Elite: Dangerous – Test / Review

    Fesselnde Weltraum-Simulationen lassen sich heutzutage kaum noch blicken und wenn, dann in einer unbefriedigenden und eingeschränkten Form. Ein Freelancer, wie es uns vor Jahren begeisterte wartet noch immer vergeblich auf einen neuen Aufguss und das Kickstarter-Phänomen Star Citizen ist auch eher eine (hübsche, teure, große, beinahe schon Terabyte-schwere) Weltraum-Kampfsimulation. Ob Elite: Dangerous das neue Licht am Horizont ist und die quälende Lücke zu füllen vermag, lest ihr in unserem Testbericht.

    Kaltes, unbarmherziges Ringen nach Luft

    Elite Screen 2
    Die Kälte des Alls ist im Spiel beinahe spürbar

    Die Front wird von leichten Rissen verziert und unsere Sicht auf den roten Zwergen des derzeitigen Systems wirkt tausend Mal bedrohlicher als vor wenigen Minuten. „Hüllen-Integrität beeinträchtigt“, klingelt es uns mehrmals in den Ohren und wir wissen: Die restliche Energie muss für die Lebenserhaltung und den letzten, rettenden Hypersprung zur nächsten Station reichen. Klirren erschüttert das Cockpit und Luft entweicht; die Anzeige unseres HUDs verrät, dass nur noch etwa 40 Sekunden wertvoller Sauerstoff für unseren Anzug übrig sind. Während sich die Triebwerke für den verzweifelten Sprung aufladen könnte ein letztes Stoßgebet hilfreich sein – 3, 2, 1…

    Die per Kickstarter ins Leben gerufene Space-Sim Elite: Dangerous (nachfolgend mit ED abgekürzt) weiß bereits in ihrer Beta- (, beziehungsweise je nachdem Gamma-)Phase das Blut in euren Adern zu gefrieren. Alternativ lädt es euch zu unverwechselbaren Expeditionen an den Rand der Galaxis oder unbarmherzigen Dogfights im dunklen All ein. „Elite..? Das kenn‘ ich doch irgendwo her!“ – richtig, denn die Reihe der Schöpfer David Braben und Ian Bell kam bereits 1984 auf die Welt. Heute und zwei Nachfolger später, hat sich das Projekt auf der Plattform Kickstarter erfolgreich durchgesetzt und lässt sich schon jetzt auf PC und Mac spielen. Eine Xbox One Fassung soll im Herbst folgen.

    Aller Anfang ist (oft unnötig) schwer

    Elite Screen 1
    Beruhigende Lichter weisen den Weg nach Hause

    ED ist erbarmungslos. Das umschreibt nicht nur sehr gut die eingangs erwähnte Situation (die ich repräsentativ als Testpilot tatsächlich mehrmals erlebt habe), sondern auch die Tatsache, dass ihr ohne besondere Hilfestellungen ins kalte Weltall geworfen werdet. Beginn eurer Karriere ist eine zufällige Weltraum-Station und euer angedocktes Anfänger-/Allrounder-Schiff mit dem Namen „Sidewinder“. Bis auf eine einmalige Checkliste, die euch beim ersten Abdocken grob die Schiffssteuerung näher bringt, war’s das auch bereits. Die subtile Aufforderung zur Wissbegierde und Lernbereitschaft stellt hierbei leider auch so ziemlich einen der größten Kritikpunkte dar.

    Sofern der nachfolgende Abdock-Vorgang ohne allzu große Verluste von statten ging – was ihr durchaus als ersten Erfolg verbuchen dürft – befindet ihr euch schwebend vor der Heimatstation und das gesamt Weltall liegt euch quasi zu Füßen. Was ihr tun wollt, wohin es euch verschlägt und wie schnell die Versicherung euch (natürlich nicht umsonst) ein neues Schiff bereitstellen wird, liegt ganz an euren Entscheidungen. Die Spielwelt von ED ist gigantisch und ihr werdet weder in Rollen hinein gezwängt, noch nimmt euch das Spiel an die Hand.

    Wish you were here~

    Elite Screen 4
    Atemberaubende Augenblicke gibt es zuhauf in Elite: Dangerous

    Knapp 400 Milliarden(!!!) Sternensysteme stehen zur Erforschung und allem Anderen parat. Ersteres ist eins der vier Hauptpfeiler des Gameplays. Erforschung ist die ruhigere, jedoch deshalb nicht weniger imposante Art, im Spiel Geld und vor Allem Reputation zu verdienen. Letzteres ist im Vergleich zu einem einfachen Ranking – wie es aus anderen Spielen bekannt ist – tatsächlich „echt“. Werden auf der Reise in bisher jungfräuliche Zonen des Alls neue Sterne und Planeten zum ersten Mal von einem Piloten entdeckt, werden diese auf ewig mit seinem Namen gebrandmarkt. Die gewonnen Daten lassen sich zudem wie auch sonst in entfernten System für einen gewissen Obolus verkaufen und werden somit anderen Spielern in Echtzeit bereitgestellt. Klingt befriedigend? Ist es auch; sofern ihr genügend Durchhaltevermögen mitbringt.

    Andere Hauptelemente die Spiels sind der Handel und Schmuggel, was den Transport von gefragter Ware in entsprechende Systeme und ein wirtschaftliches Denken erfordert. Der illegale Zweig der beiden ist indes mit einem gewissen Nervenkitzel verbunden, da wir uns teils mit abgeschalteten Schiffsfunktionen an Systembehörden vorbei driften lassen müssen um nicht einem Scan und darauf folgendem Kopfgeld zum Opfer zu fallen. Spannend! Das Internet hält auch hierfür einschlägige Tipps und Hilfestellungen, sowie unzählbare Tutorials bereit.

    Auge um Auge, Schiff um Schiff

    Elite Screen 3
    Voller Schub! Die Schiffsmodelle sind sehr detailliert.

    Der Kampf – für die meisten Spieler sicherlich der spannendste Aspekt von Elite: Dangerous – kommt in vielen Facetten daher und wurde von den Entwicklern bewusst fordernd gestaltet. Zuvor muss das Kopfgeld erwähnt werden: Wie beispielsweise in EVE Online erwartet einen Spieler, der das Gesetz bricht (sich also unter anderem ohne Landeerlaubnis anzudocken versucht oder mit illegaler Fracht erwischt wird) ein gewisses Maß an Kopfgeld im derzeitigen Sektor. Bis dieses als Strafgebühr bei den hiesigen Stationen bezahlt wurde, wird er bei anderen Piloten mit dem Beisatz „Gesucht“ versehen. Jeder der nun den Gesetzeslosen aus dem Verkehr zieht, darf sich bei den Behörden mit dieser Summe hingegen bereichern. Alles zusammen ergibt die Möglichkeit der Kopfgeldjagd und gilt für viele als sicherste Einnahmequelle in ED. Ob wir uns jedoch eher für die Karriere eines Söldners oder gar Begleitschutzes für reiche Händler entscheiden, lasse ich an dieser Stelle mal offen.

    Das kürzlich erschienene Powerplay-Update erweitert das Spiel im das Schlüsselelement der Fraktionen und ihren stetigen Kampf um Territorien in den, von Menschen erschlossenen, Bereichen des Alls. Um die Grenzlegung in Echtzeit zu beeinflussen und somit eine weitere Dynamik in das Spiel hinein zu bringen, könnt ihr eure Seele einer von zehn Fraktionen verschreiben und für sie kämpfen, Handel treiben oder Forschungsdaten sammeln. Belohnungen spiegeln sich in Reputation, Credits (die Währung des Spiels) oder exklusiven Kaufoptionen wie Schiffe oder Waffentechnologien dar.

    Zu schön.. zu echt, um wahr zu sein

    Elite Screen 5
    Der Cockpit ist der wunderschöne Dreh- und Angelpunkt.

    Wie im Umfang, der den Spieler durchaus für eine gewisse Zeit zu beschäftigen vermag, strotzt das Spiel vor grafischer Details. Das Spiel setzt euch in die realistischsten Cockpits von Weltraum-Schiffen, die bis dato in der Spieleindustrie Platz fanden. Digitale Hologramme stellen das Heads-Up-Display dar und reflektieren sich am metallenen Armaturenbrett, Sonnen werfen eindrucksvolle und physikalisch korrekte Lens-Flares durch die Front und der Schattenwurf sorgt oft für eine bedrückende Dunkelheit, wenn wir oftmals einsam durch die Tiefen des Alls fliegen. Die Systemanforderungen sind indes erstaunlicherweise recht moderat, 4K Auflösungen und extreme Weitsichteinstellungen fordern jedoch verständlicherweise ihren Preis.

    Elite: Dangerous lässt sich ohne mit der Wimper zu zucken in das Genre der Simulationen stecken, denn ein Setup aus HOTAS-Joystick, Head-Tracker oder gar Oculus Rift katapultiert euch sehr intensiv in weit entfernte Sonnensysteme ans Steuer eines der derzeit knapp zwei-dutzend erwerbbaren Schiffe. Gerade die Möglichkeiten, die schon von Haus gegebene Immersion weiter zu verstärken, machen aus ED etwas Besonderes. Die klare und detaillierte Klangkulisse, passend gewählte Musikstücke zu den jeweiligen Situationen und die untermalte Stille des Alls verstärken das nochmal erheblich. Was es mit der erwähnten Peripherie genau auf sich hat, werdet ihr bald in einem spannenden, mehrteiligen Special zum Thema erfahren.

