Until Dawn – Test / Review

    Was lange währt, wird endlich gut – so könnte der Leitspruch rund um das neuste Horrorwerk Until Dawn für Playstation 4 lauten. Die erste Vorstellung von Until Dawn liegt bereits mehrere Jahre zurück, der Titel wurde mehrfach verschoben und erscheint jetzt schlussendlich schon gar nicht mehr für die alte Konsolengeneration. Nun denn, machen wir uns gemeinsam auf den Weg ins schaurige Spiel.

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    Until Dawn – Launch Trailer

     

    Es beginnt, wie es so oft in seichten, fast schon trashigen Teenie-Horrorfilmen beginnt. Eine Gruppe von acht Jugendlichen macht sich auf die Reise in eine abgelegene Berglandschaft und möchte eine gemeinsame Zeit in einer dortigen Blockhütte verbringen. So weit, so gut, wäre da nicht noch die obligatorische Komponente des Bösen. Richtig, denn wirklich beschaulich ist die Hütte Blackwood Pines nur auf den ersten Blick. Nach wenigen Metern Erkundung wird klar, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Obscure Kellergewölbe, eine verlassene Irrenanstalt und mysteriöse Stimmen aus einem dunklen Wald sorgen bereits kurz nach dem Spielstart schon für die ersten Gruselszenen. Das Ganze gewinnt dadurch auch einen etwas fahlen Beigeschmack, wenn man um das Motiv weiß, warum die Gruppe von Jugendlichen denn ausgerechnet dort ihre Zeit verbringen möchte: Vor wenigen Jahren sind zwei ihrer Freunde an eben jenem Ort spurlos verschwunden und wahrscheinlich längst tot.

    Was nun in den kommenden rund 9h Spielzeit folgt, ist eine wirre Achterbahnfahrt an Gefühlen, Grauen und feinstem Trash. Until Dawn spielt sich ganz ähnlich der berühmten Theorie des Schmetterling-Effekts: Eine kleine Handlung kann enorme Auswirkungen auf den weiteren Fortgang haben. Und so ist es letztlich auch, jede noch so unwichtig erscheinende Ausgangslage in Until Dawn zieht mitunter einen komplett neuen Spielverlauf mit sich. Daher ist die Spielzeit auch mit etwas Vorsicht zu genießen. Für einen Durchlauf benötigt man etwa 8-9h, sofern man alle Möglichkeiten voll ausschöpft. Mit einem Durchspielen ist es aber längst nicht getan, denn mit jeder neuen Entscheidung im Spiel nimmt der weitere Fortlauf unter Umständen ganz neue Dimensionen an. Rein spielerisch kann man Until Dawn durchaus mit einem Heavy Rain oder auch Beyond Two Souls vergleichen. Es verschmilzen die beiden Genre Spiel und Film absolut nahtlos miteinander.

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    Eine beschauliche Blockhütte in den Bergen… ja ne, is klar

     

    Für den Spieler sollte der Fakt der Erzählgeschichte von Vornherein klar sein, denn nur, wer mit einem solchen Spielstil klar kommt, der wird auch Spaß dran haben. Fragt euch kurz selbst: Hat mir Heavy Rain Spaß gemacht? Wenn nein, dann macht einen Bogen um Until Dawn. Wenn ja, dann greift zu und wir versprechen euch, ihr kommt zu 100% voll auf eure Kosten!

    Betrachtet man Until Dawn im Hinblick auf das Gameplay, dann muss man dem Spiel eine reduzierte Kost einräumen. Es geht viel eher um Quick-Time-Events und Entscheidungen unter Zeitdruck als um ausgeklügelte Kampf und Bewegungssysteme. Überhaupt kann man sagen, dass die Entscheidungen im Spiel einen großen Reiz ausmachen, da man weiß bzw. eben nicht weiß, wozu sie letztlich führen wird. Und sie machen den Reiz des erneuten Durchspielens aus. Mehrmals im Spiel wird man mit Situationen konfrontiert, die eigentlich aus moralischer Sicht gar keine „richtige“ Entscheidung zulassen. Man muss aber eine Treffen und uns stellte sich nahezu immer die Frage: „Was wäre denn passiert, wenn ich mich anders entschieden hätte?“

    Until Dawn ist in mehrere Kapitel aufgeteilt, in etwa so, wie man es von diversen Episodenspielen her kennt. Zwischen den einzelnen Abschnitten erleben wir Szenen bei einem Psychiater, der es streckenweise faustdick hinter den Ohren hat. Wer glaubt, er bekommt in diesen Gesprächssitzungen einen Moment des Durchschnaufens geboten, irrt sich bitterböse. Der verschrobene Dr. Hill sorgt mit jeder neuen Sitzung für immer krassere und verstörtere Augenblicke. Was es mit ihm auf sich hat, verraten wir an dieser Stelle natürlich nicht…

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    Zwischen Tot und Überleben liegen oft nur wenige Sekunden der Entscheidung

     

    Richtig klasse macht Until Dawn seinen Job in puncto Konsequenz. Trefft ihr eine Entscheidung, müsst ihr damit leben. Ein Zurück gibt es an keinem Spielpunkt mehr. Das betonen wir deshalb, weil es zwischendurch auch immer wieder um das blanke Überleben eines oderer mehrerer Teenager geht. Die Gruppe bedient übrigens jede Arten von Klischees, so dass man logischerweise seinen Favoriten irgendwann hat. Und natürlich gibt es auch die klassische Nervensäge, die alles besser weiß und jeden in seine Schranken weisen möchte. Aber bedeutet das, dass, nur weil ich sie blöd finde, dann auch in den Tod schicken muss?

    Nach 4 Durchgängen mit Until Dawn können wir euch bestätigen, dass es grundsätzlich möglich ist, mit allen möglichen Kombinationen von Teenagern zu überleben. Einen Durchlauf, in dem wir alle retteten, ist uns noch nicht gelungen, soll aber schaffbar sein. Es kommen einfach so extrem viele mögliche Kombinationen an Entscheidungen und Charaktereinflüssen zusammen, dass man sich nie wirklich sicher sein kann, auch tatsächlich den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.

    Eine bessere Entscheidungshilfe kann man sich gelegentlich erspielen. In vielen Räumen und Abschnitten findet man Hinweise, Zeitungsschnipsel oder Wandmalereien, die später noch für wichtige Aha-Momente sorgen können. Nehmt (nicht wörtlich gemeint, denn viel tragen kann man nicht) also alles mit, was ihr irgendwie findet. Untersucht jeden noch so unwichtig aussehenden Gegenstand denn ihr wisst nie, wozu es noch gut sein kann.

    Mit Blick auf die Technik müssen wir der Steuerung einen klaren Minuspunkt vergeben. Teils hakelig, teils ungenau und nicht wirklich flink von der Hand gehend. Schade, denn Until Dawn bedient sich nur weniger Buttons und wenn die Steuerung dann trotzdem noch schwammig bzw. ungenau funktioniert, ist das schlicht unsauber. Den großen Pluspunkt gibt es dafür bei der Grafik. Gesichtausdrücke, Mimiken und Falten lassen uns jeden Moment der Charaktere miterleben und sorgen phasenweise für ein Mittendrin-Erlebnis. Auch die Schauplätze sind schaurig schön inszeniert und unterstreichen das trashige Horror-Ambiente mit Bravur. Beim Sound sind wir etwas gemischter Meinung, denn obwohl eigentlich jeder Schnipsel aus den Boxen hervorragend klingt, sind die deutschen Synchronstimmen teilweise nur suboptimal. Je nachdem, wie viel Spielzeit man dann mit einem solchen Charakter verbringt, können die Quäk-Stimmen schon etwas nervig werden.

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    Mit vorgezogener Waffe zu argumentieren ist immer eine Sache für sich

     

    Fazit

    Until Dawn ist ein herrlichen Trash-Horror-Erlebnis, das kaum ein Klischee auslässt und Fans des Genres absolut begeistert. Uns hat die Konsequenz begeistert, mit der man das Spiel bestreiten muss. Ist eine Entscheidung getroffen, muss man mit ihren Konsequenzen zurecht kommen. Und dabei es ist völlig egal, ob das für das ein oder andere Mitglied unserer Gruppe Leben oder Tot bedeutet. Die Story zieht den Spieler in den Bann und es ist erstaunlich, wie viel Lust auf einen erneuten Durchlauf Until Dawn versprüht. Wer keinen Spaß an ähnlichen Spielen mit Filmcharakter hatte, der sollte sich den Kauf allerdings überdenken. Für alle anderen gilt: Pflichtkauf!

    Vielen Dank an Sony für die Bereitstellung des Rezensionsmusters!

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    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur