Carrera Hybrid im Test

Carrera Hybrid möchte eine Brücke zwischen Slotcar-Racing und Videospielen schaffen, indem es flexiblere und größere Rennen mit Videospielfeatures kombiniert. Doch wie fühlen sich die Rennen an und wie intuitiv ist die Steuerung?

Vielen Dank an Carrera für die Bereitstellung des Testmusters.

Technische Daten:

Carrera Hybrid hebt die Spurbindung der klassischen Slotcar-Rennbahn auf. Statt auf festen Fahrspuren bewegen sich die Autos hier frei auf der Rennstrecke. Stromschienen und Schleifer entfallen somit natürlich, und die Autos werden über integrierte Akkus mit Strom versorgt. Auch die Steuerung der Autos ändert sich. Statt des klassischen Pistolendrückers zum Gasgeben erfolgt nun eine Steuerung via Handy oder Controller, bei der man Beschleunigen, Bremsen und Lenken kann, auch einen Boost kann man aktivieren. Über die App sind darüber hinaus noch vielfältige Interaktionen möglich. Getestet haben wir das Starter-Set „Speedway to Hell“ mit dem Porsche 911 GT3 R in der Lackierung „Acid Green“ und „Speed Yellow“. Mit dem Set lässt sich eine 6,09 Meter lange Rennstrecke aus einer Start-/Zielgeraden, vier geraden Fahrbahnen, zwei Linkskurvenelementen und acht Rechtskurvenelementen aufbauen.

Über Carrera:

Die Geschichte von Carrera beginnt 1920 mit der Herstellung von Blechspielzeugen durch Josef Neuhierl. Sein Sohn entwickelt 1963 mit Carrera Universal eine Autorenbahn im Maßstab 1:32, die direkt sehr gut angenommen wurde. Schon 1967 folgte eine größere Variante im Maßstab 1:24. In den folgenden Jahrzehnten kamen weitere Neuentwicklungen, wie die GO!!! im Maßstab 1:43 und Carrera Digital hinzu. Auch in der Unternehmensstruktur ergaben sich einige Änderungen, so ist das nun Carrera Toys GmbH genannte Unternehmen Teil der Carrera Revell Gruppe geworden.

Verpackung und Lieferumfang:

Geliefert wird die Carrera Hybrid in einer überraschend kompakten Verpackung, da die einzelnen Streckenteile hier natürlich weniger Platz benötigen. Bedruckt ist die Umverpackung in einem futuristischen Design, bei dem die beiden Fahrzeuge besonders im Fokus stehen. Auf der Rückseite findet sich noch eine Übersicht eines typischen Streckenaufbaus, sowie eine Übersicht der enthaltenen Fahrzeuge und Streckenelemente.

Im Inneren finden sich zwei kleine Schachteln mit den Fahrzeugen und jeweils einem USB-Ladekabel sowie eine größere Schachtel mit den Streckenelementen. Auf dieser sind auch einige Steckenvorschläge aufgedruckt.

Design und Verarbeitung:

Mit einem Maßstab von 1:50 fallen die Autos bei Carrera Hybrid noch etwas kleiner aus, als die Fahrzeuge der aktuell kleinsten Rennbahn von Carrera, der GO!!! mit ihrem Maßstab von 1:43. Natürlich erreichen sie so nicht die Detaillierung der großen Modelle im Maßstab 1:24, dennoch zeigen sie viele Details. Die Karosserie der Fahrzeuge ist originalgetreu ausgeformt und verfügt, wie auch das Original, über angesetzte Seitenspiegel und Heckspoiler. Die Scheiben sind hier gemeinsam mit vielen anderen Details und Dekoren als Print umgesetzt. In der Fahrzeugfront ist in den beiden Scheinwerfern jeweils eine LED integriert. Der Unterboden der Fahrzeuge ist eher glatt ausgeführt. Hier findet sich neben dem USB-C-Ladeanschluss noch der Fahrbahnsensor. Schleiferkontakte und ein Führungsdorn, wie im Slotcar-Racing sind hier natürlich nicht erforderlich. Die beiden Modelle des Starter-Sets sind, da es sich um den gleichen Fahrzeugtyp handelt, bis auf die Farbe der Lackierung komplett identisch.

Die Fahrbahnen sind sehr dünn und werden über ebenso dünne Clipelemente verbunden. Letztere sind so aufgebaut, dass die Elemente immer nur in einer Ausrichtung verbunden werden können. Diese Verbindungen halten flach auf dem Boden sehr gut, das Anlegen von Brücken wird etwas schwieriger. Die Fahrbahnen besitzen auf der einen Seite eine rot-weiß- und auf der anderen Seite eine blau-weiß-gestreifte Linie. Die Streifen sind in Pfeilform ausgeführt, so ist jederzeit die Fahrtrichtung zu erkennen. Dies führt allerdings auch dazu, dass man beim Aufbauen zwischen einer rechten und einer linken Kurve unterscheiden muss. Die Fahrbahnoberflächen sind hochglänzend und besitzen ein quer ausgerichtetes, schwarzes Streifenmuster. Diese Oberfläche ist allerdings sehr anfällig für Staub und feine Kratzer.

Ab auf die Strecke:

Eine Rennbahn muss natürlich im Renneinsatz getestet werden, daher schauen wir uns nun die Steuerung, die App und den Ablauf der Rennen an.

Die Steuerung der Fahrzeuge:

Zur Steuerung der Fahrzeuge muss jedes Einzelne mit einem Smartphone mit der kostenlosen Carrera-Hybrid-App verbunden werden. Leider muss man auch zwingend ein Benutzerkonto erstellen. Mit dieser kann man nativ das Fahrzeug über eine Kombination aus Touch-Eingabe (Gas und Bremse) und Neigen des Handys steuern. Man kann jedoch auch einen Bluetooth-Controller mit dem Handy koppeln und diesen für die Steuerung nutzen. Carrera wird hierfür auch noch einen eigenen Controller veröffentlichen, wir haben im Test den Scuf Nomad (zum Test) eingesetzt. Im Test haben wir die Erfahrung gemacht, dass eine Steuerung via Bluetooth-Controller am besten funktioniert, denn dies kennen wir schon aus Rennspielen und so ist eine deutlich feinfühligere Steuerung möglich. Die Steuerung via Touch und Neigen klappt zwar auch, jedoch hat man hier keine richtige Rückmeldung, was ein feinfühliges Beschleunigen und Bremsen angeht und zum anderen neigt man beim Lenken sehr schnell zum massiven Übersteuern. Daher würden wir jedem empfehlen, einen Controller mit dem Smartphone zu verbinden. Darüber hinaus muss man berücksichtigen, dass pro Fahrzeug ein Smartphone benötigt wird.

Mit der App ins Rennen:

Die Carrera-Hybrid-App ist der zentrale Hub für die Rennen. Möchte man gemeinsam starten, öffnet man hier, wie man es aus Onlinespielen kennt, eine Lobby, der dann alle beitreten können. Da es hier keine festen Spuren gibt und man frei auf der Strecke fahren kann, können sich bis zu 16 Fahrzeuge auf einer Strecke tummeln und sogar bis zu 30 Fahrzeuge im freien Fahren.

Über die App sind unterschiedliche Rennmodi möglich, da wäre zum einen das freie Fahren. Dies kann man auf der Bahn, aber auch außerhalb der Bahn veranstalten. Schließlich sind die Fahrzeuge gewissermaßen kleine RC-Fahrzeuge, die die Fahrbahnelemente erkennen können. Somit kann man sie natürlich auch frei fahren lassen. Das freie Fahren ist sehr gut zum Üben geeignet, möchte man sich richtig messen, startet man ein Rennen. Hier kann man entweder einzelne Rennen auf Strecken der eigenen Wahl veranstalten oder man startet im Karriere-Modus durch. In diesem müssen wir uns verschiedenen Rennherausforderungen stellen und können uns dabei Stück für Stück nach oben arbeiten. Hier gibt uns das Spiel vor, welche Rennstrecken wir aufbauen müssen.

In der App lässt sich hinterlegen, welche Streckenelemente vorhanden sind, sodass dies bei der Planung berücksichtigt werden kann. Es gibt auch einen Streckenplanungsmodus, indem wir so neue Bahnen gestalten und vorbereiten können. So kann man schon im Vorfeld schauen, was möglich ist oder speichern, was sich bewährt hat.

Für die einzelnen Rennen bauen wir also zunächst die Strecke nach Vorgabe oder unserer eigenen Idee auf. Als erste Runde fährt das Fahrzeug eine Kontrollrunde, in der erfasst wird, ob Auswahl und Realität zusammenpassen, die Fahrzeuge können auch die Strecken automatisch einscannen. Die Kenntnis der Strecke ist für die App erforderlich, um zum einen die Zeiten korrekt zu erfassen und um Features, wie Fahrhilfen, korrekt auszuführen.

Assistenten und Verbesserungen:

Ein großer Vorteil der Appintegration besteht darin, dass man so die realen Fahrzeuge mit virtuellen Gaming-Features verbinden kann. So sammelt man über die Rennen Punkte und kann im Rang aufsteigen. Je weiter man aufsteigt, desto mehr Tuning-Features werden verfügbar. Anpassen kann man Reifen, Getriebe, Bremsen und man kann einen Boost einbauen. Das Fahrverhalten des Fahrzeugs ändert sich dann entsprechend diesen Anpassungen im Hinblick auf Höchstgeschwindigkeit, Beschleunigung und Handling. Dies ermöglicht eine Anpassung an individuelle Vorlieben und Fahrweisen.

Über die App lassen sich auch Fahrassistenzen einstellen. Da die App die Strecke kennt und die Position des Fahrzeugs auf der Strecke verfolgen kann, können die Fahrzeuge so beispielsweise Geschwindigkeit und Fahrrichtung für die Kurven selbstständig anpassen. Dies hilft dabei, in Kurven besser auf der Strecke zu bleiben, indem die Autos selbstständig bremsen und einlenken. Diese Assistenzsysteme sind deutlich spürbar und helfen besonders am Anfang sehr gut dabei, sich besser auf der Strecke zurechtzufinden. Ohne diese ist besonders die Kurvenfahrt sehr gewöhnungsbedürftig. Zwar kann man auch mit aktivem Assistenzsystem aus der Kurve fliegen, aber dafür muss man es schon besonders stark darauf anlegen.

Fahrgefühl:

Doch wie fühlen sich die Rennen nun tatsächlich an? Wenn man mit der klassischen Carrerabahn aufgewachsen ist, ist es schon durchaus eine gänzlich andere Welt. Man kann es mehr als eine Mischung aus RC-Auto und Rennspiel beschreiben. Die Steuerung der Fahrzeuge wurde, wie bereits erwähnt, für uns mit einem Controller deutlich zugänglicher, als mit der Touch-Neige-Steuerung via Smartphone. Das Fahrzeug reagiert sehr direkt und fährt sich grundlegend wie ein RC-Auto. Ohne Fahrassistenten braucht man erstmal eine Zeit, um ein Gefühl für die richtige Kurvengeschwindigkeit zu bekommen. Im klassischen Slotcar-Racing ist dies auch immer der Punkt, der der meisten Übung bedarf, allerdings fühlen sich die Fahrzeuge dort noch etwas direkter an. Für den Einstieg sind die Assistenzsysteme daher eine gute Lösung und wirklich sehr hilfreich. Anders als bei den spurgeführten Bahnen kann man hier aber auch natürlich auf die Strecke zurücklenken, wir haben ja die volle Kontrolle über das Fahrzeug. Was die Feinabstimmung der Steuerung und Assistenzsysteme angeht, gibt es noch Optimierungspotenzial, aber dafür werden wir sicherlich noch einige Updates bekommen, Carrera Hybrid steht aktuell noch ganz am Anfang.

Hier sieht man recht gut, wie staubanfällig die Streckenelemente sind.

Durch die Appintegration ergeben sich einige interessante Möglichkeiten, die Rennen abwechslungsreicher zu gestalten und den Wettbewerbscharakter zu steigern. Eine wirklich geniale Ergänzung wären allerdings noch KI gesteuerte Gegner. Allerdings ist hier die Frage, ob die Position der Fahrzeuge auf der Strecke ausreichend genau erfasst werden kann, um dies zu ermöglichen. Die Individualisierungsoption der Fahrzeuge ist hier aber schon ein guter erster Schritt.

Erweiterungsmöglichkeiten:

Wie man es auch von der klassischen Carrerabahn kennt, kann man auch Carrera Hybrid erweitern und ergänzen. Es gibt zwei verschiedene Startsets, die beide den Porsche 911 GT3 R in verschiedenen Lackierungen enthalten. Dieses Fahrzeug gibt es insgesamt in acht unterschiedlichen Lackierungen. Darüber hinaus gibt es noch den Ford Mustang GT3 in vier verschiedenen Lackierungen und den Ferrari 296 GT3 in sechs unterschiedlichen Designs. Insgesamt sind so 18 verschiedene Fahrzeuge zur Wahl, von denen sieben aktuell noch nicht verfügbar sind, aber vorbestellt werden können. Natürlich kann man auch die Strecke ausbauen. Dazu gibt es das „Track Pack Speed“ mit acht Geraden und das „Track Pack 1“ mit sechs Geraden und je zwei linken und rechten Kurven. Es gibt auch noch ein Set mit je zwei linken und rechten 30°-Kurven, eine Engstelle und eine 180°-Haarnadelkurve. Steilkurven und Loopings gibt es bislang noch nicht, zumindest letztere gibt es aktuell auch nur für die Carrera GO!!!.

Fazit:

Auf das Fahrgefühl der Carrera Hybrid sind wir bereits eingegangen. Es ist ein spannendes neues System mit vielen Möglichkeiten, insbesondere die App-Integration ist hier schon sehr gut gelungen. Auch die Fahrassistenzsysteme funktionieren sehr gut und halten die Fahrzeuge recht zuverlässig auf der Bahn. Bei aktivem Assistenzsystem erinnert die Neige-Touch-Steuerung stark an Mario Kart, ohne Assistenz ist sie nicht unbedingt direkt genug. Detailanpassungen sollten hier in den nächsten Monaten noch einige Vorteile mit sich bringen. Ein großer Vorteil der Carrera Hybrid besteht natürlich auch darin, dass man hier frei auf der Strecke unterwegs ist und so nicht nur seine eigene Ideallinie suchen kann, man kann auch an jeder Stelle überholen und Fahrzeuge gezielt blockieren. Lobenswert sollte man auch erwähnen, dass Carrera kurz nach dem Release sehr schnell die Controllersteuerung erängzt hat, die für ein deutlich direkteres Fahrgewühl sorgt. Der Aufbau der Strecke ist leicht möglich, und sie bietet eine angenehm breite Fahrbahn. Dank der flachen Elemente und der freien Steuerungsmöglichkeit kann man hier auch problemlos wieder auf die Strecke zurück navigieren. Auch die Strecken lassen sich einfach und schnell aufbauen, lediglich die Fahrbahnoberflächen könnten etwas kratzresistenter sein und sind leider auch sehr staubanfällig (bedingt durch die Farbe).

In den nächsten Jahren wird sich zeigen, wie gut sich Carrera Hybrid neben den klassischen Slotcar-Bahnen entwickeln wird. Das neue System bietet hier jedoch die mit Abstand bessere Basis für die Integration von Appfeatures und die Verbindung der digitalen Rennwelt mit der Modellrennwelt. Vermutlich werden hier auch vor allem die jüngeren Generationen deutlich besser angesprochen. Diese finden gegebenenfalls auch besser in die Neige-/Touchsteuerung herein.

Aktuell sind die Carrera Hybrid Starter-Sets ab 119,45 € zzgl. Porto erhältlich. Somit liegen sie im Preissegment der Carrera Evolution Rennbahnen, die Carrera GO!!! ist hier deutlich günstiger. Bedenken sollte man, dass zwei Smartphones und im Idealfall auch Bluetoothcontroller benötigt werden, dafür kommt bei der Hybrid auch deutlich mehr Technik zum Einsatz.

Das Rennbahnset Carrera Hybrid Speedway to Hell wurde Game2Gether  für den Test zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers oder Händlers auf den Testbericht hat nicht stattgefunden.

Alexander Schaaf
Seit der Jugend bin ich von PC-Hardware begeistert und habe Systeme in den verschiedensten Hardware-Generationen gebaut. Mit der Zeit kamen dann auch Videokonsolen dazu. Ich bin hier eigentlich in allen Bereich aktiv. Mit einem Schwerpunkt auf Hardware.