Uncharted 3: Drakes Deception – Einzelspieler Test / Review

Jede Spieleplattform hat ihre ganz eigenen Vorzeigetitel, die bevorzugt dann im eigenen Wohnzimmer ihren Showauftritt erhalten, wenn vermeintliche „Fanboys“ anderer Fraktionen so leichtsinnig waren, ihre Füße auf feindliches Territorium zu setzen. Was somit ein Gears of War für die Anhänger der 360er Xbox oder Crysis für den PC ist, heißt auf Sony’s Playstation Uncharted – eine Franchise, die seit Kurzem ihren dritten Sprössling feiert.

Schweres Erbe

Machen wir uns nichts vor: Uncharted2 war und ist bis heute eine Wucht. Herausragende Optik, wundervoller Soundtrack, der zum minutenlangen Verweilen im Hauptmenü verführte und eine klasse Story. Kaum ein Spiel wurde so sehr gefeiert und so hoch gepriesen wie der zweite Teil des Action-Abenteuers rund um Nathan Drake, Sully und diverse historische Figuren. Die Messlatte lag damit für Entwicklerteam Naughty Dog (auf Deutsch „Böser Hund!“) sehr hoch – und zwar selbstverschuldet. Kann Uncharted3 dem noch einen draufsetzen? Oder ist es doch eher ein Uncharted2.5 mit anderer Story…? Bevor wir zu viel verraten: Uncharted3 ist ein wirklich großartiges Spiel! Es hat jedoch ein paar Macken, die nicht hätten sein müssen und unserer Ansicht nach nicht hätten sein dürfen. Und wie so oft fallen vor allem bei den ganz großen Spielen die kleinen Macken stärker auf als die großen Macken bei den ohnehin schlechten Spielen. Versteht die folgende Kritik also nicht falsch. Wir hätten auch auf 10 Seiten das Spiel in den Himmel loben können, wäre damit aber jemandem geholfen? Aber der Reihe nach…

 

Gemischte Gefühle zu Beginn?

Der Einstieg ins Spiel dürfte manchen Uncharted-Veteranen wundern. Kein unvermitteltes Action-Feuerwerk, keine halsbrecherische Einstiegsszene, kein steil ansteigender Spannungsbogen? Nein, diesmal finden wir uns – ebenso unvermittelt – mit Nathan und Sully in einer schummrigen Kneipe wieder und stecken wenige Minuten später im wohl längsten Faustkampf der Spielegeschichte. Hier wollte Naugthy Dog offenbar auch für absolute Vollpfosten idiotensicher erklären, wie das neue Nahkampfsystem funktioniert. Dieses wurde deutlich vereinfacht – per Quadrat schlägt man zu, per Dreieck pariert man. Stellenweise kommt Button(s)mashing per Kreistaste hinzu, wenn man irgendwo im Schwitzkasten steckt oder festgehalten wird. Das kapiert ja nun wirklich jedes Kind! Davon sollte man auch ausgehen dürfen, denn die Kämpfe dauern … und dauern … und dauern… einfach zu lang. Das nervt schon im Einstieg und wird sich leider als eines der wenigen aber gewichtigen Mankos durch das komplette Spiel ziehen. Leider kann man diesen Nahkämpfen nicht entgehen – sind sie einmal eingeleitet, muss man sie zuende kämpfen, auch wenn hundert Söldner dabei gleichzeitig auf den Spieler feuern. Was dabei doppelt bitter ist: Wer hier taktische und spannende Kämpfe erwartet, wird böse enttäuscht. Tatsächlich reicht es, einfach in schneller Abfolge immer wieder Quadrat und Dreieck zu drücken. Damit gewinnt man jeden Kampf fehlerfrei (meine längste fehlerfreie Schlagfolge liegt laut ingame Statistik im vierstelligen Bereich…)

Hat man den zähen Einstieg hinter sich, kommt langsam die Story in Gang und entfaltet sich erst in der zweiten Spielhälfte vollständig. Somit hat man im Vergleich zu Uncharted2 (erinnert sich noch jemand an die Zugszene vom Einstieg?!) das mulmige Gefühl, eine lahme Kopie des preisgekrönten Vorgängers zu spielen.

 

Technik vom Allerfeinsten!

Dies gilt jedoch ausdrücklich nur für die anfängliche Story und den extrem flachen Einstieg. Technisch ist Uncharted3 unzweifelhaft das beste, was es momentan auf den Konsolen zu bewundern gibt. Egal ob es der brillante Soundtrack ist, der schon nach Hollywoodmaßstäben herausragend wäre oder ob es die unglaubliche Kulisse ist, in der UC3 spielt – es ist ein sensationelles Erlebnis! Malerische Altstädte, mit Leben gefüllt und hunderten, wenn nicht gar tausenden Details (egal ob auf Textur- oder Objektebene) – hier wirkt alles stimmig, real, glaubhaft und irgendwie perfekt. Standard-Texturen wird man im gesamten Spiel nicht finden. Alles wirkt, als wäre es von Hand bemalt und gestaltet worden und auch die Akribie, mit der selbst in den entlegensten Winkeln noch detaillierte Objektunikate untergebracht wurden, überzeugt und begeistert. Dabei spielt es keine Rolle, ob Nathan zu Beginn in London, Frankreich oder mittelalterlichen Schlössern oder sehr viel später im Jemen und verlassenen Wüstensiedlungen den Hinweisen auf seinen Urahnen folgt – hier wurde nicht nur sauber gestaltet sondern auch gut recherchiert. Man erkennt auf Anhieb wo man sich befindet – inklusive kultureller Bestandteile und zum Teil traditioneller Architektur und Kunst. Toll!

Tatsächlich hat man stellenweise nicht mehr das Gefühl, ein Spiel vor sich zu haben. Man guckt tatsächlich einfach nur so zu, ganz wie bei einem Film oder einer Auslandsdokumentation! Einfach, weil es toll aussieht und weil es so viel zu gucken gibt! Es wäre eigentlich eine Schande, durch diese lebendigen Gemälde einfach nur durchzurennen, ohne einen Blick nach links oder rechts zu verschwenden. Das Spiel läuft dabei jederzeit vollkommen flüssig und typische PS3-Schwächen wie Kantenflimmern oder zackige Schatten treten gebietsabhängig selten bis gar nicht auf. Lediglich die etwas kernige Darstellung des französischen Waldes bleibt deutlich hinter dem Dschungel des Vorgängers zurück. Wer aber zum ersten Mal seine virtuellen Füße über den beinahe spürbar glühenden Wüstensand Arabiens geschleift hat, wird an den etwas unansehnlichen Wald keinen Gedanken mehr verlieren – WOW! Aber schaut euch das selbst an. Das könnte man seitensweise beschreiben und würde es doch nicht treffen. Hier kann UC3 also voll und ganz überzeugen! Ein echtes Meisterwerk, wie es derzeit nichts Vergleichbares gibt. Selbst Gears of War 3 kann hier nicht mehr mithalten, dafür ist UC3 einfach zu detailverliebt und kunstvoll.

 

Zwischen Erkunden, Rätseln, Klettern und Ballern

Wie schon die Vorgänger ist Uncharted3 vollkommen linear. Zwar dürfen bereits absolvierte Kapitel jederzeit wiederholt werden, dies aber nur aus dem Hauptmenü heraus und ohne spielerische Auswirkungen. Auch ist das Spiel wieder in knapp zwei Dutzend Kapitel unterteilt, die je nach Spielweise und Schwierigkeitsgrad in ca. 6-8 Stunden geschafft sein sollten. Nach wie vor gibt es in abgelegenen Winkeln Schätze zu finden, die leider noch immer keinen Nutzen im Spiel darstellen. Diese finden sich aber teilweise an haarsträubenden Punkten – so findet man beispielsweise gleich zu Beginn im Museum (!) ein wertvolles Artefakt – hinter eine Topfpflanze. Oder eine goldene Statue – in einem Fischerboot. Das mag stellenweise nicht so ganz einleuchten – da man die Schätze aber ohnehin nur zum Erreichen der Trophäen benötigt, kann man darüber auch irgendwie hinwegsehen. Schade nur, dass man im Spiel keinerlei Nutzen daraus zieht, dann würde die Schatzsuche doch gleich doppelt so viel Spaß bringen!

Im Mittelpunkt der Story steht diesmal ein seltsames Artefakt, das Nathan „Nate“ Drake schon seit seiner Kindheit in seinem Besitz hat und das angeblich den Weg zur versunkenen Wüstenstadt – dem Atlantis der Wüste – zeigen soll. (Ist noch nie jemandem vorher der silberne Ring um Nates Hals aufgefallen? Genau, der spielt mit eine der Hauptrollen). Und ganz im Stile Indiana Jones´ folgt Nathan mit seinem Kumpel Sully den historischen Spuren beinahe rund um den Globus bis in die glühenden Wüsten Arabiens.Dabei darf natürlich ein Antagonist, diesmal in weiblicher Form, nicht fehlen. Dieser ist ebenso auf der Suche nach der versunkenen Wüstenstadt und taucht auch ganz im Stil klassischer B-Movies immer dann auf, wenn Nathans Team grade wieder ein Rätsel gelöst, eine besonders wertvolle Reliquie gefunden oder einen besonders harten Einsatz überlebt hat. Das ist derart vorhersehbar, dass sogar Nathan selbst an einer Stelle trocken bemerkt „Also langsam wird’s echt lächerlich!“. Danke für diese Selbstironie Naughty Dog!

 

 

Ansonsten wird stellenweise, nur leider etwas zu selten, clever gerätselt (wie immer mit Hilfe des Tagebuchs), es wird viel gesprungen, noch mehr geklettert – und noch mehr geschossen. Glücklicherweise gibt es keine endlosen Gegnerwellen mehr wie in Uncharted1 noch, dafür strömen dennoch teilweise massenweise Gegner aus den unmöglichsten Winkeln – immer dann, wenn man eine „Welle“ besiegt hat, taucht die nächste auf, und das leider auch oftmals an Stellen, die man bereits für sicher gehalten hat – bevorzugt hinter dem Spieler, der dann panisch versucht, eine neue Deckung zu finden. Diese skriptgesteuerten Spawnpunkte hätte sich ND schenken können. Erstens wirkt es sehr oft vollkommen unglaubwürdig, etwa dann, wenn man in einem jahrtausendealten Verlies auf einmal auf hunderte bewaffneter Söldner trifft… zweitens wirkt es wie ein künstliches Strecken der Spieldauer. Es würde voll und ganz reichen, gegen drei oder vier clevere Gegner zu kämpfen und sich spannende Stellungskämpfe zu liefern! Es müssen keine dreißig hirnlosen Dorftrottel sein, die sich lieber selbst mit Granaten in die Luft jagen als sie zu werfen. Apropos Granaten: Diese dürfen nun neuerdings über einen Quicktimeevent auch zurückgeworfen werden. Dafür steht immer ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung, das grafisch gut dargestellt wird. So weiß man immer, ob man noch genug Zeit hat oder besser mit einem Satz in Deckung gehen sollte. Die KI geht meist trotzdem in Ordnung. Versteckt man sich zu lange in einer Deckung, wird man schon mal taktisch klug umrundet und eingekreist oder mit oben genannten Granaten aus der Deckung geprügelt. Diese sind aber aufgrund der neuen Rückwurffunktion bei weitem nicht mehr so bedrohlich wie noch im Vorgänger. Im Gegenteil! Das ein oder andere Gefecht kann man spielend gewinnen, indem man sich einen Spaß daraus macht, die Gegner nur mit ihren eigenen Granaten zu malträtieren. Es kommt aber auch vor, dass ein Gegner mit gezogener Waffe direkt vor einem steht, zuckt und sich wieder umdreht. Dass man von der KI auch nicht gesehen wird, wenn man Maschendraht oder Treppengeländer als Deckung wählt, ist ebenso rätselhaft wie der ein oder andere Freitod eines Gegners durch einen beherzten Sprung in die Tiefe. Hier kann man wirklich nur ein Fazit ziehen: Bitte weniger Kämpfe, dafür mehr Rätsel!

Uncharted war nie ein Shooter – und steht mit dem dritten Teil gefährlich auf der Kippe, doch noch einer zu werden. Meine ingame Statistik zeigt das auch deutlich: Von rund 8 Stunden reiner Spielzeit fallen fast 4,5 Stunden nur auf die Schussgefechte. Dabei sind es gerade die Rätseleinlagen, die im Vergleich zum zweiten Teil doch etwas mehr Hirnschmalz erfordern und das Spiel jedesmal aufs neue spannend und interessant machen!

Steuerung mit Macken

Was hat Naughty Dog nur mit der Steuerung angestellt…? Dass die oben bereits erwähnten Nahkämpfe etwas in die Hose gegangen sind, wissen wir ja nun bereits. Dass aber auch die aus Teil 2 vertraute Steuerung dahingehend modifiziert wurde, dass sich das Fadenkreuz beim Zielen stellenweise nicht mehr sauber lenken lässt sondern sehr träge startet und dann rasend schnell über den Bildschirm flitzt, ist ein echter Faux-Pas. Mag sein, dass hier mit dem Release noch nachgebessert wird – in unseren Testversionen ist jedenfalls beiden voneinander unabhängig testenden Spielern dieser Punkt sehr negativ aufgefallen. Ein echter Spaßvernichter! Hier hoffen wir dringend auf Nachbesserung oder zumindest optionale Korrektur, denn so werden die eh oft langen Kämpfe nur mit viel Frust zu bewältigen sein. Ich habe jedenfalls in zwei Kämpfen kurzerhand den Schwierigkeitsgrad auf „sehr leicht“ geändert, da nach dem 20. Respawn meine Geduld einfach zu Ende war – nicht, weil ich so ein schlechter Schütze wäre sondern weil ich dank der hakeligen Steuerung ganze Magazine in die Luft gefeuert habe, obwohl mein Ziel nur wenige Meter vor mir langsam laufend auf mich zukam. Auch sonst passiert es neuerdings öfter, dass man an unsichtbaren Kanten hängen bleibt und man Sekunden später vom letzten Checkpoint neu startet. Gab es das in UC2 auch schon? Wir meinen nein!

Wir glauben aber, das kann mit einem Patch gelöst werden und wir meinen ebenfalls – das wird es auch. Das muss es einfach. Somit lassen wir diesen Punkt nur am Rande mit in die Wertung einfließen.