Dead Space 3

    Dead Space 3 – Test / Review

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    Dinge ändern sich. Und sie ändern sich auch dann, obwohl sie vorher gut funktioniert haben. Das derzeit vielleicht prominenteste Beispiel ist Dead Space 3. Was sich konkret alles verändert hat und ob diese Frischekur funktioniert, erklären wir in unserem Test!

    Dead Space 3 ist für PC, Xbox 360 und Playstation 3 erschienen. Dieser Test beruht auf der Version für Playstation 3.

    Die aktuelle Konsolengeneration hat richtig viele gute neue Serien ins Leben gerufen, darunter eben auch die Dead Space Saga, die 2008 ihr Debüt feierte. Und wenn wir ehrlich sind, hat fast jeden von uns das Spiel rund um Isaac Clarke in seinen Bann gezogen. Seit den frühen Resident Evil oder Silent Hill Teilen wurde uns nie wieder bis dato so guter Horror am Bildschirm präsentiert. Die Kombination aus mehreren Elementen machte das Erfolgsrezept: Der einsame Weltraum, klammenge Räume, flackernde Lichter und noch vieles mehr. Vielleicht sind besonders Dead Space 1 und 2 mit dem Blockbuster Alien gut zu vergleichen, denn sie haben gemeinsam, dass der Grusel-Effekt dadurch entsteht, dass man das Übel nicht oder nur angedeutet sieht.

    Besonders Protagonist Isaac Clarke stach als echter Typ hervor, er ist eben kein Superheld, kein Draufgänger, sondern er hatte die gleichen Angstmomente, wir wir als Spieler. Das riss mit und wirkte authentisch.

    Und jetzt ändern sich die Dinge nun mal eben.

    Irgendwie scheint sich auch Isaac verändert zu haben. Im Weltraum ist er plötzlich total agil unterwegs, kloppt coole Sprüche am laufenden Band, wirkt fast schon kaltschnäuzig, stellt sich jeder noch so großen Gefahrenquelle tapfer entgegen und scheint vor nichts und niemandem mehr Angst zu haben. Dennoch ist er kein gefühlskalter Mensch, das zumindest wird beim Intro recht schnell klar. Isaac’s Liebe Elli gilt als verschollen, nur er kann sie retten.

    Das alleine wäre aber zu simpel für eine Story. Hier tummelt sich so ziemlich alles, was als Material für einen mittelklassigen Actionschinken reichen würde. Die verlorene Liebe als Druckmittel für den Helden, eine okkulte Sekte mit höheren Zielen rein fanatischer Natur, und der vermeintliche Maulwurf unter den eigenen Vertrauten. Das alles klingt nach Hollywood in Perfektion und wirkt dem Spiel phasenweise etwas aufgezwängt und fast schon überladen. Ebenso dürfte das unmittelbare Ende von Dead Space 3 für Diskussion sorgen.

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    Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Ganz grob gesagt verteilt sich Dead Space 3 auf zwei völlig verschiedene Einsatzorte. Während wir im ersten Abschnitt gewohnt durch das All und zertrümmerte Schiffswracks pirschen, geht es ab ca. der Hälfte des Spiels auf den Eisplaneten Tau Volantis.

    Auf eben jenem Planeten kommt dann auch das erste mal ein ernsthafter Gruselfaktor zur Geltung, der durch die Umgebung kreiert wird. Es sind nämlich nicht die Korridore oder zerrümpelten Räume im All, die das bekannte klaustrophobische Gefühl erwecken. Im Gegensatz zu den Vorgängern sind die Passagen im Weltraum fast ausnahmslos viel zu gut ausgeleuchtet und jeglicher Schockmoment wird fast schon im Keim erstickt. Völlig deplatziert kommt dann auch noch der Sound dazu. Dieser steigt zwar stilecht in einem pompösen Crescendo in Gefahrensituationen an, aber bevor der Nekromorph erscheint. Wir wissen nicht, was sich die Sounddesigner dabei gedacht haben, aber dieser Schuss geht gnadenlos in den Ofen und raubt viel potentielle Atmosphäre.

    Ganz anders ist da der Eisplanet, der, obwohl die Planetenoberfläche naturgemäß viel Freiraum lässt, ein beklemmendes Erlebnis auslöst. Die starken Schneestürme sind toll inszeniert und lassen die Sichtweite auf wenige Meter schrumpfen, man kann also nur schwer die drohende Gefahr abschätzen. Theoretisch zumindest, denn a) kommt hier wieder die verräterische Soundkulisse ins Spiel und b) bietet der Planet auf großen Strecken gar keine ernstzunehmende Gefahr für Isaac. Denn auch Isaac hat sich wie bereits erwähnt verändert.

    Vorbei die Zeit, als Isaac schwer atmend auf dem Boden zusammensackte und schweißgebadet ums Überleben ringen musste. Aus dem Normalo ist ein kleiner Actionheld geworden. Und ein Actionheld hat immer einen flotten Spruch auf der Lippe – so wie Isaac. Langsames Vorgehen? Fehlanzeige, Isaac geht lieber voll drauf. Neuerdings geht der Gute sogar ab wie ein Fruchtgummi, Sprinten könnte die neue Hauptdisziplin in Dead Space 3 werden. Sprinten und in Deckung huschen, Dead Space 3 spielt sich in einigen Abschnitten fast wie Gears of War und es fühlt sich in solchen Situationen irgendwie nicht mehr „natürlich“ an. Die Areale bieten selbst im All genug Platz, um quer durch die Raum zu flitzen und die Gegnerhorden aus ständig wechselnden Positionen unter Dauerbeschuss zu nehmen.

    Den letzten Satz bitte noch einmal lesen. Flitzen, wechselnde Positionen, Gegnerhorden, Dauerfeuer. Alles irgendwie anders.

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    Gegner tauchen bevorzugt in Gruppen, ja teilweise tatsächlich in ganzen Horden auf. Wir müssen an dieser Stelle nicht betonen, dass man Gruppen von Nekrophoben nicht mehr gezielt einzelne Gliedmaßen per Plasmacutter abtrennen kann, um ihnen ans Leder gehen zu können. Dafür bliebe beileibe gar keine Zeit, aber das wäre auch die gewohnte Kost mit gewohntem Isaac und gewohnt knappem Munitionsvorrat. Der neue Isaac hält mitten rein und voll drauf.

    Wie praktisch, dass man sich um die Munition gar keine Sorgen machen muss, an jeder Ecke finden sich Clips. Und sollte man doch mal einen Kratzer abbekommen haben, dann genehmigt man sich eben eines der zahlreichen Medikits. Wie fühlte sich das nochmal an, wenn man nur noch 1 Schuss übrig hatte und man im Flackerlicht einen Schatten um die Ecke kriechen sah? Damals, bei Dead Space oder Dead Space 2. Das ist vorbei, denn die Dinge haben sich geändert.

    Man muss sich angesichts der bisherigen Neuerungen fragen, ob diese Schritte von Visceral Games nach vorne oder aber doch eher nach hinten führen. Dead Space 3 bewegt sich viel mehr in Richtung klassischer (und damit mainstreamiger) Actionspiele statt auf Survival Horror zu setzen. Schade, damit droht nach Resident Evil die nächste Horror-Serie im Einheitsbrei der breiten Masse etwas zu versinken.

    Ein völlig neues Feature in Dead Space 3 ist das Crafting System. An den üppig verteilten Werkbänken kann sich Ingenieur Isaac mal so richtig austoben. Gefundene oder von Nekrophoben gedroppte Ressourcen werden zu neuen Waffen zusammengebaut und laden den Spieler zum Ausprobieren ein. Bis zu 7 Bauteile benötigt der neue Ballermann, außerdem können später noch einige Attribute durch Platinen ordentlich gesteigert werden. Fehlen Bau- oder Bestandsteile, dann kann man sich auf 2 Arten helfen. Zum einen gibt es da die Sucherbots, die beim Auftreiben der Ressourcen helfen. Diese automatischen Helferlein, von denen man per Micro-Transaktion hochwertigere Modelle erwerben kann, suchen selbstständig nach geeigneten Materialien und bringen sie zur nächstbesten Werkbank. Alternativ findet Isaac eine passende Bauzeichnung und craftet sich das gewünschte Teilchen fix einfach selbst. Wer trotz fleißig verteilter Munitions- und Medipacks derer nicht genug hat, der kann sich ebenfalls welche an der Werkbank schustern. Allerdings quillt spätestens nach halber Spielzeit das Inventar eh davon über.

    Noch schneller, wenn auch wieder nur gegen bares Geld, geht es ebenfalls per Micro-Transaktion, bei der man sich schon vom Start weg eine durchschlagskräftige Waffe kaufen kann. Das Crafting System weht dem Spiel frischen Wind ein und der ist obendrein auch noch richtig sinnvoll – nur leider nicht ganz perfekt. Wie so oft ist die Idee gut, der Umsetzung fehlt jedoch das Feintuning. Hat man nämlich seine bevorzugte Waffe gebaut, dann wird das weitere Craften eher unnötig und statt dessen setzt man eher auf pure Upgrades durch Platinen. Letztlich machen alle Kanonen das gleiche: Viel Schaden in großem Umfang. Wer gerne bastelt, der hat hier viele Möglichkeiten und kann nach Herzenslust experimentieren. Man kann es, man braucht es eben halt nicht.

    Immerhin bekommt Dead Space 3 durch das Crafting System einen Schubs Richtung Rollenspiel, denn je nach bevorzugter Spielweise setzt man auf noch mehr Schadenspunkte (Upgrades der Waffe) oder aber man werkelt am Raumanzug, denn hier lassen sich Hitpoints und Luftvorrat in die Höhe schrauben.

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    Und weil ja alles anders ist, gibt es gleich noch eine große Neuerung in Form eines Coop-Modus. Nein, nicht daheim in gemütlicher Atmosphäre im Splitscreen mit einem Kumpel, wo kämen wir denn da hin. Nein, es wird allein daheim gegruselt, der Coop spielt sich ausschließlich online ab. Spieler 2 übernimmt in diesem Falle den Part von einem Soldaten namens John Carver. Immerhin spielt es sich im Duo nicht ganz genauso wie alleine, es gibt diverse Areale, die nur im Team betretbar sind. Die Gegnermengen sind übrigens auch für den doppelten Auftritt angepasst. Ganz witzig sind die plötzlich auftretenden Halluzinationen eines Spielers, die aber für den Spielfluss ziemlich belanglos sind. Trotzdem auch hier kaum Horrogefühle aufkommen, der Coop ist eine deutliche Verbesserung gegenüber Dead Space 2, wo wir noch in bester Deathmatch Manier kompetitiv gegeneinander angetreten sind. Ein Splitscreen wäre das Sahnehäubchen gewesen.

    Eine Sache muss man Visceral Games aber lassen: Die Optik  ist mal wieder bestechend. Das war sie schon immer, die grafische Pracht zieht sich durch alle Dead Space Spiele wie ein roter Faden. Als Dead Space 1 damals erschien war die Playstation 3 noch sehr jung, die Entwickler noch unerfahren mit der Technik, aber das Spiel war eine Augenweise. Heute stehen wir am Ende der Ära Xbox 360 und Playstation 3 und es hat den Anschein, als hätte man das letzt Mögliche aus der Grafik rausgekitzelt. Vom Anfang bis zum Ende, vom ersten Schritt im All bis zum Showdown im Eis weiß Dead Space 3 durch die tolle Optik zu bezirzen. Eine hohe Objektdichte und Detailtiefe sprechen für sich, keine einzige matschige Textur ist uns unterwegs begegnet und die Lichteffekte sind eine Wucht. Auch wenn sie wie erwähnt den Grusel-Faktor eindämmen.

    Und auch der Sound weiß mal wieder zu überzeugen. Leider wird dieser viel zu oft kontraproduktiv eingesetzt, die Dynamik macht häufig den Moment der Überraschung kaputt. Sieht man von diesem sehr ärgerlichen Manko ab, ist der orchestrale Soundtrack perfekt intoniert und wirkt nicht zu überladen. Isaac hat eine neue Synchronstimme verpasst bekommen, die sich, im Gegensatz zu den proletischen Sprüchen, gut ins Gesamtbild einfügt. Eine neue Stimme, Dinge ändern sich eben.

     

    Fazit

    Dead Space 3 ist Fluch und Segen zugleich. Das Spiel hat in fast allen Punkten eine Frischekur bekommen und leider gelingt diese nicht immer. Dead Space steht für klaustrophobischen Horror im All, alleine, mit wenig Munition und viel **** in der Hose. Das ist mit Dead Space 3 fast alles verschwunden, der Anteil an Actionelementen hat einen deutlich größeren Part eingenommen. Damit möchte man wohl ein breiteres Publikum ansprechen, aber Fans der Serie dürfte man ziemlich ärgern. Optisch eine Wucht, aber dafür sorgt der eigentlich bombastische Soundtrack für ausbleibende Gruselmomente – schade. Das Crafting System ist nett und bietet eine willkommene Abwechslung zum gewöhnlichen Waffenkauf, wird aber gegen Ende hin etwas überflüssig. In der Gesamtsumme gehen zu viele Dinge schief. Zu helle Ausleuchtung, zu agiler Isaac, zu viele Gegner, zu viel Munition und Medipacks. Zu viel von allem, anscheinend hat Visceral Games es zu gut gemeint und man wollte zu viel ins Spiel integrieren, ohne den Gedanken zu Ende zu führen. Daher wird Dead Space 3 auch in eigentlich keinster Weise den bisherigen Abenteuern rund um Isaac Clarke gerecht. Dinge ändern sich eben.

    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur