Soma – Test

    Mit „Amnesia: The Dark Descent“ gelang den Entwickler von Frictional Games vor einigen Jahren ein beachtlicher Überraschungserfolg. Mit dem nun kürzlich erschienenen Titel Soma will man in eine ganz ähnliche Kerbe schlagen und schickt den Spieler erneut auf einen spannungsgeladenen Horrortrip – diesmal unter Wasser. Und da geht es alles andere als gemütlich zu…

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    Meine ersten Spielminuten erinnerten mich stark an Dead Space 1. Dieses Spiel war damals für mich ein Paradebeispiel, wie man klaustrophobisches Ambiente gekonnt mit Horror verbinden kann. Das i-Tüpfelchen war letztlich jedoch die Soundkulisse: Reduziert auf ein paar gelegentliche Geräusche, fieses Kratzen und gellendes Beißen war man ab Minute 1 nahezu im Rausch permanenten Adrenalinflusses. So und genau so funktionierte das mit dem Dauergruseln einfach am besten. Und ach wie wunderbar, dass Soma genau auf die gleichen Zutaten setzt.

    Fast zumindest, denn anders als das Weltraumabenteuer spielt sich Soma nicht wie ein Shooter. Heißt, wir werden uns im Laufe des Spiels nicht mit üppigen Ballermännern ausstatten und fleißig unsere Gegner jagen. Im gesamten Spielverlauf nimmt unser Protagonist Simon tatsächlich nur ein einziges mal eine Waffe in die Hand und die ist obendrein noch nichtmal tötlich. Das bedeutet also im Umkehrschluss, dass wir der Spielwelt und all ihren Tücken ziemlich hilflos ausgesetzt sind. Einzig unser Multitool wird im Verlauf diverse Male eingesetzt und erweist sich in vielen Situationen als nützliches Helferlein.

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    Grafisch sorgen die Verzerrungen für ein düsteres Ambiente

     

    Zurück zu Simon und zur Frage, wie er überhaupt in diese düstere Situation gekommen ist. Die Umstände werden uns im Intro erklärt und zeigen sehr schnell, dass Simon tragischerweise völlig unerwartet aus seinem Leben gerissen wird. Bei einem Autounfall verliert er seine geliebte Freundin und er selbst überlebt nur knapp. Neben der seelischen Belastung setzen ihm körperliche Gebrechen immer stärker zu, bis er eines Tages den Entschluss fasst, nach seinem letzten Strohalm zu greifen. Und so gelangt er an einen etwas fragwürdigen Arzt, der ihm anbietet, sich seiner anzunehmen und ihn für ein paar Tests in sein Labor einlädt. Während man als Spieler bereits denkt „Mach das nicht! Selbst ein Blinder mit Krückstock sieht, dass der Typ nicht alle Tassen im Schrank hat!“, ist Simon so geblendet von der Aussicht nach Genesung, dass er einwilligt. Was dann passiert, erschließt sich uns erst im Verlauf des weiteren Spielvorgangs. Jedenfalls wacht Simon auf der völlig zerstörten Unterwasser-Station Pathos-2 auf und die mörderische Hetzjagd beginnt.

    Soma spielt sich als waschechtes Survivalspiel. Oben haben wir bereits erwähnt, dass man zur Verteidigung keinerlei Waffen einsetzen kann, dennoch drängt sich der Vergleich zu Alien Isolation ein wenig auf – zumindest phasenweise. Heißt also, dass man im Falle einer Konfrontation die Beine in die Hände nehmen sollte und sich fix auf zu einem sinnvollen Versteck macht, bis die Gefahr vorüber ist. Durch die hervorragende Atmosphäre, den ständigen Bildverzerrungen und der mysteriösen Sounduntermalung steht man als Spieler dabei fast ständig unter Strom und fiebert pausenlos mit. Die pure Hektik keimt auf, sobald sich ein Feind nähert und man schnell die Orientierung sucht, um ein paar Räume weiter zu flüchten. Ein zweiter, wichtiger Aspekt des Spiels sind die zahlreichen Rätsel, die man mal mit mehr und mal mit weniger Hirnschmalz lösen darf, um innerhalb von Pathos-2 vorwärts zu kommen.

    Das klingt auf dem Papier alles sehr gut und macht wirklich Lust auf das Spiel, schlussendlich reicht es aber nicht zu einer absoluten Empfehlung unsererseits. Das liegt schlicht daran, dass Soma ein paar Defizite aufweist, die teilweise ziemlich spaßraubend sein können. Besagte Rätsel sind nämlich zu oft recht einfallslos und halten sich nicht in der Waage, was den Schweregrad betrifft. Die Anzahl an simplen Rätselchen überwiegt zu sehr und viele davon funktionieren nach dem Prinzip des if – then – else. Wären die Knobler nicht ganz so offensichtlich, hätte es uns mehr Spaß gemacht. Der zweite große Knackpunkt ist die ziemlich dümmliche KI. Soma hätte ein Dauerfeuerwerk an Spannung sein können, aber spätestens nach ca. 30 Minuten hat man verstanden, dass unsere Gegner sehr vorhersehbar und generisch reagieren, was den Adrenalinlevel beim Spieler zu schnell purzeln lässt. Hier hat man definitiv Potential verschenkt und das ist extrem schade.

    Wer sich nicht nur rein auf das Spielen begrenzen möchte, dem bietet Soma an, sich ein paar philosophische Fragen zu stellen. Dazu muntert das Erforschen der Station auf und immer wieder findet man weitere Fragmente der Story, die den Spieler ins Grübeln bringen können – sofern man sich wie gesagt darauf einlassen möchte. Thematisch geht es dabei darum, was uns eigentlich zu menschlichen Wesen macht, was uns zu Maschinen unterscheidet und darum, was beispielsweise wäre, wenn Maschinen ein Bewusstsein entwickeln könnten. Ein spannendes Thema, das Zocker durchaus zu begeistern weiß und zur Thesenbildung einlädt.

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    Hier heißt das Mittel der Wahl: Wegrennen!

     

    Fazit

    Und so hat Soma leider nicht ganz das Zeug zu einem Topspiel. Ein paar knackigere Rätsel und ein paar Prozentpunkte mehr IQ für die KI hätten Wunder gewirkt, aber das ist nunmal eben Wunschdenken. Zurück bleibt der Eindruck eines dennoch tollen Spiels, das mit seiner dichten Atmosphäre ein beklemmendes Feeling bei Spieler erzeugt und das mit seiner thematisch überzeugenden Story fleißig Pluspunkte sammelt. Fernab vom Mainstream und AAA-Spielen mit hohem Budget ist Soma ein mehr als netter Zeitvertreib für Horror-erprobte Spielerinnen und Spieler.

    Vielleicht ein Blick in die nahe Zukunft, aber Soma wäre unserer Meinung nach ein guter Anwärter für eine VR-Umsetzung…

    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur