For Honor – Test / Review

    Mit For Honor hat Ubisoft kürzlich Schwert-schwingende Hünen auf unsere Mattscheiben losgelassen. Für uns natürlich Grund genug, uns die virtuelle Rüstung überzustreifen und mal zu gucken, was For Honor so alles zu bieten hat. Und genau das erfahrt ihr jetzt bei uns hier im Test.

     

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    Nachdem ich jetzt eine ganze Menge Stunden mit etlichen virtuelle Schlachten in For Honor hinter mir habe, muss ich festhalten, dass ich im Vorfeld eine falsche Vorstellung vom Spiel hatte. Das mache ich an zwei Punkten fest. Zum einen dachte ich den Trailern und Gameplays nach zu urteilen, dass For Honor ein recht zügiges und flottes Multiplayer-Spiel werden wird mit kleineren Schlachtszenarien auf begrenzen Maps. Und zum anderen, und dieser Punkt ist hausgemacht von Ubisoft, war ich nach der Beta einer der nicht wenigen, die ziemlich schlecht über For Honor urteilten. Tatsächlich reicht eine kurze Google-Suche, und man findet haufenweise Einträge in Foren, die noch aus der Zeit der Beta rühren und ganz viel Mimimi zum Ausdruck bringen.

    Jetzt ist die finale Spielversion da und ich muss mich selbst revidieren. Selten habe ich es erlebt, dass eine Beta so deutlich vom finalen Produkt abweicht. Zumal die Beta im Falle von For Honor ja noch gar nicht so lange her ist. Frei nach dem Motto: Ende gut, alles gut. Zumindest ziemlich gut.

    Die Spielbaren Fraktionen und Kämpfer von For Honor

     

    In For Honor spielen Ritter, Vikinger und Samurai die Hauptrollen. Jede Fraktion hat dabei drei Grundtypen an Kämpfern, die sich ganz grob in ähnliche Rollen aufteilen lassen. Da wäre der klassische ausgewogene Charakter, der eine gute Balance zwischen offensiven und defensiven Fähigkeiten hat. Dazu gesellt sich ein schwerrüstiger Tank, der schon deutlich mehr einstecken kann. Und natürlich darf der Damage Dealer nicht fehlen, der zwar ordentlich austeilen, dafür aber kaum was auf die Rübe bekommen darf. Die Rolleneinteilung muss man etwas mit Bedacht so hinnehmen, da sich jeder einzelne Charakter noch aufmotzen lässt mit Waffen, Rüstungen, etc.

    Dem Spiel könnte man die vielbesagte Überschrift „easy to learn – hard to master“ verpassen. Die Steuerung zu lernen ist in der Tat kein Kunststück, hier haben die Entwickler die Buttons am Controller ziemlich logisch und schnell eingängig belegt. Kernpunkt der Steuerung sind die drei Grundhaltungen der Waffe, mit denen Man Angriffe bzw. Paraden bewerkstelligt. Rechte Seite, linke Seite und über Kopf, so lauten die Eckpfeiler des Kampfes. Gleichsam funktioniert dann auch die Verteidigung. Droht uns ein Hieb von rechts, dann muss unsere Defence auf die rechte Seite verlagert werden, um dem Stahl Paroli zu bieten. Und hier setzt dann auch das oben erwähnte hard to master an. Denn nur, wer die flüssigen und wohl getimten Übergänge zwischen Angriff und Verteidigung hinbekommt, der hat eine Chance, in For Honor ein Plätzchen auf dem Siegerpodest zu ergattern.

    Während der Schlacht verschiebt sich permanent die Frontlinie

     

    Im Grunde genommen ist For Honor sogar ein sehr defensives Spiel. Zumindest habe ich spürbar mehr Erfolg, wenn ich im Duell zunächst abwarte und dem Gegner den ersten Zug überlasse. Sitzt dann der Block, dann erfolgt fix der Übergang zum Angriff. Es sind eben diese wertvollen Sekundenbruchteile, die man nutzen muss, wenn der Gegner kurz taumelt. Dann kommt der schnelle Gegenangriff und ist dieser gut abgestimmt, kostet das den Feind wertvolle Lebenspunkte. Garniert wird das reaktionsreiche Gefecht durch Dodges und Guard Breaks. Auch hier muss man aufpassen, zu welchem Angriff der Feind übergeht. Guard Breaks können nicht geblockt werden, egal, wie man sein Eisen gerade hält. Hier hilft nur ein Ausweichmanöver, was wiederum kurz Zeit zum Gegenangriff lässt.

    Und das gefällt mir richtig gut an For Honor. Das Kampfsystem ist ein abwartendes, ein Abtasten auf kürzester Distanz mit einer kleinen Komponente von Psychospielchen. Timing ist alles und wirklich alles in For Honor. Nicht selten laufen einem im Spiel dann Neulinge über den Weg, die meinen, man kann einfach mal drauf losstürmen und ordentlich austeilen. Meist dauert es nur wenige Sekunden und der Draufgänger ist im virtuellen Valhalla gelandet. Sehr geschickt setzt Ubisoft auch die Umgebung ein. Man muss nicht nur auf den Feind, sondern mit mindestens einem Auge auch auf das Setting achten. Sonst geht selbst ein Ritter mit dickster Stahlpanzerung mit nur einem Manöver down, sollten sich beispielsweise Stachelfallen in der Nähe befinden. Ein beherzter Schubs genügt an dieser Stelle.

    For Honor bietet aufgrund der ausgewogenen Figurengestaltung auch ein erstaunliches Maß an Langzeitmotivation. Für gewöhnlich findet man schnell seinen Lieblingsrecken und levelt ihn allmählich hoch. Als Belohnung winken nicht nur bessere Waffen und Rüstungen, sondern auch aktive und passive Skills, sogar Zweitwaffen sind mit dabei. Diese sind ziemlich mächtig, ihr Einsatz ist allerdings mit Bedacht zu wählen, da sie alle einen Cooldown besitzen. So eine kleine Handbombe am Gürtel baumeln zu haben ist jedoch ein gutes Gefühl und kann situativ sogar entscheidend für die Schlacht sein. Letzteres liegt mit am Spielmodus, der gerade aktuell ist, wobei es sich hier um die gängigsten Spielmodi wie Punkte besetzten und halten etc. handelt.

    Die taktischen Duelle sind schon irgendwie wohltuend

     

    Wer neu in For Honor ist, der wird neben dem Tutorial (überlebenswichtig!) auch die Kampagne (noch überlebenswichtiger!) ausprobieren wollen. Titanfall 2 hatte hier kürzlich imposant gezeigt, dass ein vermeintlicher Multiplayer-Titel auch im Solomodus reizbar sein kann. For Honor ist hier nicht ganz so weit, die Kampagne ist eher eine nette Beigabe. Immerhin ist sie im Koop spielbar. Von ihrer Dauer und auch vom Gebotenen her ist sie allerdings kein Kaufgrund, denn For Honor spielt im Multiplayer sein Stärken aus.

    Sowohl Sound, als auch Soundtrack machen eine gute Figur und beleben das Szenario. Dynamische Klänge dröhnen aus den Boxen und der Soundtrack dürfte bei manchen Spielern ein wohltuendes Gefühl auslösen. Grafisch spielt For Honor in der gehobenen Klasse, die wir von AAA-Spielen erwarten, mit. Die Maps sind gut und klar strukturiert, Farben und Umgebungstöne ebenfalls sauber umgesetzt. Bugs hatten wir eigentlich keine während unseres Tests, wobei 2x die Verbindung zum Server unterbrochen wurde. Positiv fällt die Gestaltung der gepanzerten Ritter, furchteinflößender Vikinger und graziler Samurai auf. Egal, welchen Charakter man gerade spielt, man hat immer den Eindruck, dass es sich dabei um eine echte Persönlichkeit handelt und nicht um eine 0815-Schaufensterfigur.

     

    Fazit

    Da hat mich For Honor letztlich doch tatsächlich überrascht – im positiven Sinne. Im Vorfeld konnte ich nicht wirklich absehen, dass For Honor eine ganze Menge Feingefühl und Klasse mit sich bringen wird. For Honor folgt bildlich gesprochen seinem ganz eigenen Rhythmus, dessen Takt man erst langsam und bedächtig folgt, um später zu merken, dass man unbedingt der König der Tanzfläche sein will. Wer ein schnelles Abenteuer für den Multiplayer sucht, wird hier nicht fündig. Wer statt dessen am Ball bleibt, wird dafür mit einer stetigen Lernkurve und stolz machenden Finishern belohnt. Der Schuss hätte auch deutlich nach hinten losgehen können, in sofern kann man Ubisoft zu diesem etwas außergewöhnlichen Wagnis eigentlich nur gratulieren.

     

    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur