Styx: Master of Shadows – Test / Review

    Was fällt euch zum Namen Styx ein? Vielleicht der bekannte Fluss aus der griechischen Mythologie. Oder die Rockband aus den späten 70er Jahren. Oder der kleine Goblin aus dem Videospiel „Of Orcs and Men“. Letzterer ist ein noch ziemlich unbeschriebenes Blatt, dennoch bekommt der kleine Schuft sein eigenes Spiel spendiert. Styx: Master of Shadows bei uns im Schleichtest.

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    Launch Trailer zu Styx: Master of Shadows

     

    [box_light]Styx: Master of Shadows ist für PC, Xbox One und Playstation 4 digital verfügbar. Unser Test basiert auf der Spielversion für Playstation 4. Der Preis liegt bei ca. 30€[/box_light]

    Es ist doch immer wieder wunderbar zu erleben, dass man auch noch als altes Eisen unter den Gamern überrascht werden kann. Noch schöner, wenn diese Überraschung positiv hängen bleibt. Bezogen auf Styx: Master of Shadows hatte ich im Vorfeld keine besonders hohen Erwartungen an den Titel. Sicherlich sah das Konzept auf Trailern schick aus, aber das tut es in vorbereiteten Videosequenzen auch bei miesen Spielen all zu oft. Vom Entwicklerteam der Cyanide Studios gab es bisher auch eher mittelmäßige Kost serviert, denkt man an das Game of Thrones RPG oder eingangs erwähntes Of Orcs an Men. Nun ist auch in Styx: Master of Shadows nicht alles zu 100% geglückt, aber der Titel spielt sich interessant und bringt einen Hauch frischen Windes auf den Bildschirm.

    Für die Handlung schlüpfen wir in dritter Person in die Rolle von Styx. Der kleine Goblin hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine Taschen mit dem mächtigen Goldharz zu füllen, das aus dem vielbesagten Weltenbaum träufelt. Klingt für einen flinken Dieb eigentlich ganz leicht. Dumm nur, dass der Baum nicht wirklich zugänglich ist. Eine riesige Festung namens Akenash wurde um in herum auferbaut, um den Weltenbaum vor Feinden zu schützen. Und in ihr tummeln sich Menschen und Elben. Viele sogar – und alle mit scharfen Klingen in ihren Händen.

    Die Story beginnt seicht und erlangt nie wirklich ein Grundmaß an Tiefe – bis etwa zur Hälfte des Spiels, wenn die ersten Twists einsetzen und man so langsam ein Gespür dafür bekommt, warum Styx überhaupt an dieses Goldharz will. Viel spannender ist da schon der Aspekt, dass der kleine Styx in dieser Welt völlig fehl am Platz zu sein scheint. Wie bitte soll dieser kleine Goblin durch die schwerbewachte Feste kommen, in der sicht hunderte von gepanzerten Wachleuten aufhalten? Da kann Styx nicht viel in die Wagschale werfen, außer Heimlichkeit, Tücke und eine Brise Magie.

    In Zeiten von open world Spielen mag es auf dem Papier schnöde klingen, dass wir uns die komplette Spielzeit in einer einzigen Festung bewegen. Der Schauplatz Akenash bietet aber seinen ganz eigenen Charme. Freie Handlungsspielräume genießt man auch innerhalb dieser vier Wände zu genüge und alternative Wege und Routen gehören zum Grundkonzept des Spiels. Die Entwickler haben es also ziemlich gut hinbekommen, das Setting einerseits glaubhaft, andererseits aber auch abwechslungsreich zu gestalten. Ja, man kehrt hier und da an bekannte Schauplätze zurück, aber Akenash hat im Gesamten ein gutes Maß an Stockwerken und Räumlichkeiten spendiert bekommen, dass uns die Festung zu keinem Zeitpunkt langweilig wurde. Und man spielt geschickt mit der Inneneinrichtung, dem Dekor und Licht- bzw. Schatten, denn all das gehört zum Repertoire, dem sich Styx bedienen muss.

    Ohne den Einsatz der Umgebung ist der hintertückische Goblin nämlich ein gefundenes Fressen für die Wachen. Einen einzigen Nahkampf mag Styx überstehen, vielleicht auch noch einen zweiten, aber ein Schurke ist eben nicht geeignet für das direkte Duell. Also machen wir viel lieber das, worauf er sich versteht, wir Schleichen und dezimierenden Feind aus dem Hinterhalt heraus. Zwei Faktoren sind dazu immer im Blick zu halten: Die Sichtbarkeit und die Lautstärke. In eine Ecke gekauert oder hinter eine Wand versteckt übersehen die Wachen den kleinen Grünling und oft steckt wenige Sekunden später schon sein Dolch in der Kehle. Sehr geschmeidig wurden die Lichtkegel und die damit einhergehenden Schatten in den Spielfluss eingeflochten. Oft ist es hilfreich, die an der Wand hängenden Fakeln zu löschen, um der Dunkelheit mehr Raum zu bieten. In Kombination mit den Laufwegen der Wachen kommt früher oder später der Moment, an dem Styx brachial zuschlagen kann, ohne dabei Aufsehen zu erregen.

