White Night – Test/Review

    Der Mond steht still am Himmel. Eine weiße Scheibe, die dem allumfassenden Schwarz der Nacht die Vorherrschaft über das düstere Firmament streitig macht. Ein Sturm zieht auf, euer Bein schmerzt. Das Haus, in das ihr nach eurem Unfall geflüchtet seid, entpuppt sich immer mehr als Todesfalle. Elektrisches Licht ist ein Luxus, der euch nicht überall zur Verfügung steht. Streichhölzer sind euer einziges Mittel gegen die erdrückende Finsternis. Jedes Streichholz, das in eurer Hand erlöscht ist eine Opfergabe an die Dunkelheit. Doch weder Streichhölzer noch der Mond können die Schwärze erhellen, die ihr mit euch herumtragt. Nein, diese Finsternis kann nur Eine Vertreiben. White Night ist die Geschichte des Todes dieser Einen, die Geschichte der Schwärze und die Geschichte der Nacht.

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    Das Schlaflied des Mondes

    Angesiedelt im Amerika der 1930er Jahre führt euch das Horror-Adventure White Night in einer dunklen Nacht in ein einsames Haus, irgendwo am Rande einer gottverlassenen Straße. Ihr seid bei einem Verkehrsunfall dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen und sucht jetzt in dem abgelegenen Anwesen nach Hilfe. Schnell stellt ihr fest, dass dieses Haus gar nicht so leer ist, wie es scheint. Die viel zu realen Schatten der Vergangenheit bevölkern die Räume und Flure des Anwesens und wollen euch, erfüllt von Hass und Finsternis, an den Kragen. Doch wo Schatten ist, da gibt es auch Licht. Schnell wird aus der Suche nach Hilfe die Suche nach Antworten und die Suche nach dem Licht in der nächtlichen Dunkelheit.

    Geschichten der Vergangenheit

    Das kalte Mondlicht ist immernoch besser als drückende Dunkelheit
    Das kalte Mondlicht ist immernoch besser als drückende Dunkelheit

    Oberflächlich betrachtet wirkt die Erzählstruktur des Spiels sehr simpel. Ihr rennt durch ein Haus, geleitet von einer beruhigenden Präsenz und habt dabei die Möglichkeit durch Collectibles ein bisschen über die Vergangenheit zu erfahren. Darunter verbirgt sich allerdings die recht klevere Mischung von gleich drei Erzählsträngen, die ihr ohne spielerische Rückblenden zeitgleich erleben könnt und die darüber hinaus am Ende auch noch sehr angenehm zusammen geführt werden. Damit ist allerdings auch einiges an Lesen verbunden, denn einer dieser Erzählstränge wird durch die Collectibles vermittelt, die in Form von Briefen und Tagebüchern innerhalb des Hauses verteilt sind.

    Jazz in Schwarz-Weiß

    Wie bereits weiter oben erwähnt, spielt White Night in den 30er Jahren, die Ära des Jazz und gerade rückblickend die Zeit des Noir-Krimis. Genau diesen Flair lebt White Night in vollen Zügen aus. Die Jazz-Musik ist eine Zuflucht und die düstere Welt des Noir-geprägten Amerikas euer Zuhause. Das auffälligste Stilmittel ist allerdings nicht die Musik, sondern der vollständig in Schwarz-Weiß gehaltene Artstyle. Die Welt von White Night hat keine Graustufen, sondern besteht vollkommen aus schwarzen und weißen Flächen. Gerade in Verbindung mit der Licht und Schatten Thematik des Gameplays, kommt dieser minimalistische Stil voll zur Geltung. Zusammengenommen sorgt all das am Ende für eine erfreulich schaurige Atmosphäre.

    Abenteuer im Hause Black-White

    Die finsteren Gänge des Herrenhauses sind der Schauplatz des Spiels
    Die finsteren Gänge des Herrenhauses sind der Schauplatz des Spiels

    Spielerisch ist White Night zunächst einmal ein recht klassisches 3D-Third-Person-Adventure. Ihr bewegt euch rätsellösend durch die Räume des großen Anwesens, wobei die Kamera von Raum zu Raum zwischen unterschiedlichen festen Kameraperspektiven wechselt und die Steuerung somit hin und wieder nervig kompliziert macht. Die Rätsel sind relativ spärlich gesät und lassen sich grundsätzlich recht leicht lösen. Hier und da muss einmal um die Ecke gedacht werden, aber im Großen und Ganzen dürfte wohl niemand an den Rätseln scheitern.

    Die meiste Zeit verbringt ihr damit euch im Streichholzlicht einen Weg durch das unheimliche Anwesen zu suchen. Dabei stellen sich euch sowohl dämonische Schatten, als auch die Finsternis in den Weg. Beide lassen sich durch elektrisches Licht bekämpfen, dass leider weitaus weniger flächendeckend verbreitet ist, als im heutigen Amerika. Streichhölzer, die der ominöse Hausbesitzer als Notlichtquelle überall im Haus deponiert hat, sind hierbei aufgrund mangelnder Optionen das Mittel der Wahl. Praktisch nicht allzu hilfreich, atmosphärisch allerdings ein Meisterstück. Der Lichtkreis ist klein und flackert immer zu, so dass man immer befürchten muss jeden Moment in eine schreckliche Situation zu stolpern und wenn das Streichholz dann plötzlich erlischt, die Dunkelheit über einen zusammenbricht und das nächste Streichholz partout nicht angehen will, dann wird das mulmige Gefühl schon ab und an mal zu echter Panik.

    Technik aus den 30ern?

    Wer detaillierte Texturen, atemberaubende Weitsicht oder kurzgesagt eine absolute Grafik-Bombe erwartet, der wird in White Night auf keinen Fall fündig. White Night wird nämlich gerade durch seinen minimalistischen Stil so besonders, weshalb das Fehlen von visueller Vielfalt nur schwerlich als Kritikpunkt gewertet werden kann. Lediglich die Charaktermodelle verdienen ein bisschen Kritik, weil diese sehr schroff und teilweise befremdlich umgesetzt sind. Akustisch kann man den Entwicklern bei OSome allerdings keinen Vorwurf machen. Die wenigen Sprecher leisten gute Arbeit, wobei eine deutsche Synchronisation fehlt. Spieler, die die englische Sprache nicht allzu gut beherrschen müssen sich mit den deutschen Untertiteln zufrieden geben. Musikalisch mischt sich beruhigende Jazz-Musik und bedrückender Ambient-Sound zu einer sehr mitreißenden Musikkulisse.

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    Fazit

    White Night besticht durch seine simple Machart und den minimalistischen Stil. Musik und Artstyle sorgen für eine angenehm unheimliche Atmosphäre. Der spielerische Kniff mit Streichhölzern als Lichtquelle ist ein spannender Teil der Spielerfahrung, der nicht langweilig und vor allem nie nervig wird. Erzählerisch steckt in dem kleinen Spiel weit mehr, als es zunächst scheinen mag. Lediglich spielerisch kann das Adventure bei einigen Spielern hier und da anecken. Der Großteil des Spiels besteht aus schlichtem herum gerenne, Kämpfe werden durch das Anschalten von Lichtquellen erledigt und wenn die eigene Spielfigur mal die Flucht ergreifen muss, kann einem die Kamera ab und an einen Strich durch die Rechnung machen.

    Unterm Strich ist White Night dennoch gerade für Fans vom Jazz-Noir-Flair der 30er mit einem Faible für Horror zu empfehlen, eine zugegeben sehr spezielle Zielgruppe. Fans von bombastischer Inszenierung und Fingerakrobatik am Gamepad sollten einen Bogen um das Spiel machen. Am einfachsten sagt man es wohl so: Wenn euch der eingangs gezeigt Live-Action Trailer anspricht, dann wird euch wahrscheinlich auch White Night gefallen.