    Nichts ist ohne Makel. Nichts.

    Im Großen und Ganzen fällt es mir doch sehr schwer, Kritik am neuen Space-Sim-Giganten zu üben. Ich habe mich während der letzten Wochen schlichtweg in dieses enorme Gefühl der Freiheit und der unbekannten Geheimnisse in den Tiefen des von Frontier Developments erschaffenen Alls verliebt und besitze mittlerweile auch einen eigens hierfür gekauften HOTAS-Joystick. Weiteres Zubehör ist bereits auf dem Weg und ein Ende meines Enthusiasmus‘ dem Spiel gegenüber ist nicht in Sicht.

    Dennoch wäre es gelogen, Elite: Dangerous als „perfekt“ zu betiteln. Es macht seine Sache sehr gut; keine Frage. Doch zu leer wirkt die 400-Mrd.-Systeme-Spielwelt, zu repetitiv sehen Planeten auf längeren Expeditionen aus. Natürlich mag das Argument Gewicht haben, der Entwickler erweitere das Spiel während der nächsten Monate und Jahre stetig – doch abseits von Patches nur noch in Form von zu kaufenden Erweiterungen. Abgesehen davon ist die steile und erbarmungslose Lernkurve, sowie der (bisherige) Wegfall von sinnvollen sozialen Features die effizienteste Möglichkeit, potentielle Käufer zu verjagen. Ein Solo-Modus hilft zwar, indem er uns (online!) ganz ohne echte Mitspieler üben lässt; doch ein wahrer Pluspunkt ist das auch nicht.

    Nimm‘ Platz, der Flug ist es wert!

    Elite Screen 5
    Bereit, die Reise in die Tiefen des Alls anzutreten?

    Ich kann euch jedoch eines versprechen und das gewiss: Wer sich geduldig in die umfangreichen Funktionen des Cockpits und der Spielmechaniken einarbeitet, gegebenenfalls für die passende Peripherie sorgt (mehr dazu demnächst!) und sich mit ein paar Freunden zusammen rauft, wird für sich die beste Space-Sim entdecken die sich derzeit finden lässt. Elite: Dangerous des Entwicklers Frontier Developments ist stets erbarmungslos und bestraft Fehler in gewisser Weise – doch der Lohn für die Meisterung eurer selbst gesteckten Ziele ist immens. Und wenn es nur die Entdeckung eines unglaublich großen Schwarzen Lochs ist, das eure Systeme verrücktspielen lässt und im Chaos endet. Das All hält für jeden etwas bereit – selbst wenn die Troll-Gesinnung den Piraten in euch weckt. Eine schon jetzt gigantische Community und ein baldiger Release auf der Xbox One setzen da noch gehörig eins oben drauf.

    Guten Flug, Commander. o7


    Fazit Timo:

    TimoElite: Dangerous ist meine ganz persönliche, neue und glänzende Perle in der Spielesammlung geworden. Mit den genannten Hilfsmitteln und Freunden an Bord blicke ich auf eine durchaus spannende Zukunft im Pilotensitz. Das Spiel ist auf so vielen Schichten umfangreicher, als ein Testbericht trotz mehr als zwölfhundert Worte fassen kann. Da gibt es die Möglichkeit zur Entdeckung außerirdischen Lebens (welches schon in den Vorgängern vorkam), ganze Nachrichtendienste die Spieler mit fiktiven News aus der Spielwelt beliefern, und so vieles mehr. Doch alles zu berücksichtigen, aufzuzählen und fair zu bewerten sprengt hier ganz klar den Rahmen. Hier gilt die Devise: Come and see!


    Bilderquelle: EliteGalaxy.org


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    Egal ob Games, Hard- oder Software ich bin einfach für alles Technische zu begeistern. In der Game2Gether Redaktion habe ich einen Weg gefunden diese Leidenschaft mit der Welt zu teilen. Als eingefleischter PC-Gamer bin ich für alles zu begeistern was sich auch nur im Geringsten mit einem Computer befasst. Des Weiteren habe ich ein starkes Interesse gefunden was Handys und Gadgets rund ums Smartphone betrifft. Mein neustes Hobby habe ich in der Konsole entdeckt und befasse mich nun mit der PS4.