Rainbow Six: Siege – Test

    Wenn ein Platzhirsch zurück in seine Heimat kommt, dann bedeutet das meist einen Grund zum Jubeln. Im Falle der Taktik-Shooter gehört dieser Titel eindeutig der Tom Clancy Reihe und dort vorweg Rainbow Six. Nach 8 Jahren Abwesenheit kommt mit Rainbow Six: Siege frisches Futter – endlich!

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    Es sind tatsächlich schon 8 Jahre her, seit wir das letzte Tom Clancy Ranbow Six vorgesetzt bekamen. Rainbow Sieg: Vegas 2 war der letzte Titel seiner Art, ehe Patroits eingestampft und damit eine lange Wartezeit eingeläutet wurde. Bekanntlich sagt man ja, dass alles, was lange währt, gut wird und im Falle von Rainbow Six: Siege haben die Entwickler auch einen guten Job gemacht.

    Naja fast zumindest, denn im Vorfeld lief die Kommunikation mit den Fans nicht so wirklich optimal. Spätestens als bekannt wurde, dass Rainbow Six: Siege ein reiner Multiplayer-Titel werden würde, empörten sich alle Freunde solider Einzelspieler-Missionen und Storys. Diese Sicht kann man vertreten. Oder aber, man ruft sich nochmals in Erinnerung, wie das früher mit den Bots denn nochmal war. Richtig, darauf hat nämlich keiner mehr Lust in dieser Zeit, also hatte Ubisoft schlicht gar keine Alternative. Weiterhin gab es bis zum letzten Moment dermaßen technische Probleme, dass sich – nach den mageren positiven Feedbacks der Closed Beta – auch die offene Beta verzögerte. Als Spieler weiß man , was das bedeutet und man fürchtete schon ein ähnliches Desaster wie zum damaligen Release von Assassin’s Creed Unity.

    Und dann kam das große Aufatmen, als wir unsere Testversion spielen durften: Installieren, Patch runterladen und das Spiel läuft!

     

    Zum Start empfängt uns ein kurzes Intro und erklärt, warum überhaupt die Sondereinheit Rainbow zurück ins Leben gerufen wurde. Im Kampf gegen den globalen Terrorismus sieht man sich nicht mehr als den Herrn der Lage und so sollen es eben die Spezis richten. Im Hinblick auf die sonst so starke erzählerische Dichte von Tom Clancy’s Spielen und Romanen wirkt das Setting etwas plump und so gar nicht ausgeschmückt. Für das eigentliche Spiel, gerade als reiner Multiplayer-Titel, mag das zwar ziemlich egal sein, aber es enttäuscht schon etwas, dass man mit so wenigen Worten im Vorfeld abgespeist wird.

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    Bevor man sich jedoch ins großartige PvP begibt, sollte man sich mit den grundsätzlichen Spielmechanismen vertraut machen. Das sagen wir deshalb so explizit, weil ihr sonst im Onlinemodus gnadenlos untergehen werdet. Hier bieten sich die Modi an, die man kooperativ gegen Bots spielt. Besonders Fans der älteren Teile wird es freuen, dass es der „Terrorist-Hunt“ Modus zurück ins Spiel geschafft hat. Ferner bietet ein weiterer Modus namens „Situations“ ein ähnliches Koop-Prinzip, was sich im Koop wunderbar flüssig spielen lässt. Hier muss niemand auf die Uhr schauen, denn kein virtueller Zeiger tickt im Hintergrund und ihr könnt euch in aller Ruhe ans Missionsziel machen. Für die Motivation tun all diese Single-Modi recht wenig, aber letztlich dienen sie auch dazu, sich das Spiel anzueignen. Hier lernt man am besten die Maps mit ihren Tücken, Gängen und Winkeln kennen und schaltet unterwegs auch noch gleich die ersten Einsatzkräfte frei.

    Hat man die Missionen durch, darf man sich ruhigen Gewissens ins waschechte PvP schmeißen. Hier treten immer 5 gegen 5 Spieler an: 5 Terroristen und 5 Spezialisten. Nach jeder Runde wird die Seite gewechselt, also ganz so, wie man es aus anderen Shootern gewohnt ist. Die Spezialeinheit kümmert sich in erster Linie um das Erreichen der Missionsziele. So müssen Bomben entschärft, Geiseln gerettet oder Räume eingenommen werden. Auf der Gegenseite sollten die Terroristen natürlich alles daran setzen, die Angreifer in Schach zu halten und sie am Einsatzziel zu hindern. In jedem Falle endet die Runde automatisch, sobald ein Team komplett ausgelöscht wurde.

    Zur Vorbereitung können die Terroristen einzelne Passage präperieren, etwa mit Stacheldraht oder Granaten-Abwehrmechanismen. Die Spezis hingegen nutzen ihre Hightech-Drohnen, um die kurzen Sekunden vor dem Match sinnvoll mit der Erkundung und dem Finden des Zielobjektes zu verbringen.

    Das klingt bisher alles sehr nach einem generischen 0815-Shooter und würde so für sich wahrscheinlich auch im Einheitsbrei versinken. Aber Rainbow Six: Siege spielt seine Trümpfe aus, sobald ihr im Spiel angekommen seid.

    Während des Einsatzes garantieren wir euch ein Maximum an Adrenalin. Wo andere Shooter auf flinke Dynamiken und fixe Action-Orgien setzen, geht Rainbow Six: Siege einen anderen Weg und entführt euch mitten rein in einen Thriller. Hier herrscht Hochspannung und man spürt förmlich ein leises knistern unter jedem Schritt, den man nach vorne macht. Taktisches Vorgehen und Teamabsprachen sind unabdingbar, um bestehen zu können. Seid euch gewiss, das jedwede Rambo-Einzelaktionen viel schneller im Tode enden, als euch lieb sein wird.

    Neben dem richtig tollen Mapdesign bekommen wir in Rainbow Six: Siege endlich eine zerstörbare Umwelt, die ihrem Namen auch gerecht wird. Hier macht es plötzlich Sinn, dass wir ein Loch in die Wand sprengen dürfen, um uns einen essentiellen Vorteil zu verschaffen. Der Clou darin liegt in der Symbiose aus klugem Kartenaufbau und zerstörbarer Infrastruktur. Jede Map und jede Runde spielt sich völlig neu durch dieses Zusammenspiel und genau das ist es, was den Kick ausmacht. Das und die Tatsache, dass jeder Schritt der letzte sein könnte und man sich gleich eine tödliche Kugel einfängt. Faktisch weiß man nie, von wo der Gegner plötzlich her kommen könnte.

    Wer getötet wird, ist für den Rest der Runde weg. Maximal darf der getötete Kamerad noch im Off die Überwachungskameras nutzen und so seinen Kollegen ein paar Tips zuspielen, aber seine Waffe wird im weiteren Levelfortschritt schmerzlich vermisst. Was nicht bedeutet, dass man in der Unterzahl keine Chance mehr gegen die Feinde hat. Im Gegenteil, das Spiel ist fast schon ein Paradebeispiel dafür, dass man mit taktischem Kalkül und einer ruhigen Hand stets in der Lage ist, wie aus dem Nichts heraus zurückzuschlagen. Wir hatten diverse Matches, in denen wir ein 3 oder sogar 4 Kameraden verloren und dann doch noch die Runde zu unseren Gunsten drehen konnten – oder auch umgekehrt.

    Mit dem fortschreitenden Spielverlauf sschalten wir später dann auch neue Kameraden frei. Derer hat man dann am Ende satte 20 und jeder bringt eigene Fähigkeiten und Ausrüstungen mit sich. So findet sich jeder Spielertypus letztlich wieder und kann seinen Favoriten auswählen, wobei pro Runde jede Figur nur 1x vertreten sein darf. Durch das scharfe Gameplay und dem Wissen, dass man erst langsam und vorsichtig ins Spiel findet, überfrachtet bzw. überfordert man mit den schrittweise Freischaltungen den Spieler nicht, was letztlich geschickt gelöst ist. Man lernt so jeden Charakter kennen, schätzt oder hasst seine Vor- und Nachteile und probiert unterschiedliche Taktiken mit ihm aus. Auch hier können wir nur sagen, dass ihr jeden Charakter mehrere Runden ausprobieren solltet, um mit den Feinheiten vertraut zu werden. Während sich der eine mit seinem Schlaghammer als kleine Dampfwalze zeigt, müssen andere weitaus vorsichtiger im Kampf sein, glänzen dafür aber mit technischen Gadgets.

    Von großem Vorteil, wenn nicht sogar schon obligatorisch, ist die Nutzung eines Headsets. Schön, dass selbst auf Playstation 4 nahezu alle Mitspieler ein Headset in unseren Spielrunden am Start hatten und wir uns untereinander koordinieren konnten. Absprachen sind das A und O im Spiel und mit Headset macht es das Vorgehen ein großes Stück leichter.

    Auf der technischen Seite erleben wir Höhen und Tiefen. Das Matchmaking ist noch nicht perfekt, wodurch man gelegentlich längere Wartezeiten in Kauf nehmen muss. Sobald die Runde gestartet wurde, läuft dann allerdings auch alles rund. Ferner erscheint die grafische Leistung an manchen Stellen eher suboptimal. So erkennt man regelmäßig unschöne Texturen, stößt auf Clipping- und Kantenfehler und erlebt ein Nachladen von Grafiken. Das stört im Spiel weniger, fällt aber nicht wwirklich positiv auf. Viel besser ist da schon der Sound, wobei einen großen Reiz des Spiels eben auch die Stille ausmacht und man sich dabei ertappt, wie man auf jedes noch so kleine Nebengeräusch achtet. Es könnten ja Fußtritte oder eine geworfene Granate sein…

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    Fazit

    Rainbow Six: Siege ist kein Shooter für die breite Masse. Das war mit der Serie nie so und das wird auch nie so werden – und das ist gut. Wer neben den zahlreichen Action-Shootern mal einen Gang zurückschalten möchte und sich auf taktische Gefechte freut, der wird hier fündig. Die Tiefe des Spiels wird dem Spieler erst nach einigen Matches bewusst, denn erst später offenbaren sich alle Feinheiten. Und selbst dann, wenn man alle Gänge, alle Winkel und alle Gadgets auswendig kennt wird man in der nächsten Runde mit einem Manöver überrascht, das man bis dato noch nicht erlebt hat. Rainbow Six: Siege ist Nervenkitzel und Adrenalin – kein Rush and Go. Eine fehlende Kampagne und nicht wirklich motivierende Solo-Missionen sollten Spieler vom Kauf nicht abhalten, denn der Kern des Spiels liegt einzig und allein im PvP. Das Beste ist: Es steht Rainbow Six drauf und genau das gibt es auch, und zwar die volle Packung!

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    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur