Mittelerde: Mordor’s Schatten – Test / Review

    Ein bekannter Spruch besagt: Man geht nicht einfach so nach Mordor. Mittelerde: Mordor’s Schatten führt uns dennoch mitten rein ins dunkle Land und das kann eigentlich nichts Gutes verheißen. Wir haben uns mit dem Waldläufer Talion auf den Weg gemacht und unsere Eindrücke zu Mittelerde: Mordor’s Schatten könnt ihr hier in unserem Test lesen.

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    Mittelerde: Mordor’s Schatten Launch Trailer

    [box_info]Hinweis: Unser Redakteur Michael hat aktuell eine Let’s Play Reihe zu Mittelerde: Mordor’s Schatten laufen. Die Videos findet ihr hier.[/box_info]

    Fans des Herr der Ringe Universums sind es gewohnt, dass man ihnen als Spiel nicht immer die crème de la crème serviert. Sicherlich gab es in der Vergangenheit auch ein paar Lichtblicke, Herr der Ringe Online oder Schlacht um Mittelerde etwa. In der Summe aber musste man sich mit mittelmäßigen Titeln abfinden, die uns an irgendeine Stelle der Geschichte rund um Arda und den dort lebenden Menschen, Elben, Orks usw. katapultierte. Und jetzt ist eben Mittelerde: Mordor’s Schatten erschienen, das zeitlich zwischen Der Hobbit und Der Herr der Ringe angesiedelt ist.

    Eine direkte Vorlage für das Spiel gibt es nicht. Hier und da fallen ein paar bekannte Figurennamen und natürlich sind die Orte alle so existent. Die Geschichte von Mittelerde: Mordor’s Schattenan sich ist frei in das Vakuum der beiden Filmtrilogien gelegt worden. Besagter Hauptakteur, den wir in den rund 30 Stunden Spielzeit begleiten, ist Talion. Er ist einer der Waldläufer und lebt mit seiner Familie in direkter Nähe zum schwarzen Tor. Und genau das wird ihnen zum Verhängnis, denn als Sauron mit seinen Orkscharen wieder zurück nach Mordor kehrt, wird auf dem Weg dorthin alles und jeder niedergemacht. In einem emotionalen Intro müssen wir so mitansehen, wie Talions Sohn und auch seine Frau grausam hingerichtet werden. Es kommt aber noch schlimmer, Talion selbst wird ebenfalls getötet. Ja moment, der Hauptcharakter stirbt direkt zum Start? Richtig, denn Talion wird der Übergang ins Reich der Toten verweigert, der Geist des alten Elben Celebrimbor hält ihn zurück. Und damit beginnt die Story von Mittelerde: Mordor’s Schatten, wir machen uns auf einen unerbittlichen Rachefeldzug und suchen unsere Verbindung zum Geist.

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    Waldläufer Talion auf dem Weg zur nächten Luftattacke

     

    Natürlich decken wir im Laufe der Hauptmissionen immer mehr Querverweise auf und das Puzzle setzt sich Stück für Stück zusammen. Die Geschichte von Mittelerde: Mordor’s Schatten bietet gemächliche Kost, viel Platz für Innovationen gibt es nicht. Braucht es auch gar nicht, denn sie dient viel mehr als Mittel zum Zweck, wieso, weshalb und warum wir das tun, was wir im Spiel tun werden. Dabei wurde leider die Gefühlsebene etwas vernachlässigt, denn so brutal der Einstieg auch ist, so kaltherzig bleibt der gute Talion von Anfang bis Ende. Die gelegentlichen Hinweise zu bekannten Figuren, wie etwa Gollum, sind kleine Hoffnungsmomente, um das Spiel dem Gesamtkonstrukt von Tolkiens phantastischer Welt einzuordnen. Alle anderen Charakter, inklusive Talion, sind austauschbar.

    Wer sich im Vorfeld etwas über Mittelerde: Mordor’s Schatten informiert und ein paar Gameplay Video gesehen hat, der fühlte sich in manchen Momenten an andere Spielserien erinnert. Oft genannt wurden Assassin’s Creed und Batman und die Vergleiche kommen tatsächlich nicht von ganz ungefähr. Die Charaktermechanik von Talion erinnert in vielen Punkten an die meuchelnden Assassinen. Es wird geschlichen, gesprintet, geklettert und gesprungen, was die Umgebung so hergibt. Gleichwohl kann um die Ecke gelauscht werden und auch die bekannten Luftattacken mit anschließendem Meuchel-Finish sind ziemlich effektiv. Und wo wir schon gerade beim Meucheln sind, kommt der Vergleich zur Batman Serie ins Spiel. Das Kampfsystem erinnert stark an das aus eben jener Batman Spielserie. Wobei man einfach festhalten muss, dass das Free-Flow-System schlicht gut von der Hand geht und schick aussieht. Und genau das tut es auch in Mittelerde: Mordor’s Schatten.

