1992. Das Super Nintendo kommt auf den Markt
Der Konsolenkrieg der 16Bit Ära sollte auch in Europa in die heiße Phase übergehen.
Nintendo und Sega buhlten um die Gunst die Spieler.
In Japan und Nordamerika waren die beiden jeweiligen Kontrahenten der beiden Firmen, namentlich das Sega Genesis/MegaDrive und das Super Nintendo Entertainment System (SNES), in den Jahren davor bereits veröffentlicht worden, und Sega hatte den MegaDrive auch in Europa veröffentlicht.
Nintendo, die sich anfangs immer noch auf den Erfolg aus der Kombination von Nintendo Entertainment System (NES) und GameBoy (GB) verlassen hatten, mussten nun kontern, und so wurde das SNES in Europa auf den Markt gebracht. Im April 1992 (in Deutschland erst im August) startete die neue 16Bit Konsole von Nintendo in Europa.
Der großen Öffentlichkeit wurde diese Tatsache unter anderem in einem mehrseitigen Special des Nintendo-eigenen „Club Nintendo“-Magazins angekündigt und vorgestellt, natürlich mit den 90s-typischen Übertreibungen, unter anderem folgender:
Natürlich locken heutzutage 32.768 Farben bzw. 15Bit Farbtiefe keinen Menschen mehr hinter dem Ofen hervor, aber wenn man bedenkt, dass Sega ihrem MegaDrive nur 64 gleichzeitig darstellbare Farben aus einer Palette von 512 Farben spendiert hatte; hatte das SNES, zumindest grafiktechnisch, eine Menge voraus.
Kritische Stimmen der damaligen Zeit bemängelten im direkten Vergleich der beiden Konsolen allerdings hauptsächlich den recht schwachen Hauptprozessor der Nintendo-Konsole.
Während Sega auf eine etablierte Motorola 68000er-CPU mit 7,61MHz Taktfrequenz gesetzt hatte (in den NTSC-Regionen 7,68), verwendete Nintendo eine Ricoh 5A22 CPU, die mit ~3,55MHz (in der NTSC-Region mit 3,58) getaktet war. Im direkten Vergleich von Multi-Plattformern wie Gradius oder R-Type wurde das den Spielern auch bewusst, da diese dem SNES meistens mehr abverlangten, als es zu leisten vermochte.
Der Grund für diese recht schwache CPU ist Gerüchten zufolge eine gewünschte Abwärtskompatibilität seitens Nintendo für NES-Module gewesen. Auf einer japanischen Messe anno 1990 war davon wohl sogar ein spielbarer Prototyp zu sehen. Nintendo verzichtete allerdings auf die Abwärtskompatibilität, vermutlich aus Kostengründen.
Die sonstigen Hardwaremerkmale der Konsole waren damals recht belanglos; mit Ausnahme des Soundchips SPC700, welcher von Sony entwickelt wurde. Und diese Liaison sollte für die Zukunft der Videospiele noch einmal wichtig werden.
5 Super Nintendo Jahre, unzählige Knallerspiele
Die Launchtitel der Konsole beinhalteten einige Kracher, die den Kauf der Konsole damals eigentlich schon fast zum Pflichtkauf machten.
Neben dem beigelegten Super Mario World gab es zum Launch u.a. den Future-Racer F-Zero; das Spielhallen-Beat’em Up Street Fighter II; und das absolut geniale Action-Adventure The Legend of Zelda III – A Link to the Past zu erwerben;letzteres in deutschen Gefilden zum ersten Mal mit deutschen Bildschirmtexten.
Zu der Zeit eine Sensation, da die sogenannte Lokalisierung eines Titels in der Regel darin bestanden hatte, die Spiele PAL-kompatibel zu machen. Nun verstand man auch, was man gespielt hatte; und gerade bei den (zur damaligen Zeit) sehr umfangreichen und textintensiven Adventures, die es auf dem SNES zu erwerben gab, eigentlich unerlässlich.
Auch an der schwachen Hardware des SNES wurde gedreht. Anstatt eine neue Revision der Konsole zu entwickeln (wozu erwähnt werden muss, dass das SNES bereits 1990 in Japan erschienen ist), wurden in bestimmte Module Zusatzchips eingebaut. Allen voran der Super FX-Chip sollte hier zu nennen sein, welcher als erstes im Jahre 1993 im Modul Starwing (Starfox in den USA) seinen Platz fand. Entwickelt von Argonaut Games, war der Chip unter anderem damit beschäftigt, die Konsole bei umfangreichen Berechnungen zu entlasten, weswegen er auch um ein vielfaches leistungsfähiger war als die ursprünliche SNES-CPU (10,5Mhz bei der ersten Variante, die auch in Starwing zum Einsatz kam).
Starwing sollte auch das erste Spiel sein, welches umfangreich Polygone im Spiel zur Darstellung verwendete.
Die nächsten Jahre sollte Nintendo noch mehrere Titel auf den Markt bringen, die regen Gebrauch von der FX-CPU machten; auch ein Nachfolger mit 21MHz Taktung, der u.a. in Super Mario World 2 – Yoshi’s Island zum Einsatz kam.
1994 sollte dann bereits die vorläufige Entscheidung im 16Bit-Konsolenkrieg bringen. Nintendo brachte einige Titel (auch Exklusivtitel wie Mega Man X von Capcom) für ihre Konsole auf den Markt; auch das von Kritikern mit Lobeshymnen überhäufte Super Metroid dürfte hier zu erwähnen sein. Ende 1994 kam dann mit Donkey Kong Country ein Spiel auf den Markt, welches der Konkurrenz gezeigt hatte zu was für Leistungen die, laut Kritikern, veraltete Hardware noch imstande war.
Ebenfalls 1994 beschloss Sega, ihre Konsole Sega Saturn in Japan zu veröffentlichen; diese Entscheidung sollte sich allerdings im weiteren Verlauf noch als Desaster herausstellen, weil man somit gezeigt hatte, dass man dem MegaDrive im 16Bit-Krieg keine Chancen mehr einrechnete.
Nintendo, deren Entwicklung der SNES-Nachfolgekonsole Nintendo 64 sich massivst verzögerte, hielt das SNES auch das Jahr 1995 hindurch weiterhin mit hochwertigen Titeln am Leben, besonders hervorzuheben sind hier Chrono Trigger von Square (nur in Japan und Nordamerika), Nintendo’s Super Mario World 2 – Yoshi’s Island und Rare’s Donkey Kong Country 2 – Diddy’s Kong Quest.
Auch 1996, dem Jahr des Japan- und Nordamerika-Releases des Nintendo 64, erschienen noch einige hochkarätige Titel; erwähnenswert und repräsentativ genannt sollten hier vor allem der Square-Titel Secret of Evermore und Rare’s Donkey Kong Country 3 – Dixie’s Double Trouble sein.
Als das Nintendo 64 im März 1997 auch in Europa veröffentlicht wurde, wurde das SNES von Seiten der Entwickler sehr schnell abgesägt. Es erschienen binnen weniger Monate kaum mehr Veröffentlichungen für das SNES, da sich alle nur noch auf das N64 und die Konkurrenz-Konsolen fixierten. Die letzten Spiele, die noch erschienen sind, kamen Anfang 1998 heraus, und die Ära „Super Nintendo“ nahm ihr Ende.
Der SNES Controller
Natürlich ist jede Konsole ohne einen guten Controller nur halb so gut. Wenn man Spiele spielt, möchte man auch das Gefühl haben, wirklich die Kontrolle über seinen Charakter zu haben und nicht auf gut Glück eine Taste zu drücken in der Hoffnung, dass man jetzt das Richtige tut.
Der Controller des Super Nintendos sollte mit einer der besten Controller werden, die es zur damaligen Zeit zu erwerben gab. Ausgestattet mit einem digitalen Steuerkreuz und insgesamt acht Tasten boten sich genügend Möglichkeiten, die Spiele zu steuern. Auch die beiden Schultertasten, die in den nächsten Jahrzehnten zum Standard für alle Controller (auch der Konkurrenz) werden sollten, waren damals etwas völlig Neuartiges. Es gab natürlich auch Alternativ-Controller; aber bis auf das Ascii-Pad, welches eine Turbo- und Auto-Funktion für die Tasten bot, war der Super Nintendo-Controller die Wahl, wenn es um das Spielen auf dem SNES ging. Auch war der Preis mit damals ca. 30.- DM nicht allzu hoch.
Zubehör
Wie bei Nintendo-Konsolen üblich, gab es natürlich auch einiges an Zubehör für die Konsole. Neben den obligatorischen Mehrspieleradaptern (Multitap), die es ermöglichten, manchen Titel zu viert oder gar zu fünft zu spielen (wie WWF RAW oder auch Super Bomberman und dessen Fortsetzungen) und den notwendingen Import-Adaptern, um manche Perle eben doch auch in der PAL-Region spielen zu dürfen, die hier nicht veröffentlicht wurden (wie Super Mario RPG), gab es auch sehr skurriles Zubehör, wobei hier vier besondere Beispiele nicht unerwähnt bleiben sollten.
Als Erstes das Satellaview (BS-X, für Broadcasting Satellite), welches nur in Japan erschien. Unter die Konsole gesteckt, konnten über Satellit diverse Zusatzinfos oder auch Demos und komplette Spiele heruntergeladen werden. Benötigt wurde zugleich noch ein Flash-Modul, welches einen internen 8Mbit-Speicher hatte, um die Daten zu speichern, da der interne Speicher des Gerätes viel zu knapp bemessen war. Gesendet wurde in der Regel zwischen 13:00 Uhr und 19:00 Uhr, ansonsten lief ein normales Programm über diese Senderfrequenz.
Wie bei Nintendo üblich, wurden natürlich zuerst die Japaner mit dieser technischen Errungenschaft bedacht. Und auch wenn sich die Idee witzig anhörte, so war sie wohl nicht erfolgreich genug, um einen weltweiten Release zu rechtfertigen. Aber: innovativ war das Gerät.
Die Sendung der Satelliten-Daten wurde dann auch im Jahre 2000 aufgegeben, da kaum ein Mensch in Japan mehr den Dienst genutzt hatte und das SNES seinen Lebenszyklus schon lange beendet hatte. Das N64 war bereits knappe 4 Jahre auf dem Markt, und Nintendo hatte längst den Nachfolger, Codename Dolphin, in Arbeit.
Ein weiteres, sehr merk- und denkwürdiges Zubehör für das Super Nintendo war die Super Scope-Lightgun.
Als Nachfolger des Nintendo Zappers für das Nintendo Entertainment System (NES) sollte das Teil allerdings ein Nischenprodukt bleiben, welches auch nicht sonderlich unterstützt wurde. Mit Ausnahme der beigelegten Cartridge mit 6 Spielen hielt sich der praktische Nutzen in Grenzen, was mitunter auch sicherlich an seiner Form (die einer Panzerfaust nachempfunden war) und dem sehr hohen Batterienverbrauch (6 Mignon-Zellen für knapp 4 Stunden Spielspaß) lag. In Deutschland erschien die Super Scope überhaupt nicht; folglich musste man für eine PAL-Konsole auf einen UK-Import zurückgreifen.
Preismäßig lag das Teil bei damals ca. 119.- DM, und wenn man ehrlich ist: gelohnt haben sich diese auf keinen Fall.
Für einen Sammler wiederum ist das Teil mit Sicherheit skurril genug, um einen Platz an der Wand oder in der Vitrine zu erhalten.
Das „wichtigste“ Zubehör, welches es für das Super NES gab, war allerdings die Maus. Einzeln wurde sie nur selten verkauft; im Paket mit Mario Paint war sie allerdings immer erhältlich. Und Mario Paint war auch das einzige Spiel, welches die Maus wirklich benötigte; bei sonstigen Spielen, wie Lemmings 2 – The Tribes oder Sim City 2000, war die Mausunterstützung immer optional.
Aufgebaut wie eine 90er-Jahre-Computermaus mit optomechanischer Sensorik (also mit einer Kugel), sollte sich auch hier der Nutzen in Grenzen halten.
Ein weiteres, und wohl das interessanteste, Zubehör, welches wie die Maus einen weltweiten Release erfuhr, war der Super Game Boy, erschienen im Jahr 1994. Eingesteckt in den Cartridge-Slot des Super NES und selbst mit einem Slot für GameBoy-Module versehen, konnten handelsübliche GameBoy-Module auf dem großen TV-Bildschirm gespielt werden. Die ursprünglichen Schwarz-Weiß Farben konnten dann auch nach eigenem Wunsch eingefärbt werden, was oftmals aber schwierig war, da viele Spiele für bspw. den Hintergrund und die Gegner ähnliche Farben genommen haben, was natürlich an den begrenzten Möglichkeiten der GameBoy Hardware lag, die nur 4 verschiedene Grautöne gleichzeitig darstellen konnte.
Spezielle Module (mit dem Super Gameboy-Logo versehen) waren sogar schon von Haus aus mit einer angepassten Farbpalette und einem eigenen Rahmen versehen. Eindrucksvoll wurde dieses Feature auch beim ersten Super GameBoy Modul überhaupt, dem Spiel Donkey Kong, gezeigt.
Die Rahmen wurden um das Spiel herum angezeigt, was zeigte, dass die in der Werbung angepriesenen „50x mal größeres Bild“ natürlich nie im Leben erreicht wurden.
Aber: es war ein witziges Zubehör, auch wenn die erste Version, die auch in Deutschland erschien, natürlich nur für den Singleplayer gedacht war. Der Nachfolger, der Super GameBoy 2 (welcher wieder nur in Japan erschien) besaß sogar einen Linkport, so waren auch 2-Spieler-Sessions zwischen Super GameBoy und GameBoy-Nutzern möglich. Oder man konnte auch den GameBoy-Printer anschließen; wenn man ihn denn besaß.
Eine kleine, besonders wichtige Anekdote sollte es zum Super Nintendo beim Stichwort SNES-Zubehör allerdings geben.
Wie manch einer vielleicht weiter oben im Artikel bereits bemerkt hatte, wurde bzgl. des Soundchips des SNES die Verbindung mit Sony hervorgehoben. Dies aus einem einfachen Grund:
Nintendo plante Anfang der 90er Jahre ein CD-Addon für sein Super Nintendo zu veröffentlichen. Dieses war geplant als direkte Antwort zu Sega’s MegaCD-AddOn für dessen MegaDrive. Die verantwortliche Entwickler-Firma sollte schnell gefunden sein, da Sony ein reges Interesse daran hatte, auch im Videospiel-Sektor Fuß zu fassen.
Mit Psygnosis, die auch für den SNES-Release von u.a. Lemmings 2 – The Tribes verantwortlich zeichneten, hatte man bereits ein Tochterunternehmen, welches in die Entwicklung von Videospielen eingebunden war; jetzt wollte man auch im Konsolenmarkt einsteigen.
Und welches Partner-Unternehmen sollte dafür besser geeignet sein als Nintendo?
Sony seinerseits wollte von Nintendo aber Lizenzrechte für die Nintendo-Figuren und eine eventuelle neue Kombi-Konsole, bestehend aus SNES und CD-Addon. Dies war für Nintendo der Punkt, wo der Spaß aufgehört hatte. Nintendo schloß hinter dem Rücken von Sony einen Vertrag mit Philips für die Entwicklung eines CD-AddOns. Philips bekam hierfür das Recht, Spiele mit Lizenz für ihre CDi-Konsole zu entwickeln, die allerdings weder dem Nintendo-typischen Standard gerecht noch von den Fans sonderlich geachtet wurden.
Sony war über dieses Verhalten von Nintendo sehr verärgert, und obwohl sie weiterhin den SPC700 für Nintendo lieferten, wollten sie das gewonnene KnowHow nicht ungenutzt lassen. Und so entwickelten sie im Eigenen eine Konsole, die nach ihrem Release die nächsten 10 Jahre lang (mit ihrem Nachfolger) das Geschehen der Videospielwelt beherrschen sollte: die Sony PlayStation. Man kann also durchaus sagen, dass sich Nintendo seinen größten Konkurrenten selbst erschaffen und selbst vom Thron gestoßen hat.
Fazit
Diese Konsole war wohl für viele ältere Semester der Einstieg in die Welt der Videospiele und begründete die heutige Szene mit. Ob auf dem Schulhof, im TV oder auch unter Geschwistern: die Konsole brachte einen Hit nach dem anderen an den Mann; viele bekannte Nintendo-Spieleserien wurden ein- oder fortgeführt, und in den Jahren, in denen dann die NextGens der Konkurrenz bereits erschienen waren, kamen noch einige sehr geniale Titel raus, die auch heute noch zum Spielen einladen.
Traurigerweise wurde der deutsche (und europäische) Markt mit mancher Perle nicht bedacht; erwähnenswert sollten hier vor allem die Square-Titel Chrono Trigger und Final Fantasy I – III (US-Zählung, in Japan IV – VI) sein.
Heute werden die Spiele teilweise sehr hoch gehandelt; dank eBay reiben sich sehr viele Leute die Hände. Während es Ende der 90er / Anfang der 2000er nicht schwer war, sich eine umfangreiche Sammlung an Super Nintendo-Spielen und Zubehör zuzulegen, so ist es heutzutage echt zum Problem geworden, die Spiele und die Hardware günstig zu bekommen.
Oftmals ist man heute dazu gezwungen (für den Fall, dass man Retrokonsolen erwerben will), den Neupreis oder sogar noch weit darüber liegenden Preise zu bezahlen.
Solltet ihr also noch eine Sammlung von SNES-Spielen besitzen (sei es, weil ihr Retrozocker seid, oder die Dinger im Speicher oder im Keller lagert); wer weiß?
Vielleicht seid ihr (laut eBay) bereits Millionäre…