden die Tulkun gejagt. Auf brutalste Art und Weise. Nicht wegen des Fleisches. Sie werden nicht als Lebensmittel genutzt – was eine Jagd irgendwie noch hätte rechtfertigen können. Alles, was sie den erlegten Tulkun abnehmen, ist eine Art Öl. Nicht mehr als eine Flasche Wasser. Ein Öl, das mehrere Millionen Dollar einbringt. Wo auch hier der Fokus auf die Brutalität der Menschen gerichtet wird im Umgang mit ihrer Umwelt und den Lebewesen darin. Es geht nur ums Überleben.
Der Showdown des Film
Wie schon beim ersten Teil gönnt sich der Showdown des Films eine sehr lange Zeit. Aber er hält den Zuschauenden auch entsprechend auf Trab. Es wird nicht langweilig, sondern man bleibt stehts in dieser Schwebe, ohne zu wissen, was passiert und wie es ausgeht. Denn, man kann hier nicht mit dem Gedanken dran gehen „Das wird schon alles gut!“.
Das Ende des Showdowns ist bedrückend, beklemmend. Und trotzdem erleichternd.
Die Musik
Wie von Avatar gewohnt, ist die Musik mystisch und actionreich. Besonders gefallen hat mir aber „The Songcord“ – gesungen von Zoe Saldana – in Na’vi. Der Song erinnert an Wasser und kleine Glöckchen, an etwas Magisches und Ruhiges. Der Kontext ist jedoch etwas trauriger und emotionaler. Im Kontext mit dem Film wird klar, welchen Stellenwert besonders dieser Song hat.
Fazit
Avatar 2 begeistert, mit kleinen Schwächen in der Handlung oder Jake als Vater-Rolle, auf ganzer Linie. Die grafische Umsetzung ist ein Traum und lädt deutlich zum Träumen ein.
Wer aber glaubt, dass es sich bei Avatar 2 – The Way of Water um einen Film handelt, der nur auf die atemberaubende Welt abzielt, der täuscht sich.
Cameron hat hier einen großen Wert auf die Emotionalität gelegt. Die Szenen sind entsprechend länger und detaillierter. Und lasst mich sagen, dass die Packung Taschentücher während dieses Films ein guter Wegbegleiter ist. Es kommen einige Szenen im Film vor, die zu Tränen rühren.
Das Ende des Films lässt einige Fragen offen, macht aber dennoch Lust auf mehr. Angesetzt ist der dritte Teil im kommenden Jahr – voraussichtlich im Dezember 2024.
Avatar 2 – The Way of Water bekommt eine sehr solide Bewertung von 4,5 Sternen.
Schaut den Trailer hier:
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PS: Zur 3D-Version des Film kann hier keine Aussage getroffen werden, da der Redakteur den Film auf 2D geschaut hat.
Bildquelle: Offizielle Seite: Avatar.com