    Man könnte jetzt den Entwicklern den Vorwurf machen, dass sie „nur“ von anderer Stelle kopiert haben und das ganze dann ins Herr der Ringe Universum verfrachtet haben. Aber selbst wenn es so ist, dann muss man dennoch festhalten, dass sie bestehende Mechaniken gut adaptiert haben. Mehr noch: Ihre Kombination macht wirklich Spaß. Führt man sich jetzt noch vor Augen, dass man dank open world nach Lust und Laune durch das verbotene Land streifen darf, dann kann man mit Mittelerde: Mordor’s Schatten wirklich viele Stunden voller Spielfreude erleben.

    Das liegt zu einem guten Stück daran, dass der Spieler permanent beschäftigt wird. Überall ist etwas los, Mordor ist alles andere als ein lebloses Land, so viel steht fest. Denn überall stapfen die Uruks in kleineren oder größeren Trupps durch die Einöde und halten Ausschau nach Feinden. Und wenn gerade keiner in der Nähe ist, dann vermöbeln sie sich auch schon mal selbst. Dennoch springt man als mächtiger Waldläufer natürlich am liebsten selbst ins Getümmel und macht kurzen Prozess mit den Orks. Dazu bedient sich Talion dreier Waffen: Mit dem Schwert suchen wir die direkte Konfrontation, der Dolch dient für Meuchelattacken aus dem Hinterhalt und der Bogen ist die Distanzwaffe der Wahl. Der Clou beim Bogen: Durch unsere Verbindung zur Geisterwelt verlangsamt die Zeit für wenige Sekunden und gibt uns so Luft, den Treffer präzise zu setzen. Strauchelt ein Gegner, kann man ihm per Button den Todesstoß verpassen oder auch später stilvoll enthaupten. Dazu benötigt man allerdings zunächst etwas Erfahrung, mit der wir schrittweise Skills und Fähigkeiten aus dem übersichtlichen Charakterbaum freischalten. Für jede Waffe gibt es eine eigene Rubrik, dazu gesellen sich Skills wie etwa mehr Lebensenergie und längere Fokusdauer. Unsere Waffen können darüber hinaus mit Runen ausgestattet werden, die teils mächtige Boni mit sich bringen und Klinge und Bogen mit allerhand Upgrades versorgen.

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    Gruppen von Orks können schnell sehr gefährlich werden

     

    Zwischen all den Uruks und Orks besteht wie erwähnt ein ziemliches Gerangel und hier nehmen die Hauptmänner eine Sonderrolle ein. In ganz Mordor tummeln sich etliche dieser Hauptmänner, die man im Optionsmenü fein säuberlich präsentiert bekommt. Früher oder später – eher früher – laufen wir einem Hauptmann über den Weg und es kommt zum Kampf, wobei Talion eigentlich immer in der Unterzahl ist, da der Hauptmann gerne ein paar Gefolgsleute um sich versammelt hat. Verlieren wir den Kampf, bekommt der Ork, der uns getötet hat, den Rang eines Hauptmanns und sein Machtlevel steigt. Begegnen wir ihm abermals im Spiel und er besiegt uns wieder, steigt er erneut auf und wird immer stärker. Spannend wird es dann, wenn die Anzeigetafel aller Hauptmänner voll ist und uns ein 0815-Uruk besiegt. Wird dieser nun zum Hauptmann befördert, kommt es innerhalb der Orks zum Kampf und einer der beiden wird schlussendlich ins Nirvana geschickt.

    Macht anfangs nicht den Fehler und rennt blind in eine Gruppe Orks hinein. Es dauert oft nur Sekunden, bis ein Hauptmann auftaucht und man hoffnungslos unterlegen ist. Macht man das zu oft, hat man irgendwann zu viele zu mächtige Hauptmänner in Mordor umherstreunern und Talion hat es dadurch gelegentlich mehr als schwer. Abhilfe schaffen hier einige normale Orks, die uns mit Informationen versorgen können. Im normalen Fußvolk findet man immer wieder solche Maden, die man leicht in der Geisterwelt anhand ihrer farblichen Darstellung vom Rest unterscheiden kann. Diese können verhört werden und dadurch bekommen wir wertvolle Infos, wo die Stärken und die Schwächen eines der Hauptleute liegen. Ist Hauptmann A besonders anfällig für Fernangriffe, würden diese bei Feind B nicht mal ein Haar krümmen, usw. Wer sich jetzt darauf versteht, die Schwächen seines Kontrahenten wirksam zu nutzen, der hat mit gutem Timing auch gegen überstarke Uruks viel leichteres Spiel. Dazu zählt auch, dass man sich fix einen Caragor – eine wolfsähnliche Kreatur – schnappt, aufsitzt und durch die Reihen der Feinde breschen darf.

    Der Hauptmann steigt im Machtlevel, wenn er uns besiegt und umgekehrt gilt das gleiche auch für uns. Machen wir ihm den Garaus, steigt unser Machtlevel, was dazu von Nöten ist, um neue Skills freizuschalten. Mit mächtigeren und vielfältigeren Angriffen kommt man deutlich leichter durch Mordor, verlasst euch drauf.

    Die Missionsvielfalt in Mittelerde: Mordor’s Schatten ist enorm. Neben den 20 Hauptmissionen gibt es zahlreiche Nebenquests, Orte zu entdecken oder Geheimnisse zu finden. Wer sich alle Aufträge vorknöpft, der kommt locker über die vom Entwicklerteam veranschlagten 30 Stunden Spielzeit. Die Sidequests sind dabei weniger generisch, als man es von Genrevertretern her gewohnt ist.

    Mittelerde: Mordor’s Schatten unterteilt das Spielgebiet in unterschiedliche Bereiche. Zur Schnellreise dienen Türme: Einmal freigeschaltet, darf man fix von Gebiet zu Gebiet reisen und spart sich lange Laufwege. Auch hier lässt Assassin’s Creed kurz grüßen. Man wird nur selten an Orte kommen, die man so aus den Filmen her kennt, am bekanntesten dürfte das schwarze Tor alias Morannon sein, wobei wir es in Mittelerde: Mordor’s Schatten von der Innenseite zu Gesicht bekommen. Die Spielwelt ist für unseren Geschmack etwas zu bunt, wobei man sich zeitlich vor Augen halten muss, dass Sauron auch gerade erst wieder zurück nach Mordor kam und noch nicht alles in Schutt und Asche liegt. Für das Ambiente wäre es dennoch schöner gewesen, mehr triste und abgestorbene Gebiete einzubinden. Manchmal vergisst man aufgrund der Wiesen und Weidenabschnitte, dass man im dunklen Hand umherläuft. Man spürt dennoch an der Spielwelt, dass hier einiges im Argen liegt. Nahezu kein Gebäude ist heil, überall stößt man auf Ruinen und Mauerfragmente. Da man in den Türmen die Zeit vorspulen kann, sollte man sich selbst den Gefallen tun, und öfter als nötig Nachts durch Mordor zu wandeln. Dann nämlich zeigt das Spiel ein packenderes Ambiente als am Tage, wenn überall Fackeln und Lagerfeuer brennen.

    Mittelerde: Mordors Schatten - PC-Screenshots
    Jeder Häuptling hat einen eigenen Namen und nicht selten kloppen sie lautstarke Angriffsparolen

     

    So ansehnlich die Spielwelt auch ist, man muss mit Abzügen leben. Das ist wohl dem Fakt geschuldet, dass Mittelerde: Mordor’s Schatten logischerweise zeitgleich für die letzte Konsolengeneration ebenfalls erschienen ist. Gerade in der Nahansicht zeigt sich die Flora von Mordor ziemlich kantig, eckig und unwirklich. Gleiches gilt für Talion, dem durchaus eine Kur zur Kantenglättung gut getan hätte. Im völligen Kontrast dazu stehen die Orkhäuptlinge. Diese sehen in der Nahansicht phantastisch aus, genau so stellt man sich einen Hauptmann der Uruks vor. Die Gesichter sind zernarbt, überall finden sich Blutflecken wieder und manch finsterer Geselle schmückt sein Haupt mit wunderlichen Kopfbedeckungen. Obendrei haben sie auch immer den passenden Spruch parat, der sich je nach Situation wunderbar in die jeweilige Action einfügt.

    Und damit wären wir beim Sound. Wenn es hier etwas zu bemängeln gibt, dann sind uns die normalen Orks und Uruks etwas zu umgänglich in ihrem Ton. Gerade die Hauptmänner zeigen doch, wie herrlich rau und ruppig das entstellte Volk klingen kann. Ansonsten wirkt alles wie aus einem Guss. Talion, der Geist und auch sonst alle Synchronsprecher machen einen gelungenen Job. Der dynamische Soundtrack bietet einen gelungenen Mix aus seichter Dudelei und harten Orchesterklängen, die zum Schlachtruf einladen.

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    Hat man Informationen zu den Hauptmännern gesammelt, findet man wichtige Hinweise zu deren Stärken und Schwächen

     

    [box_light]Mittelerde: Mordor’s Schatten ist am 2. Oktober für PC (bei Gamesplanet.de reduziert kaufen), Playstation 3, Playstation 4, Xbox 360 und Xbox One erschienen. Unser Artikel basiert auf der Spielversion für Playstation 4.[/box_light]

     

    Fazit

    Lizenztitel haben in der Vergangenheit gezeigt, wie schnell das Unterfangen in die Hose gehen kann. Mittelerde: Mordor’s Schatten ist ein ziemlicher Kontrast – im positiven Sinne. Unsere anfängliche Skepsis ist schon nach wenigen Spielminuten gewichen und wir waren ziemlich verblüfft, wie gut das Konzept aufgeht. Monolith Productions vermischt bekannte und funktionierende Mechaniken miteinander und schafft dank hervoragendem Spielfluss, dass das Endresultat wie aus einem Guss wirkt. Das Kampfsystem geht flinkt von der Hand und die vielfältige Missionsauswahl führen dazu, dass man etliche Stunden voller Spaß im sonst so gar nicht lustigen Land haben kann. Sicherlich ist den Entwicklern nicht alles auf Anhieb geglückt, aber das Gesamtbild ist sehr stimmig geworden und Mittelerde: Mordor’s Schatten ist daher nicht nur Fans von J.R.R. Tolkien zu empfehlen.

    mordor

    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur