Eine Welt ohne Musik! Was für uns wie ein unmögliches Szenario klingen dürfte, ist Realität in der Welt von Stella Glow. Jedoch: Das stimmt so nicht ganz, denn eine Handvoll bezaubernder Damen ist in der Lage zu singen und damit die Welt zu verändern – Zum Guten sowie zum Bösen.
Stella Glow ist ein rundenbasiertes Strategie-RPG von Image Epoch, das durch Atlus und NIS America nach Europa gebracht wurde. Dadurch ist leider auch deutlich, dass das Spiel exklusiv auf Englisch spielbar ist. Sollte man der Sprache nicht mächtig sein, fällt wie in vielen anderen Rollenspielen auch ein Großteil des Spielspaßes flach, da vieles von der Story abhängt.
Aus, um die Welt zu retten
Diese handelt vom jungen Alto, der einige Zeit vor Beginn des Spiels mit Amnesie in einem kleinen Dorf namens Mithra gefunden wurde. Durch die freundlichen Mitbewohner wurde dieses Dorf zu seiner neuen Heimat, wo er nun als Familienmitglied seiner Freundin Lisette und ihrer Mutter angesehen wird. Solch eine Idylle hält natürlich nicht ewig, denn kurz nachdem Alto das erste Mal in seinem Leben Musik hört, gesungen von der Hexe Hilda, wird das Dorf mitsamt Mitbewohnern durch ein ruinöses Lied kristallisiert – mit Alto und Lisette als die einzigen Überlebenden. Als sie nach einem Kampf gegen Hilda und ihre Harbingers (dt. Vorboten) in die Knie gezwungen wurden, erwecken in Lisette ungeahnte Kräfte. Kurz darauf erscheint die königliche Armee mit Kommandant Klaus, der kurzerhand Alto und Lisette in die Ränge des Neunten Regiments aufnimmt – Einer Spezialeinheit, die es sich zum Ziel gemacht hat, die vier Hexen des Wassers, Windes, Feuers und der Erde zu finden, um den Machenschaften von Hilda ein Ende zu bereiten. Dass in Alto mit dieser Aufgabe ebenfalls eine neue Macht erweckt wird, ahnt er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Alto und Lisette unterhalten sich über Hexen
Nach dieser kurzen Einleitung dürfte deutlich sein, dass die Story nicht die kreativste der letzten Jahre ist: Ein Junge und seine Freundin werden vom Frieden ihrer Heimat in einen Krieg gegen einen mächtigen Gegner gerissen, den man nur mit vielen neuen Verbündeten zu besiegen vermag. Während der Plot einem nicht viele Überraschungen liefert, so ist die Idee der – bis auf die Lieder der Hexen – musiklosen Welt doch ein interessantes Setting. Darüber hinaus ist ein Großteil der Charaktere gut gestaltet, was die fortwährenden Interaktionen mit ihnen auch im späteren Verlauf noch interessant macht.
Altbekanntes mit feinen Neuerungen
Wer schon einmal ein Strategie-RPG gespielt hat, der wird wissen wie sich Stella Glow bedient. Ganz in Manier der Final Fantasy Tactics-Reihe bewegt man sich über ein gerastertes Areal, das mit verschiedenen Terrains und Höhenunterschieden aufwartet. Man positioniert sich, attackiert, zaubert oder wendet Fähigkeiten an, um die Gegner zu erledigen und den Sieg zu erlangen. Dabei erinnert einen eine Leiste auf dem oberen Bildschirm an die Reihenfolge, in der die Charaktere an der Reihe sind.
Ein regulärer Kampf im Grünen
Neben den allgemein bekannten Standard-Fertigkeiten gibt es mithilfe des sogenannten Song Stone Meters in der linken oberen Ecke des Bildschirms die Möglichkeit, die Fähigkeiten der Hexen zu verwenden, um den Kampfverlauf zu beeinflussen. Zum einen sind sie in der Lage, ihre Lieder offensiv zu verwenden, darüber hinaus aber können sie einen über mehrere Runden anhaltenden Song spielen, der entweder allen Gegnern Mali oder aber den Verbündeten Boni verleiht. Mit all den Möglichkeiten, die einem gegeben sind und den je nach Mission variierenden Zusatz-Zielen, ist genug strategische Tiefe auch im späteren Spielverlauf gegeben. Die KI der Gegner ist nicht immer die hellste, geht oftmals nicht auf das schwächste sondern das nächste Ziel, jedoch werden die Monster auch zunehmend stärker, was den Schwierigkeitsgrad trotz allem gut ausbalanciert.
Nicht immer für die Busfahrt
Die anfänglichen Missionen sind noch während einer kurzen Busfahrt spielbar, während es später immer öfter Missionen gibt, in denen zwei oder drei Kämpfe hintereinander bestritten werden müssen. Diese sind vor allem für Leute, die ihren 3DS tatsächlich unterwegs verwenden, nicht empfehlenswert, da sie oft den Rahmen einer Pendlerstrecke sprengen können, vor allem, da man die Kämpfe auf Seiten der Gegner nicht beschleunigen kann; ein solches Feature fehlt. Jedoch gibt es auch freie Missionen und Kämpfe, die stattdessen während einer Fahrt bewältigt werden können und einen Vorteil für den nächsten großen Kampf verschaffen. Im Großen und Ganzen jedoch können die Missionen auf Dauer überzeugen, vor allem da auch nach einigen Stunden Spielzeit noch neue Mechaniken eingeführt werden und der Spielstil der verschiedenen Charaktere sich teilweise bedeutend unterscheidet.
Eine Uhr zeigt an, wann man sich in Lambert aufhalten kann und wann es auf den Weg geht.
Zwischen Kämpfen steht es Alto frei, sich in der Hauptstadt des Königreichs, Lambert, herumzutreiben. Hier ist in der Lage, neue Ausrüstungsgegenstände und Orbs einzukaufen, welche über die Gegenstände hinaus Zusätze wie erhöhten Schaden oder Erfahrung verleihen. Außerdem kann er in der Freizeit verschiedenen Aktivitäten nachgehen, welche unter anderem Geld oder aber neue Fähigkeiten für die Partymitglieder mit sich bringen können. Wie oft man diese Aktivitäten verfolgen kann, wird durch eine rot-blaue Uhr angezeigt, die die Freizeit von der Missionszeit unterscheidet.
Eine Hexe benutzt eine Spezialfähigkeit und springt in die Höhe.
Design mit Liebe zum Detail
Stella Glow besticht mit wunderschön gezeichneten Porträtsprites, die während der zahlreichen Dialoge immer die Emotionen des Charakters überzeugend vermitteln. Darüber hinaus sind die Umgebungen, in denen man sich bewegt, alle abwechslungsreich gestaltet und nutzen ein ganzes Arsenal verschiedener Farbpaletten. Zu jeder Zeit ist die Atmosphäre in den Kämpfen und außerhalb der Kämpfe stimmig. Der einzige Dorn im Auge ist, dass viele Gegnersprites für verschiedene Areale recycelt werden, um ihnen neue Werte und eine leicht abgeänderte Farbgebung zu verleihen. Davon kann man aber absehen, wenn man sich die Vielfalt der verschiedenen verbündeten Charaktere ansieht, von einer verspielten Bogenschützin bis hin zu einer Ninja-Dame mit Karton über dem Kopf ist hier alles vertreten. Darüber hinaus kann man oftmals von den kleinen Animationen, die bei Angriffen oder Fähigkeiten abgespielt werden und die Charaktere als 3D-Chibi-Figuren agieren lassen, nicht genug bekommen.
Auch an der Soundfront kann Stella Glow punkten. Die Hintergrundmusik ist zu jedem Zeitpunkt stimmig und passt sich an die jeweilige Atmosphäre und Umgebung an. Einzig und allein die Musik eines Standardkampfes kann trotz der guten Melodie nach zu häufigem Hören auch gern ausgeblendet werden. Was man jedoch nicht ausblenden möchte ist die gut gelungene Synchronisation des Spiels auf Englisch, die bei wichtigen Dialogen zur Geltung kommt. Jede Stimme ist einzigartig und passt perfekt zu den jeweiligen Charakteren, macht deren Gefühlslage und Einstellung sofort klar, außerdem ist sie nicht übermäßig dramatisch, wo sie es nicht sein muss. Die anhaltenden Songs der jeweiligen Hexen wurden aus dem japanischen Original übernommen und klingen nach wie vor sehr schön, auch wenn man die Lyrics dieser Lieder natürlich nicht verstehen kann. Jedoch bringen sie für ihre Dauer eine zusätzliche Würze in die Kämpfe hinein.
Strategie-Kost für Genre-Fans
Stella Glow ist kein Ausnahme-Hit, aber durchaus ein Strategie-RPG, das vieles richtig und wenig falsch macht. Wo der Verlauf der Story zur meisten Zeit recht vorhersehbar ist, so lassen die Interaktionen der Charaktere untereinander einen dennoch weiterspielen. Wer das Genre mag, wird sich mit den Spielmechaniken schnell vertraut machen und seinen eigenen Spielstil finden, um zum Sieg zu gelangen. Alles in allem gilt es hier, eine Empfehlung für all die Leute auszusprechen, die gerne unterwegs rundenbasierte Strategiekämpfe außerhalb des Fire Emblem-Universums bestreiten möchten und von einem etwas uninspirierten Plot absehen können. Mit den rund 40 Stunden in der Hauptstory, plus rund weiteren 10 Stunden wenn man alles gesehen haben will wird das Spiel einen definitiv für eine ganze Weile beschäftigen.