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    Der Tod kommt von oben

     

    Um den Größenunterschied wett zu machen, bedient sich Styx häufig Angriffen von oben auf den Feind herab. Das hat einfach den Vorteil, dass der Überblick über den Raum von oben viel anschaulicher ist, als wenn man auf einer Ebene mit den Wachen herumstreunt. Die großen Füße machen allerdings auch Geräusche beim Aufprall, daher sollte man auch immer auf den Lärmpegel achten. Und selbst wenn alles zunächst ziemlich aussichtslos erscheint, kann Styx immer noch auf seine magischen Fähigkeiten zurückgreifen.

    Genau genommen haben wir sogar so oft es ging im Verlauf des Spiels Magie verwendet, weil es einfach Spaß macht. Anfangs ist der Talentbaum von Styx noch recht mager, er entfaltet sich erst in den kommenden Stunden des Spiels. Und unendlich nutzen kann man die übermächtigen Zauber natürlich auch nicht. Viel mehr sammelt man unterwegs kleinere Portionen von Goldharz ein, dämpft damit das Kopfbrummen des schizophrenen Goblins und schaltet neue Magien frei – gleich doppelt gut also. Die coolste Fähigkeit ist ein kleiner Klon, der an Bereiche kommt, die für Styx teils unerreichbar sind. Oder man lenkt Wachen mit ihm ab, während man selbst von oben auf den nächsten Feind mit gezücktem Dolch springt. Später erlangt der Klon noch ein paar Fähigkeiten on top und wird ziemlich mächtig. Alternativ zum kleinen Mini-Me darf Styx auf andere Magien zugreifen, z.B. kann er per Goldharz-Sicht eine Art Rötgenansicht des Areals abrufen oder sich kurzzeitig unsichtbar machen.

    So oder so, Styx: Master of Shadows lässt das Handwerkszeug eines diebischen Goblins mit der Spielwelt richtig gut verschmelzen. Und das macht einen guten Stealth-Titel aus, wenn alle Elemente ineinander greifen, sich die Umgebung zu seinem Vorteil verändern lässt und man klammheimlich als scheinbar weit unterlegener Charakter für eine Menge Rabatz sorgen kann. Thief war ein ähnlicher Vertreter für die Next-Gen Konsolen, Styx macht es aber einfach alles einen Ticken besser.

    Dass es nicht zum Toptitel reicht, liegt an einigen Ungereimtheiten, auf die wir während der Spielzeit gestoßen sind. Da wäre zum einen die KI. Wir wollen sie nicht strohdoof nennen, aber ein bisschen mehr Hirnschmalz hätte den Menschen und Elben gut getan. Es zeugt nicht gerade von Intelligenz, wenn man seitlich zu einer Wache stehend einen Gefolgsmann ins Nirvana schickt und der wenige Meter entfernt stehende Kamerad davon nichts mitbekommt. Oder ein Spitzohr beim Anblick einer Leiche schon wenige Sekunden später die Suche wieder abbricht. Etwas sauer ist uns auch die Kollisionsabfrage aufgestoßen. Der kleine Styx ist beileibe kein Assassine aus einer anderen bekannten Spielreihe, aber die Kletterpassagen sind teils extrem fies. Besonders dann, wenn man sich von einem Absatz herablassen möchte, unser Goblin sich aber weigert, sich festzuhalten und statt dessen in seinen unweigerlichen Tod stürzt. Das passiert gleich mehrmals und sorgte für unnötigen Frust.

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    Verstecken, Laufwege studieren und im richtigen Moment zuschlagen

     

    Fazit

    Styx: Master of Shadows ist kein perfektes Schleichspiel geworden, aber doch ein insgesamt sehr rundes und gelungenes Abenteuer. Mag sein, dass die Story verwirrt, die KI ziemlich stupide ist und man auch grafisch hätte eine Schippe mehr drauflegen können. Aber das Gameplay passt und man muss den Entwicklern ein großes Lob dafür aussprechen, wie gut sie sich drauf verstanden haben, die Spielwelt in ihrer Variabilität zu integrieren. Der kleine Goblin genießt die völlige Handlungsfreiheit und wer sich nicht blind ins Getümmel stürzt (das der Winzling keine Minute lang überleben würde), sondern die Areale auskundschaftet, der wird erstaunt sein darüber, wie viele Möglichkeiten zum Vorgehen das Spiel bietet. Seien es Schränke als Versteck, herabfallende Kronleuchter als ultimative Waffe oder das An-der-Nase-Herumführen von Wachen mittels Klon. Auf diesem Spiel lässt sich aufbauen und wir würden uns freuen, wenn wir nach etwas Politur in einigen Monaten Styx ein weiteres Mal in einem neuen Abenteuer begleiten dürften.

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    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur